Die Frau im Rueckspiegel
für eine Rolle?« drängte Rebecca, während sie in Christianes Gesicht nach einer Antwort suchte.
Christiane haderte mit sich. Sie wußte nicht, wie sie Rebecca erklären sollte, was das Problem war, denn wahrscheinlich konnte die sich ja gar nicht an die Frauen erinnern, die nur einen kurzen Auftritt in ihrem Leben hatten.
»Das Tempo ist nicht der wirkliche Grund«, stellte Rebecca jetzt ganz richtig fest. »Was ist es?«
Christiane rang sich endlich zur Wahrheit durch. »Also gut. Es ist wegen Rachel.«
»Rachel? Die kleine Spanierin?«
Rebecca erinnerte sich also!?
»Und Karin Goslar und Barbara . . . all diese Frauen eben«, ergänzte Christiane. »Und das sind nur die, die ich kennengelernt habe. Ich nehme an, vor ihnen gab es eine Reihe andere.«
»Ja. Und? Was ist mit ihnen?«
Christiane verdrehte die Augen. »Na was wohl. Sie kommen abends und sind morgens wieder verschwunden. Na ja, Rachel nicht. Die war morgens noch da . . . während du im Bademantel herumspaziertest.«
Rebecca schaute Christiane offen an. »Ja, das stimmt.«
»Rebecca! Du bist keine sehr monogam veranlagte Frau. Jedenfalls nicht in letzter Zeit. Das geht mich nichts an, es ist deine Sache. Nur . . . mein Ding ist das nicht.«
Zu Christianes Erstaunen grinste Rebecca amüsiert. »Komm mit«, sagte sie und nahm Christiane an die Hand.
»Wohin?«
Rebecca zeigte mit dem Kopf zur Treppe. »Nach oben.«
»Nein. Ich sage doch . . .«
Rebecca schmunzelte. »Nicht in mein Schlafzimmer, versprochen. Bitte, ich möchte dir etwas zeigen.«
»Was denn?«
»Komm mit«, wiederholte Rebecca. Sie ging die Treppe hinauf. Mit zwiespältigen Gefühlen folgte Christiane ihr. Oben angekommen, ging Rebecca den Flur entlang bis fast zum Ende. Hier blieb sie an einer Tür stehen. »Mach auf«, forderte sie Christiane auf.
»Was ist in dem Zimmer?« Christiane legte die Hand auf die Türklinke.
»Das Liebesnest«, erwiderte Rebecca trocken.
Christiane zog die Hand von der Klinke. »Nein, danke«, sagte sie ablehnend. Sie wollte an Rebecca vorbei, zurück zur Treppe. Rebecca hielt sie am Arm fest, öffnete statt ihrer die Tür.
»Schau hinein«, forderte sie Christiane auf.
»Was soll das Ganze?« fragte Christiane ärgerlich und schüttelte Rebeccas Hand ab.
»Schau hin!«
Widerwillig drehte Christiane sich um – und blinzelte verwirrt. Ihr Blick ging zurück zu Rebecca. Die schmunzelte, ging an Christiane vorbei in ihr Atelier. Christiane stand immer noch wie gebannt an der Türschwelle.
»Willst du da stehenbleiben?« rief Rebecca ihr zu.
Immer noch sprachlos, betrat sie den Raum.
Ein Atelier! Rebecca zeichnet!
An den Wänden hingen überall Zeichnungen. Kohle, Bleistift und Farbe. Auf dem Boden standen Dutzende bemalte Leinwände, manche waren achtlos an die Wände oder an die Möbel gelehnt. Auf einem der Bilder erkannte Christiane Rachel. Christiane ging darauf zu.
»Rachel ist ein Juwel«, sagte Rebecca hinter ihr. »Wir haben die Zeit vergessen, und irgendwann schlief sie mir im Sitzen ein. Wie du sehen kannst.«
Tatsächlich zeigte das Bild die schlafende Rachel.
»Ich wollte sie nicht mitten in der Nacht und übermüdet nach Hause schicken. Also schlief sie hier, in einem der Gästezimmer.«
Christiane starrte immer noch auf das Bild. Dann hob sie die Hände, bedeckte ihr Gesicht. »O Gott«, kam es gedämpft. Sie ließ die Hände wieder sinken. »Ich dachte tatsächlich die ganze Zeit, das wären . . .«
Rebecca legte von hinten ihre Arme um Christiane. »Du hast wirklich eine rege Phantasie«, flüsterte sie Christiane ins Ohr.
Jetzt fiel Christianes Blick auf eine Zeichnung auf dem Schreibtisch. Das war ihr Gesicht auf der Bleistiftskizze! Christiane nahm die Zeichnung.
»Du hast mich gemalt?«
In Rebeccas Kopf formte sich ein Bild. Sie saß im Lehnstuhl, zeichnete Linien auf ein Papier. Linien, die zu einem Gesicht wurden. Christianes Gesicht. »Ja. Du hast ein markantes Gesicht«, sagte sie. »Und . . . du hattest mich beeindruckt. Da war so was Rebellisches an dir«, erinnerte sie sich jetzt schemenhaft.
»Rebellisch?« Christiane mußte lächeln.
»Ja«, erwiderte Rebecca. »Aber im Moment interessiert mich mehr die Sache mit deiner regen Phantasie.« Sie drehte Christiane zu sich um. »Was fällt dir beim Anblick der Frau ein, die gerade vor dir steht?«
»Daß ich mich vor ihr zum Trottel gemacht habe?«
»Geschenkt. Was noch?« Rebecca zwinkerte Christiane zu. »Kleiner Tip.« Sie
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