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Die Frau, für die ich den Computer erfand

Die Frau, für die ich den Computer erfand

Titel: Die Frau, für die ich den Computer erfand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Christian Delius
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ich immer gesagt, und wenn ich guter Laune war, hab ich gesagt: Es steht auch für Abenteuer, die wahren Abenteuer finden nicht mehr in der afrikanischen Wildnis statt, sondern im unendlichen Raum der Zahlen, und so weiter. Bei A wie Anfang, da durfte man natürlich auch an Faust denken, wie er beim Übersetzen ratlos herumrutscht,
im Anfang war das Wort
, der Sinn, die Kraft, die Tat, ja, was denn nun? Bei Goethe bleibt das offen, Goethe drückt sich vor einer Entscheidung   … Übrigens, bei der Lektüre jetzt hatte ich die Idee, er hätte sagen sollen: Im Anfang war der Logarithmus, da steckt nämlich beides drin, das Wort und die Zahl, das ganze Zauberland der Potenzen, das wäre die richtige Übersetzung gewesen! Im Anfang war die Potenz, auch nicht schlecht, oder? Aber darauf ist der Goethe natürlich nicht gekommen. Er lässt einfach den Teufelspudel los, der knurrt und bellt, sofort vergisst Faust seine Bibel und die Tat erst recht. Da war ich ein bisschen vernünftiger, wenn ich das mal ganz bescheiden sagen darf. Im Hinterkopf steckte vielleicht schon der Gedanke: Hier ist sie, die Tat, ich setze den Anfang, das A für Anfang, denn vor dieser Maschine geht es nicht mehr um Wort oder Sinn oder Kraft, die Universal-Rechenmaschine ist der Anfang, fertig. Das ist die Tat!   … Aber das ist nur die halbe Wahrheit. So hab ich das zwar immer nach außen behauptet,so steht es in meinen Schriften, so hätte ich das auch heute in Braunschweig wiederholt, aber es stimmt nicht   … Da muss ich etwas ausholen. Wir haben ja nicht auf Teufel komm raus gebastelt, sondern Schritt für Schritt als Mathematiker, als Wissenschaftler, als Logiker und Ingenieure. Also mussten wir, hier kann ich auch ich sagen   … Nageln Sie mich bitte nicht fest, wann ich ich sagen soll und wann wir   … Also musste ich die Fachliteratur kennen und natürlich Leibniz, alles, was über das duale Zahlensystem zu finden war. Wir sind ja wirklich die ersten Zahlenrevolutionäre gewesen   … Jetzt werd ich aber auch zum großsprecherischen Redner, bremsen Sie mich   … Tatsache ist, wir sind die Ersten oder mit die Ersten gewesen, die seine Revolution von 1679 in die Praxis umgesetzt haben   … Zum Glück hatte ich einen Kumpel mit einer Leserkarte für die Staatsbibliothek Unter den Linden. Der hat für mich den Leibniz ausgeliehen und alles über das duale System. Und eines Tages hat er ein englisches Buch über alte Rechenmaschinen mitgebracht, in dem von einem Charles Babbage und einer Ada Lovelace die Rede war, von beiden hatte ich nie gehört. Nicht mal eine Seite, viel mehr stand da nicht, über eine sogenannte analytische Maschine, die Idee, der Entwurf galt als nicht realisierbar. Mein Schulenglisch war dürftig, ein Freund hat mir diese Seite so übersetzt, dass ich Babbages Idee der Programmsteuerung überhaupt nicht erkannt habe, und dabei hab ich mich selbst mitSteuerungsproblemen herumgeschlagen jeden Tag. Vielleicht hat auch der Verfasser des Buches nichts von Boole’scher Algebra verstanden, ich weiß es nicht, ich habe dies Buch nie wieder gesehen. Ich war ein Anfänger, auch in der Mathematik, und was ich da gelesen habe, hat mir überhaupt keinen Eindruck gemacht. Aber was mir Eindruck gemacht hat   … Sie sehen, ich zögere noch immer, ich habe nie darüber geredet   … Ja, wer beichtet schon gern. Eine Sünde ist wahrscheinlich leichter zu beichten als diese Geschichte, die keine Sünde ist   … Noch ein Wasser bitte, Sie auch?   … Ich erinnere Sie noch einmal an unsern Vertrag, dass Sie unser Gespräch erst nach meinem Tod veröffentlichen   … Und dabei ist weder Betrug noch Mord im Spiel, nur eine etwas seltsame Liebe   … Also, was mir Eindruck gemacht hat, war die Frau. Diese Frau, die eigentlich nur in einer Anmerkung versteckt war, vielleicht zehn Zeilen. Ada Lovelace, Tochter von Lord Byron, eine englische Lady, eine große Mathematikerin soll sie gewesen sein und Assistentin von Mr.   Babbage beim Entwurf der Rechenmaschine   …

(Ein Name zum Verlieben)
     
     
     
    Können Sie sich das vorstellen? Eine Mathematikerin! Können Sie das ermessen, junger Mann? Eine Frau, die an Maschinen bastelt, die rechnet, die mitdenkt, mitmacht und miterfindet! Eine Assistentin!Und eine Lady dazu! Können Sie sich vorstellen, welch ein Blitz da durch den schüchternen Jüngling gefahren ist?   … Viel mehr! Die Frau meiner Träume, wenn ich das als Greis einmal so unverblümt sagen darf   … Ja,

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