Die Frau im Fahrstuhl
hatte.
Wieder zurück in Göteborg setzte ich mich an meinen Computer und schrieb in drei Monaten mein neues Buch.
Außerdem nahm ich meinen Mädchennamen wieder an. Alle meine bisherigen Bücher waren unter dem Namen erschienen, den ich bei der Eheschließung angenommen hatte.
Während dieser Zeit trafen Ole und ich uns nur einmal im Monat, wir hatten beide plötzlich unglaublich viele Ideen. Bei mir hieß das Ergebnis »Das Wasser der Liebe« und erschien im September rechtzeitig zur Buchmesse in Göteborg. Der neue Name und ein neuer Verlag bescherten mir einen durchschlagenden Erfolg. Das Buch wurde von allen großen Zeitungen besprochen, und zwar überwiegend positiv. Zum ersten Mal, seit ich begonnen hatte zu schreiben, wurde mein Buch Buch des Monats in einem Buchklub.
Ole malte eine »Wasserspiel« genannte Gemäldeserie, ungeheuer sinnliche Bilder in Blautönen gemischt mit Gelb und glühendem Rot. Die Ausstellung war ein großer Erfolg und Oles internationaler Durchbruch. Einige der Gemälde sind noch in unserem Besitz. Sie hängen hier in unserer Wohnung in der Havnegade in Kopenhagen.
Rache, meine Schwester.
Eine Irene-Huss-Geschichte
Es ging langsam, viel zu langsam. Ihre linke Hand zitterte vor Nervosität, und sie schluchzte leise vor Schmerzen und Verzweiflung. Der frisch operierte rechte Arm in dem schweren Gips war nicht zu gebrauchen und schmerzte. Im Laufe des Tages hatte sie eine ganze Menge Schmerztabletten geschluckt und wagte nicht, noch weitere einzunehmen. Eigentlich hätte sie bis morgen oder übermorgen warten sollen, aber sie fürchtete, nicht genügend Zeit zu haben. Eine Reisetasche wollte sie heute packen, eine weitere morgen, und mit der letzten würde sie wohl am Donnerstag fertig werden. Wenn sie die Taschen in die Kleiderkammer stellte, würde er sie nicht finden. Dorthin ging er nie.
Noch zwei Abende und zwei Nächte. Dann würde sie für immer verschwinden. Hillevi hatte ihr geholfen, alles zu arrangieren. Donnerstagmorgen würde sie sie mit dem Auto abholen. Zum tausendsten Mal segnete sie den Tag, an dem sie sich ihrer Schwester anvertraut hatte. Obwohl beide mittleren Alters waren, hatten sie immer noch das Verhältnis der älteren Schwester zur jüngeren Schwester. Die kluge, gelassene Hillevi. Obwohl sie ein ganz anderer Mensch war als sie, standen sie sich sehr nahe. Seit dem Tod der Eltern waren sie sich noch näher gekommen.
Kurz darauf war Hillevi Witwe geworden. Jetzt hatten sie nur noch sich. Obwohl sie natürlich auch Lars hatte…
Beim Gedanken an ihren Ehemann erstarrte sie. Ihr Herz schlug schneller, und ihr brach am ganzen Körper der Schweiß aus. Noch zwei Abende und zwei Nächte…
Rasend schnell begann sie Wäsche aus der Kommode in die Tasche zu stopfen. Als ihre Fingerspitzen den dünnen Stoff eines hellblauen Nachthemds berührten, hielt sie inne. Das war ihr letztes, das ganz war. Ein Schluchzer stieg in ihrer Kehle auf. Wenn er heute Abend oder morgen Sex wollte? »Meine tierischen Gelüste müssen befriedigt werden«, sagte er immer. Meist lächelte er bei dieser Bemerkung. Als sei es ein Scherz. Aber was dann kam, war alles andere als ein Scherz.
Während eines solchen Akts hatte er ihr den Arm gebrochen.
Als sie am Tag darauf in die Notaufnahme hatten fahren müssen, hatte sie nicht die Wahrheit gesagt. Ihre Erklärung für den gebrochenen Arm lautete, sie sei in der Badewanne ausgerutscht. Lars war ständig dabei. Er hatte sie immer »Evalis, Liebling« genannt, sich rührend um sie gekümmert und sie im Rollstuhl zwischen der Ambulanz, dem Röntgen und der Station hin- und hergeschoben. Der Bruch war kompliziert gewesen und hatte operiert werden müssen. Sie hatte drei Tage im Krankenhaus gelegen. Drei Tage Atempause.
Wegen ihrer blauen Flecken überall am Körper hatten Ärzte und Schwestern wahrscheinlich einen Verdacht gehabt, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war. Der junge Stationsarzt hatte sie vor ihrer Entlassung danach gefragt. Eine Sekunde lang war sie versucht gewesen, sich ihm anzuvertrauen, hatte dann aber sofort eingesehen, dass das nicht ging. Lars hatte vor dem Behandlungszimmer gesessen und darauf gewartet, sie nach Hause zu fahren. Sie hatte versucht, den freundlichen Arzt anzulächeln, und angestrengt-unbeschwert geantwortet: »Ich bin so ungeschickt. Einige blaue Flecken habe ich sicher bekommen, als ich in der Badewanne ausgerutscht bin. Die älteren stammen von einem Sturz im Segelboot. Das Deck war
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