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Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frau, die niemand kannte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Pavone
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dafür ins Feuer legen.
    Allerdings ist es ihr ein Rätsel, wie sie mit diesen Menschen umgehen soll. Als wäre dies ein völlig normaler Abend mit echten Freunden? Oder eher eine angespannte Unterredung mit erbitterten Feinden? Wie viel Ehrlichkeit kann sie von Julia erwarten? Wie soll das Gespräch nach Julias Vorstellung ablaufen?
    »Wieso ausgerechnet Paris?«, fragt Julia, in der Hoffnung, dass eine konkretere Frage Kate eine Antwort entlocken wird.
    »Wieso nicht?«, antwortet Kate knapp.
    Bill macht eine raumgreifende Geste. »Wegen all dem hier vielleicht?«, sagt er. »Das ist ja absolut grauenhaft.«
    Ein flehender Ausdruck liegt auf Julias Zügen. »Komm schon, Kate. Ich verlange doch nicht viel von dir. Wir müssen keine … Freunde sein …«
    Kate schlägt die Augen nieder.
    »Aber auch keine Feinde, Kate. Wir sind keine Feinde. Wir sind nicht hier, um … das ist …« Sie schweigt.
    Kate sieht Julia an. Sie hat die Hände gefaltet, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, beugt sich vor und sieht sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, den Kopf leicht schief gelegt, als könne sie kaum erwarten, was Kate ihr gleich erzählen wird. Jedes noch so irrelevante Detail einer noch so irrelevanten Geschichte. Und Kate glaubt unter dieser eifrigen Fassade etwas zu bemerken, womit sie nicht gerechnet hat – ein Gefühl der Freundschaft.
    »Ich …« Mit einem Mal überkommt Kate eine tiefe Traurigkeit. »Was willst du von mir hören, Julia?«
    »Keine Ahnung, Kate. Egal, was. Vermisst du Luxemburg?«
    Kate zuckt mit den Achseln.
    »Ich schon«, gesteht Julia. »Ich vermisse meine Freundinnen. Ich vermisse dich, Kate.«
    Kate muss den Blick abwenden, die Tränen unterdrücken.
    »Ladys«, sagt Bill und hebt sein Glas, »lasst uns hier doch keine Trübsal blasen. Auf Luxemburg!«
    Kate sieht zu, wie Julia ihr Glas hebt, daran nippt und es wieder abstellt. »Auf Luxemburg!«
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    »Entschuldigt meine Unverblümtheit«, sagt Kate, »aber wieso seid ihr hier?«
    Julia und Bill tauschen einen flüchtigen Blick. »Wir sind hergekommen«, sagt Julia, »um euch – besser gesagt Dexter – vom Colonel zu erzählen.«
    »Ah.« Kate nickt. »Verstehe.«
    Wieder herrscht Stille.
    »Ich verstehe aber trotzdem nicht ganz«, fährt Kate fort, »wieso ihr das unbedingt persönlich tun müsst. Ehrlich gesagt, ist mir nicht ganz klar, wieso ihr das überhaupt tun solltet. Immerhin habt ihr gegen Dexter ermittelt und ihm ein schweres Verbrechen vorgeworfen, von dem ihr offenbar bis heute glaubt, dass er es begangen hat.«
    »Aber wir waren doch auch Freunde«, wirft Julia ein.
    Kate beugt sich vor. »Waren wir das?«
    Die beiden Frauen sehen sich eindringlich an. »Ich dachte schon. Und ich denke es immer noch.«
    »Aber …« Kate macht ein fassungsloses Gesicht.
    »Ich – wir – haben doch nur getan, was wir tun mussten.«
    Kate ist erleichtert, dass Julia nicht behauptet, sie hätte lediglich ihre Arbeit gemacht. Wenigstens in diesem Punkt ist sie ehrlich. Denn ihre Arbeit ist so ziemlich das Letzte, was sie gemacht hat.
    »Da ist noch etwas«, sagt Bill. »Wir wollten euch sagen, dass jetzt, wo der Colonel tot ist, auch die Ermittlungen eingestellt sind.«
    »Vollständig?«, fragt Dexter.
    Einen Moment lang sitzen sie schweigend in der Pariser Dämmerung und dem Trubel rings um sie herum. Bill trinkt sein Glas aus und schenkt sich nach. »Vollständig. Und endgültig.«
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    Ein Polizist in einer blauen Uniform lehnt an einem Wagen und flirtet mit einer jungen Frau, die auf einem Moped sitzt und eine Zigarette raucht. Kates Blick fällt auf die Waffe, die an seinem Gürtel hängt. Es wäre ein Kinderspiel, ihn zu überwältigen und ihm die Waffe abzunehmen.
    Kate wendet sich wieder den drei Menschen am Tisch zu. Wird irgendeiner von ihnen jemals auspacken? Wird sie jemals auspacken? Vollständig?
    Während des vergangenen Jahres war sie Dexter gegenüber absolut aufrichtig. Zumindest beinahe. Und sie dachte, er sei es ebenfalls gewesen. Aber an diesem Nachmittag wurde diese Illusion jäh zerstört. Inzwischen kann sie nicht glauben, wie sie so lange brauchen konnte, um auf die Idee zu kommen, einen Blick in sein Collegejahrbuch zu werfen. Erst jetzt ist ihr bewusst, wie verzweifelt sie dadurch versucht hat, das Offensichtliche zu ignorieren.
    Dritte Reihe, die zweite von rechts – eine leidlich hübsche Frau mit einem breiten Lächeln, hellrosa Lipgloss und dünnem blonden Haar.
    »Und«, sagt Kate, »was

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