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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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allerdings tatsächlich ›nicht korrekt‹ ist, ist die Forderung überhöhter Steuern von britischen Unternehmern, die häufig bis zur Erschöpfung arbeiten, um unserem Volk zu dienen …«
    Lia musste lächeln. Der pathetisch redende Fried ahnte nicht, welche Wende die Veranstaltung bald nehmen würde.
    Arthur Fried beendete seine Rede wie üblich mit den Slogans seiner Partei: Get Britain Back, No Way But Our Way.
    Er bat die Journalisten um Fragen. Sofort hoben sich ein Dutzend Hände, und der Parteisekretär notierte die Fragewilligen. Bei diesen Veranstaltungen kamen die großen Medien in der Regel als Erste zu Wort, und auch Gallagher hielt sich an diesen Brauch.
    » The Sun , bitte sehr.«
    Die Frage der Boulevardzeitung hatte mit dem Thema der Veranstaltung nichts zu tun. Der Reporter sprach Fried auf einen Vorfall in Sheffield an, wo eine Überwachungskamera aufgezeichnet hatte, wie ein dunkelhäutiger Mann eine alte weiße Frau beraubte. Arthur Fried erklärte, dieser Fall sei ein ebenso trauriges wie aufschlussreiches Beispiel dafür, dass die am Multikulti-Gedanken festhaltende Innenpolitik das Land ins Chaos treibe.
    Als Zweiter war der Reporter der Times an der Reihe, der wissen wollte, wieso das soeben veröffentlichte sozialpolitische Programm der Partei zum Teil wörtlich mit dem Parteiprogramm übereinstimme, das eine konservative Partei vor einiger Zeit in Deutschland vorgelegt hatte.
    Der verärgerte Blick, den Fried dem Parteisekretär zuwarf, sprach Bände. Offenbar hatte Fried nicht gewusst, bei wem Gallagher abgekupfert hatte.
    Doch die Antwort selbst ging ihm glatt über die Lippen.
    »Es freut uns, dass die Themen, die unsere Partei hervorgehoben hat, auch bei anderen Gruppen Zustimmung finden. Die Fair Rule hechelt niemandem hinterdrein, sie ergreift die Initiative.«
    Als dritten Fragesteller wählte Gallagher Thomas O’Rourke von der Zeitung The Star . Lias Herz schlug schneller. Sie sah, dass O’Rourke aufstand und lächelte.
    Er genießt das Ganze.
    »Mr Fried, ich habe hier Kopien von Dokumenten, zu denen ich gern Ihre Erklärung hören würde. Ich verteile diese Kopien auch an die anderen Anwesenden, damit sie wissen, worum es geht«, sagte O’Rourke.
    Arthur Fried und Tom Gallagher sahen verdutzt zu, als O’Rourke einen Stapel Papiere zirkulieren ließ. Eine Reporterin in der ersten Reihe reichte auch Fried einen Satz Kopien. Fried konnte nur einen kurzen Blick darauf werfen, bevor O’Rourke fortfuhr.
    »Mr Fried, es handelt sich um Kopien der Jahresberichte Ihrer beiden Unternehmen für 2000 und2001 , sowie der Steuererklärungen aus diesen Jahren, dazu eine Kopie des Jahresberichts des Unternehmensregisters der Provinz Lincolnshire von2001 , dem zufolge beide Firmen in jenem Jahr Konkurs machten …«
    »Das hat mit der Fair Rule nichts zu tun«, versuchte Arthur Fried O’Rourke zu bremsen, doch der ließ sich nicht unterbrechen, sondern hob seine Stimme einfach weiter an.
    Er berichtete, dass Frieds Unternehmen in Lincoln Konkurs angemeldet, ihre Tätigkeit aber fast nahtlos in London fortgesetzt hatten. Fried hatte die Unternehmensförderung, die er in den Jahren 1997–2001 erhalten hatte, nie zurückerstattet und unter anderem auch die dem Staat zustehenden Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 70000 Pfund nicht entrichtet.
    »Ich darf die Anwesenden darauf hinweisen, dass die letzte Kopie zeigt, dass Mr Fried Vorstandsvorsitzender beider Firmen ist und sie gemeinsam mit seiner Frau zu hundert Prozent besitzt. Das bedeutet, dass Sie die volle Verantwortung für die Firmentätigkeit tragen«, stellte O’Rourke fest.
    Selbst das unscharfe Handybild zeigte, dass es in Arthur Frieds Gesicht zuckte.
    »Meine Frage lautet«, sagte O’Rourke, »ob Sie den britischen Staat durch Konkursbetrug um insgesamt rund 346000 Pfund geprellt haben oder ob Sie mir eine ehrenwertere Erklärung bieten können.«
    Ein Stimmengewirr erhob sich in der Baxter Hall. Es entstand, als rund vierzig Reporter zu ihren Handys griffen, um ihren Redaktionen mitzuteilen, dass die Pressekonferenz der Fair Rule plötzlich enorm interessant geworden war. Der eine Kameramann schob sich näher an Fried heran, um dessen Reaktionen aus einem besseren Bildwinkel einzufangen, der zweite folgte sofort.
    Arthur Fried sah O’Rourke nicht an. Er starrte auf Tom Gallagher, der seinen Blick ebenso konsterniert erwiderte. In ihren Gesichtern spiegelten sich ungläubiges Staunen und die verzweifelte Anstrengung, die

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