Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
Vom Netzwerk:
Geschichte ebensowenig Glauben schenkte wie der ersten. Aber es schien ihn zu beunruhigen, daß hier, falls doch etwas an der Geschichte war, möglicherweise ein Job auf dem Spiel stand. Mit eindringlichem Blick auf Christiane zog er die Tastatur des Computers zu sich und tippte ein paar Tasten. »Eine Frau Reklin hat ihr gewohnt, sie ist . . .« Er stockte.
    »Was?«
    »Sie hat ausgecheckt. Heute morgen.«
    »Aber sie war nicht bei ihrem Geschäftstermin. Niemand hat sie heute gesehen. Deshalb sind ein paar Leute sehr beunruhigt.«
    »Die Unterlagengeschichte ist also auch erfunden«, stellte der Hotelangestellte trocken fest.
    »Ja«, räumte Christiane ein. Es war ja eh nicht mehr zu leugnen. Sie hatte sich verplappert. »Aber nicht, daß Frau Reklin verschwunden ist. Sie haben nicht zufällig irgendwas gehört? Vielleicht von einem Kollegen?«
    »Sind sie nun ihre Freundin oder ihre Angestellte?«
    »Ihre Angestellte.«
    »Und Sie sagen, sie sei eine schwierige Chefin?«
    Christiane seufzte. »Ziemlich schwierig.«
    »Warum suchen Sie sie dann?« Der Mann hinter der Rezeption schaute Christiane mit verwundert hochgezogenen Augenbrauen an. Christiane zuckte hilflos mit den Schultern. »Irgend etwas stimmt nicht. Ich mache mir Sorgen.«
    »Dann fürchte ich, daß ich eine schlechte Nachricht für Sie habe. Erschrecken Sie nicht.« Der Rezeptzionist lehnte sich etwas vor über den Tresen. »Aber ein Kollege hat mir erzählt, daß eines der Zimmermädchen heute früh eine bewußtlose Frau gefunden hat«, sagte er leise, gerade so, als hätten die Wände Ohren und könnten seine Indiskretion verraten. »Und im ganzen Zimmer verstreut lagen Tabletten. Die Frau hat wohl versucht, sich umzubringen. Es war der Gast von 393.«
    Christiane wurde blaß. »War das . . . ihr Zimmer?«
    »Ja.« Der Mann schaute ernst. »Hätte ich besser nicht erzählen sollen, was?«
    »Was ist mit Frau Reklin? Ist sie . . .«
    »Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert.«
    »Welches?«
    »Das weiß ich nicht. Aber wahrscheinlich ins städtische Krankenhaus.«
    Christiane schluckte. »Haben Sie ein Telefonbuch für mich?«
    »Schon. Aber um die Zeit werden Sie dort niemanden erreichen, der Ihnen eine Auskunft geben kann. Vielleicht schlafen Sie erst mal eine Runde.«
    Christiane seufzte. Der Mann hatte recht. »Ich nehme dann das Zimmer. Und bitte, ich möchte um sieben geweckt werden.«
    »Geht klar. Sie können die Treppe dort rechts nehmen, das Zimmer ist gleich im ersten Stock.«
    »Danke.« Christiane nahm die Schlüsselkarte in Empfang. Trotz der schlechten Nachricht fühlte sie sich wesentlich erleichtert. Immerhin war jetzt klar, warum Rebecca ohne jegliche Nachricht verschwunden war. Wahrscheinlich hatte sie sich überanstrengt, dazu noch irgendwelche Aufputschpillen genommen, und der Kreislauf versagte. Das Zimmermädchen sah die Packung mit den Tabletten, und daraus wurde dann die Horrorstory von einem Selbstmordversuch! Hier lag ein typischer Fall von Nachrichtenverfälschung vor, wie er bei stiller Post, sprich Getratsche, oft vorkam. Nicht nur Hörensagen, sondern Hören-Hören-Hörensagen. Warum sollte Rebecca versucht haben, sich umzubringen? Das war absoluter Blödsinn. Nein, was das anging, schenkte Christiane der Erzählung des Rezeptzionisten keinen Glauben.
    Dennoch war die Geschichte schlimm genug. Daß Rebecca zu den Frauen gehörte, die viel arbeiteten, war nicht neu für Christiane. Aber daß sie es bis an den Rand ihrer Belastungsgrenze trieb, und nun sogar darüber hinaus, beunruhigte sie und beeinträchtigte ihre Erleichterung erheblich. Hoffentlich würde dieser Zusammenbruch Rebecca eine Warnung sein.

11
    K urz nach acht betrat Christiane das Krankenhaus.
    »Zu Doktor Hafner«, keuchte sie dem Pförtner atemlos zu. Sie war die letzten hundert Meter immer schneller gelaufen.
    »Vierter Stock. Fahrstuhl geradeaus«, lautete die gelangweilte Antwort.
    Christiane fuhr mit dem Fahrstuhl in die vierte Etage. Auf dem Gang war viel Betrieb. Sie fand Doktor Hafners Zimmer, nachdem sie eine der Schwestern gefragt hatte. Ein gedämpftes »Ja« antwortete auf ihr Klopfen.
    »Frau Seidel?« Ein hochgewachsener Mann mit graumeliertem Haar erhob sich von seinem Platz am Schreibtisch, kam auf Christiane zu. Ein Ärzteroman-Arzt, schoß es Christiane durch den Kopf. Gutaussehend, charmantes Lächeln, Vertrauen einflößende Stimme.
    »Ja.«
    »Ich bin froh, daß Sie sich bei uns melden. Bitte, setzen wir uns.« Christiane

Weitere Kostenlose Bücher