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Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)

Titel: Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Townsend
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aufgehört hast, Mum zu lieben. Ich will wissen, seit wann du die ganze Familie schon belügst.«
    »Ich habe nie aufgehört, deine Mutter zu lieben. Das Leben von Erwachsenen ist kompliziert.« Nach langem Schweigen fuhr Brian fort: »Wir hätten lieber über den Euro diskutieren sollen. Es bringt nichts, alte Wunden aufzureißen.«
    Brianne sagte: »Ich liebe es, Schorf abzukratzen. Es ist so befriedigend, wenn die frische Haut darunter zum Vorschein kommt.«
    Brian explodierte: »Na schön! Ihr seid ja beide so verdammt reif! Ich werde euch erzählen, wie das mit mir und Titania war! Fragt mich alles, was ihr wollt!«
    Die Zwillinge schwiegen.
    Poppy sagte: »War es wahnsinnig romantisch? War es Liebe auf den ersten Blick?«
    »Eher auf den zweiten Blick. Ich war beeindruckt von ihrer Intelligenz und ihrer brillanten Forschungsarbeit. Sie war wie ein Terrier, biss sich fest, wenn sie wusste, dass sie recht hatte. Sie machte sich unbeliebt, aber nicht bei mir.«
    Die Zwillinge wechselten einen mokanten Blick.
    Poppy sagte: »Wann habt ihr zueinander gefunden?«
    Brian lächelte im Dunkeln. »Eines Abends in der Universitätsbibliothek zwischen den Philosophieregalen …«
    »In der Bibliothek?« Brianne war entsetzt. »Da hat Mum gearbeitet! Das ist ja ekelhaft!«
    Brian sagte: »Jetzt würde das nicht mehr gehen, überall Scheißüberwachungskameras.«
    Brian junior fragte: »Wann war das?«
    »Ungefähr zur gleichen Zeit wie das Columbia-Unglück.«
    »Dann hast du also seit 2003 eine Affäre mit Titania?«
    »Das Unglück hat mich schwer getroffen, mein Sohn. Ich war sehr verwundbar. Deine Mutter konnte meine Bestürzung nicht begreifen. Aber Titania war da, und genauso betroffen. Es war die Columbia, die uns zusammengebracht hat. Wir haben Trost ineinander gefunden.«
    Brian junior sagte: »Na ja, aber du hast doch nicht acht Jahre gebraucht, um über eine missglückte Shuttle-Landung hinwegzukommen, oder?«
    Brian drehte sich um, um seinen Sohn anzusehen. »Okay, ich geb’s zu. Es war Leidenschaft, und Physik. Ich war die unaufhaltsame Kraft und Titania das unbewegliche Objekt.«
    Der Fahrer eines gefährlich nahen skandinavischen Sattelschleppers drückte auf die Hupe. Brian bremste so scharf, dass Poppy sofort an ein Schleudertrauma und mögliche Schadensersatzforderungen dachte.
    Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, sagte Brian junior: »Also, erst kommen wir dahinter, dass du ein Ehebrecher bist, und jetzt müssen wir auch noch feststellen, dass du intellektuell bankrott bist. Die Analogie, die du gerade gebraucht hast, deine vermeintliche Anziehungskraft, kann nur aus dem Mund eines geistigen Pygmäen kommen. Deine populärwissenschaftliche Analogie hinkt, und deine fehlerhafte Logik ist genauso gefährlich wie deine Fahrweise. Millionen von Menschen sind wegen Wissenschaftlern wie dir gestorben.«
    »Gib’s ihm, Bri«, sagte Brianne.
    Der anschließende Streit wurde immer heftiger, toste hin und her, gipfelte in schwindelerregenden Missverständnissen, bis Vater und Sohn sich auf einem wissenschaftlichen Plateau wiederfanden und den sechsdimensionalen Raum diskutierten.
    Poppy langweilte sich. Um sich die endlose Zeit zu vertreiben (sie waren erst an der Abfahrt zum East Midlands Airport, Herrgott noch mal), gab sie sich einem Tagtraum hin und malte sich aus, Brians Kindbraut zu sein. In ihrem weißen Spitzenkleid würde sie vor dem Altar neben seiner massigen bärtigen Erscheinung spektakulär aussehen. Sie würde ihn dazu bringen, das Haus zu verkaufen, samt Eva, mit Schrumpelgesicht Titania Schluss zu machen und eine Loftwohnung in der Stadtmitte zu kaufen. Sie würde seine Fakultät beschwören, ihm eine ordentliche Professur anzubieten. Sie würde darauf bestehen, dass er £350 hinblätterte, um sich von Nicky Clarke Haare und Bart trimmen zu lassen. Nachdem sie ihn mit einer lässigen akademischen Uniform (Kordhose, Wildlederhalbschuhe, weiches Tweedjackett, Hornbrille) ausgestattet hatte, würde sie als seine
    Agentin fungieren, ihn ins Fernsehen bringen, und irgendwann würden sie sich in prominenten Kreisen bewegen. Sie hatte schon immer mal Katie Price kennenlernen wollen, und den Dalai Lama. Sie würde darauf bestehen, dass Brian sich sterilisieren ließ. Sie würde ihm den Sex berechnen, und später – wenn er gebrechlich war oder tütelig wurde – würde sie ihn ins Heim stecken. Obwohl es natürlich auch die Möglichkeit der Sterbehilfe gab. Bei der Gerichtsverhandlung würde sie

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