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Die Frau die nie fror

Die Frau die nie fror

Titel: Die Frau die nie fror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Elo
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versichern, dass ich über Ihre Leute einen ausgezeichneten Bericht verfassen werde.«
    Ihre herrlichen braunen Augen sind beträchtlich größer geworden. Sie ist schockiert, verwirrt, geschmeichelt, erfreut. Sie bedankt sich aufrichtig bei mir und lässt in ihrer Aufregung ein paar Rollen Toilettenpapier von dem Karton gleiten. Ich hebe sie auf und setze sie wieder oben auf den Karton.
    »Gute Arbeit, machen Sie weiter so, Miss«, verabschiede ich mich.
    Die Neumondnacht ist eine echte Erleichterung nach der aberwitzig grellen Neonbeleuchtung im Gebäude. Der Transporter und die beiden anderen Autos stehen immer noch auf dem Parkplatz. Ich jogge zu der Ecke, die weiter zur Anliegerstraße führt. In ihrem Schatten bemerke ich einen weiteren Wagen, einen roten Honda CR-V . Ich bin mir ziemlich sicher, dass er vorhin noch nicht da war.
    Es muss Larry Wozniaks Wagen sein. Ich gehe hinüber, um ihn mir anzusehen. Die Beifahrertür ist nicht abgeschlossen, und bevor mir wirklich klar wird, was ich da eigentlich tue, gleite ich auch schon auf den Sitz. Dann begreife ich, wohin mein Instinkt mich führt. Der Fahrzeugschein wird mir seinen richtigen Namen verraten.
    Das Handschuhfach ist verriegelt.
    Ich versuche es mehrfach, falls es nur klemmt. Meine Frus­tration wird größer. Mir ist danach, mit einem stumpfen Gegenstand auf das Schloss einzuschlagen, womit ich wahrscheinlich nicht viel Erfolg hätte. Am Rande meines Blickfeldes flackert es. Wozniak überquert den Parkplatz, das Flutlicht im Rücken, und nähert sich dem Auto. Wenn ich jetzt aussteige, wird er mich sehen. Ich mache einen Hechtsprung auf den Rücksitz und versuche mich dort auf den Boden zu legen. Zuerst muss ich ein Paar dreckiger Wanderstiefel, mehrere leere Wasserflaschen und Kaffeebecher von Dunkin’ Donuts beiseiteschieben. Auf der Rückbank liegen gefaltete Straßenkarten und aufgerollte Seekarten. Außerdem noch eine kleine Kühlbox und ein Daunenanorak. Ich komme mir vor, als wäre ich in eine Pfadfinderbude gestolpert. Schnell ziehe ich den Anorak über mich.
    Das dumpfe Schlagen schwerer, schneller Schritte nähert sich dem Wagen. Wozniak steigt ein und lässt den Motor an. Wir wenden. Die Reifen brettern heftig über aufgebrochenen Asphalt in der Nähe des Tores. Er fährt ziemlich schnell – zumindest fühlt es sich so an – die breite Avenue hinunter, die von Ocean Catch wegführt.
    An den Veränderungen der Vibration des Bodens und dem Summen von Metall erkenne ich, dass wir eine Brücke überqueren. Dann biegen wir schon bald links ab. Welche Straße ist das? Ich bin nicht sicher. Er schaltet das Radio ein und beginnt, einen Song von Stevie Nicks mitzusummen. Einmal singt er sogar richtig mit, wenn auch ein bisschen schief. Angesichts der Wanderstiefel und Karten befürchte ich langsam, dass diese Fahrt etwas länger dauern könnte. Unterwegs zu einem gottverlassenen Vorort oder, noch schlimmer, aufs Land. Nur äußerst ungern würde ich an einem Ort landen, wo man sich kein Taxi rufen kann.
    »Scheiße«, sagt er plötzlich und mit Nachdruck. »Verdammt, kleb mir nicht so am Arsch!« Ich spüre, wie er bremst und dann wieder beschleunigt, bremst, beschleunigt. Irgendwer fährt ihm zu dicht auf, und jetzt versucht er – typisch Mann – unmissverständlich klarzustellen, was er davon hält. Nämlich nichts. Ich ziehe den Anorak von meinem Gesicht und sehe Scheinwerferlicht über den Wagenhimmel und die Rückseiten der Vordersitze gleiten. Der Wagen hinter uns fällt nicht zurück. Das Geräusch eines uns überholenden Autos lässt mich rätseln, warum so viele Leute zu dieser späten Stunde im sonst so verlas­senen Hafenviertel herumfahren.
    »Scheiße!«, brüllt er. »Pass doch auf, verdammt!« Der CR-V schwenkt scharf nach rechts und hält mit einem Ruck an. Wozniak springt aus der Tür und knallt sie hinter sich zu. Ich höre seine wütende Stimme, dann werden andere Türen zugeschlagen – eine vor uns, eine hinter dem CR-V .
    Wären es Polizisten, hätte ich ihr Blaulicht gesehen.
    Wozniak verstummt. Ich höre keine anderen Stimmen. Dann werden zwei weitere Türen zugeschlagen. Eine vor uns, eine hinter uns. Es klingt, als seien nun außer Wozniak mindestens vier Männer auf der Straße. Mein Blut fließt nur noch im Schneckentempo. Eine tiefe, sonore Stimme spricht eine Weile, verstummt dann.
    »Leck mich«, sagt Wozniak, dessen Stimme in der kalten Luft deutlich zu verstehen ist. Dann ist zu hören, wie er mit

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