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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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Rebecca wollte also wirklich morgen schon wieder nach Hause. Entgegen der ärztlichen Empfehlung Doktor Hafners.
    »Was halten Sie davon, wenn wir bei der Gelegenheit im Hotel zu Abend essen?« meinte Rebecca.
    »Was?« fragte Christiane perplex. Es mußte an der Ausnahmesituation liegen. Denn Rebecca lud sie doch nie zu irgend etwas ein. Vielmehr achtete sie darauf, die Distanz zu wahren. »Äh, ich meine . . . was wird Doktor Hafner dazu sagen?« versuchte Christiane ihre Überraschung zu verbergen.
    »Das ist mir im Prinzip egal. Ich nehme aber an, er freut sich, daß ich dem Leben wieder angenehme Seiten abgewinne. Sollte er zumindest.«
    Rebecca spürte den neugierigen Blick der Kellnerin, die die Karte brachte. Es entging ihr auch nicht, daß kurz nach ihrem Eintreffen im Restaurant eine ungewöhnliche Betriebsamkeit des Küchenpersonals im Büfettbereich begann. Während sie einen Wein auswählte, registrierte sie aus den Augenwinkeln, wie der Kellner zwei Tische weiter sich »unauffällig« zu ihr umdrehte. »Vielleicht hätte ich erst im Anschluß ans Essen an die Rezeption gehen und nach meinem Koffer fragen sollen«, meinte Rebecca lakonisch.
    »Ich glaube, das ist nicht der Grund.« Auch Christiane waren die neugierigen Blicke des Personals nicht entgangen.
    »Sondern?«
    »Ihr zerknautschtes Armanikostüm und meine, wenn auch adrette, so doch sehr aus der Mode gekommene Uniform.« Warum habe ich mich eigentlich nicht vorher umgezogen? fragte Christiane sich in diesem Moment. Und wußte sofort die Antwort: Weil es dann ein privates Essen geworden wäre. So war es ein dienstliches. Das war irgendwie . . . nicht so beunruhigend. »Wir beide sehen aus, wie der Altkleidersammlung entstiegen. Ich fürchte, Sie haben mehr Erinnerungslücken als bisher bemerkt. Sie sind sonst immer so repräsentabel, darauf bedacht, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Kein Gedanke daran, sich zerknittert oder in unpassender Begleitung, schon gar nicht beides, in der Öffentlichkeit zu zeigen.«
    Rebecca stutzte. Dann lachte sie schallend. »Bin ich Ihnen etwa peinlich?«
    »Nein, aber daß es nicht umgekehrt der Fall ist, macht mir Sorgen.«
    Rebecca schmunzelte. »Schon wieder besorgt um mich?«
    Christiane errötete.
    Die Kellnerin kam und enthob sie einer Antwort.
    Sie bestellten das Essen.
    »Erzählen Sie mir von unserer ersten Begegnung, der echten «, bat Rebecca, als die Kellnerin gegangen war. »Und von den angeblichen Katastrophen, die Sie sich geleistet haben.«
    »Das ist keine gute Idee«, wehrte Christiane ab.
    »Nun zieren Sie sich nicht. Ich erinnere mich früher oder später sowieso daran. Sie haben doch gehört, was Hafner gesagt hat.«
    »Ja, er sagte aber auch, daß Sie Personen, die Sie noch nicht sehr lange kennen, möglicherweise ganz vergessen haben, was alle damit verbundenen Erlebnisse mit diesen Personen ja wohl einschließt. Wir kennen uns erst seit zwei Wochen. Dementsprechend ist die Chance, daß alle meine peinlichen Auftritte bei Ihnen in das schwarze Loch des Vergessens versunken sind, sehr groß. Es ist zwar egoistisch, das zu sagen, doch mir wäre es ganz recht, wenn es so bliebe.«
    »Aber mir nicht.« Rebecca schaute Christiane jetzt ernst an. »Ich habe das Gefühl, daß mir dadurch wertvolle Erinnerungen fehlen. Auch wenn Sie sagen, wir seien in der Vergangenheit nicht besonders gut miteinander ausgekommen.« Rebecca stützte ihre Ellenbogen auf den Tisch, faltete ihre Hände zusammen, wobei sie die Finger ineinander verschlang, und stützte ihren Kopf auf die beiden Daumen. Nachdenklich schaute sie Christiane an. »Wenn es so war, daß wir nicht miteinander auskamen, möchte ich, daß sich das in Zukunft ändert. Beginnen wir mit etwas Einfachem. Sagen wir doch wieder du zueinander. Das schafft eine bessere Atmosphäre. Findest du nicht?«
    Christiane schwieg angesichts dieses Angebots verwirrt. Daß Rebecca sich, seit sie diese hier im Krankenhaus besucht hatte, weitaus zugänglicher zeigte, war ihr natürlich aufgefallen. Einige dieser, teilweise sehr intimen, Momente hatte sie, Christiane, selbst durch ihre kleine Lüge verschuldet. Doch das hier ganz sicher nicht!
    Konnte der Schlag auf dem Kopf bei Rebecca auch Einfluß auf ihr Wesen haben? Vielleicht waren weitere Erinnerungslücken daran schuld, daß sie so ungewöhnlich sanft war. Dann wäre es unfair, um nicht zu sagen unklug, darauf einzugehen. Denn sobald die Lücken sich schlossen, würde Rebecca wieder ganz die alte

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