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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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rollt außer Reichweite, aber nicht schnell genug. Schon bin ich in der Tür und hechte mich auf seine Brust, dass ihm die Luft wegbleibt. Ich stehe auf, stelle ihm meinen Stiefel auf die Brust, richte den Revolver auf seinen Kopf. C’est magnifique mais ce n’est pas la guerre. Irgendwie erinnert er an Tom Cruise, sehr hübsch, der typische Amerikaner. »Welche Position spielt er?«, frage ich Clare.
    »Halfback.«
    »Hmm. Wär ich nie drauf gekommen. Steh auf, Flossen nach oben, wo ich sie sehen kann«, fordere ich ihn gut gelaunt auf. Er gehorcht, und ich geleite ihn zur Tür hinaus. Wir stehen zu dritt in der Auffahrt, da kommt mir eine Idee. Ich schicke Clare ins Haus, um ein Stück Schnur zu holen, und ein paar Minuten später kommt sie mit Klebeband und Schere zurück.
    »Wo soll es stattfinden?«
    »Im Wald.«
    Wir lassen Jason, der schwer keucht, in den Wald marschieren. Nach ungefähr fünf Minuten entdecke ich eine kleine Lichtung, an deren Rand eine praktische junge Ulme steht. »Wie findest du’s hier, Clare?«
    »Gut.«
    Ich sehe sie an. Sie ist völlig gelassen, souverän wie eine Mörderin bei Raymond Chandler. »Sag an, Clare.«
    »Binde ihn an den Baum.« Ich reiche ihr den Revolver, ziehe Jasons Hände hinterm Baumstamm in Position und binde sie mit Klebeband zusammen. Die Rolle ist noch fast neu, und ich nehme mir vor, sie aufzubrauchen. Jason keucht angestrengt beim Atmen. Ich trete hinter ihn und sehe Clare an. Sie begutachtet ihn wie ein schlechtes Stück Konzeptkunst. »Hast du Asthma?«
    Er nickt. Seine Pupillen sind zu kleinen schwarzen Punkten geschrumpft. »Ich geh seinen Inhalator holen«, sagt Clare. Sie gibt mir wieder den Revolver und schlendert den gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Jason, der versucht, langsam und gleichmäßig zu atmen, will etwas sagen.
    »Wer... bist du?«, fragt er heiser.
    »Clares Freund. Ich bin hier, um dir gute Manieren beizubringen, da du offenbar keine hast.« Ich senke meine spöttische Stimme, trete dicht an ihn heran und sage leise: »Wie konntest du ihr das antun? Sie ist noch so jung und unerfahren, und du hast jetzt alles kaputtgemacht...«
    »Erst macht sie einen heiß, und dann lässt sie einen nicht ran.«
    »Sie hat keine Ahnung. Du könntest genauso gut eine kleine Katze quälen, weil sie dich gebissen hat.«
    Jason antwortet nicht. Sein Atem ist ein langes, zittriges Hecheln. Ich werde schon langsam unruhig, als Clare zurückkommt. Sie hält den Inhalator hoch, sieht mich an. »Weißt du, wie man das Ding benutzt, Liebster?«
    »Ich glaube, du musst es schütteln und ihm dann in den Mund halten und oben die Kappe drücken.« Das tut sie und fragt anschließend, ob er mehr will. Er nickt. Nach der vierten Dosis wird sein Atem langsam wieder normal.
    »Fertig?«, frage ich Clare.
    Sie hält die Schere hoch und schnippt ein paar Mal in die Luft. Jason zuckt zusammen. Clare tritt zu ihm, kniet vor ihm nieder und fängt an, seine Sachen aufzuschneiden.
    »Hey«, ruft Jason.
    »Sei bitte still«, sage ich. »Dir tut niemand weh. Noch nicht.«
    Clare ist mit der Jeans fertig und widmet sich dem T-Shirt, während ich anfange, ihn mit Klebeband am Baum festzubinden. Ich beginne an den Knöcheln und winde mich überaus sorgfältig über die Waden bis zu den Oberschenkeln hoch. »Hier hörst du auf«, sagt Clare und zeigt auf einen Punkt knapp unterhalb Jasons Schritt. Sie schnippelt seine Unterhose auf, und ich klebe an der Taille weiter. Seine Haut ist feucht, und bis auf einen knappen, badehosenbreiten Streifen ist er am ganzen Körper braun gebrannt. Er schwitzt stark. Ich umwickle ihn bis zu den Schultern und höre dann auf, denn er soll ja noch atmen können. Wir treten zurück und bewundern unser Werk. Jason ist jetzt eine Klebebandmumie mit einer großen Erektion. Clare beginnt zu lachen, ein gruseliges Lachen, das durch den Wald hallt. Ich sehe sie scharf an. In ihrem Lachen schwingt etwas Wissendes und Grausames mit, und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass dieser Augenblick eine Abgrenzung markiert, eine Art Niemandsland zwischen Clares Kindheit und ihrem Leben als Frau.
    »Was kommt jetzt?«, erkundige ich mich. Eigentlich würde ich gern Hackfleisch aus ihm machen, aber andererseits reizt es mich nicht, jemanden zu verprügeln, der an einen Baum gefesselt ist. Jason ist knallrot. Ein hübscher Kontrast zu dem grauen Klebeband.
    »So«, sagt Clare. »Ich glaube, das reicht.«
    »Bist du sicher?«, frage ich, bin aber

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