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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Dschungel der Genehmigungen.
    Nachdem weitere zwanzig Minuten verstrichen waren, wollte Lia gehen. Sie wandte sich gerade zum Ausgang, als der ältere Polizist sie an den Wartenden vorbei zum Schalter winkte.
    »Versuchen wir es noch einmal«, sagte er und wählte eine Nummer.
    Diesmal wurde sofort abgenommen. Der Polizist erklärte, worum es ging. Die Antwort fiel ganz offenbar negativ aus. Doch der Polizist zwinkerte Lia zu und sagte: »Hör mal, Gerrish, du hast es heute doch auch nicht eiliger als an anderen Tagen. Die junge Dame hier sagt, sie würde sich mit ihren Fragen beeilen. Meiner Meinung nach sieht sie aus wie jemand, der meint, was er sagt. S-3, würde ich meinen.«
    Lia hob neugierig die Augenbrauen, als sie den Code hörte. Der Polizist legte zufrieden auf.
    »Er gibt Ihnen fünfzehn Minuten«, sagte er zu Lia.
    Sie reichte ihm die Hand.
    »Lia Pajala«, stellte sie sich noch einmal vor. »Grafikerin aus Finnland.«
    »Lionel Rowe«, antwortete der Mann. »Polizist aus Croydon.«
    Ein paar Minuten später erschien ein etwa dreißigjähriger Polizeibeamter im Empfangsraum. Lionel Rowe wies ihm den Weg zu Lia, die etwas abseits wartete.
    »Chief Inspector Peter Gerrish. Worum geht es?«
    »Ich möchte Ihnen ein paar Fragen zu dem Mordfall Holborn Street stellen.«
    »Warum?«
    Lia schluckte. Sie hatte sich eine treffende Antwort auf diese zu erwartende Frage zurechtgelegt, doch als sie jetzt vor dem ungeduldigen Ermittler stand, wollte sie ihr nicht einfallen.
    »Ich habe viel über den Fall nachgedacht«, stieß sie hervor.
    »Hoffentlich sind sie nicht eine von denen, die glauben, der Mörder sei ihnen im Traum erschienen«, sagte Gerrish. Sein Tonfall verriet, dass er schon einigen Menschen dieser Art begegnet war.
    »Nein«, erwiderte Lia. »Bitte, geben Sie mir fünfzehn Minuten.«
    Der Ermittler sah sie prüfend an.
    »Der immer kahler werdende Alte hinter dem Schalter ist einer der besten Polizisten, die ich kenne. Wenn Lionel Rowe meint, ich müsse Ihnen erlauben, nach den Ermittlungen zu fragen, bin ich geneigt, es zu tun. Kommen Sie mit.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, machte Gerrish kehrt. Lia eilte ihm nach und sie gingen in raschem Tempo bis zur anderen Seite des Gebäudes, durch eine Tür, die Gerrish mit seiner Schlüsselkarte öffnete, dann zwei Treppen hinauf. Lia sah in der Eile vom Flur nicht viel mehr als das Schild an der Tür, das zu Gerrishs Dienstzimmer führte: Major Investigations Team.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte Gerrish, als sie am Ziel waren. »Und fragen Sie.«
    Das Zimmer war voller Papiere und Ordner. Lia setzte sich auf den Besucherstuhl, dessen Bezug so verschlissen war, dass die Polsterung durchschien.
    »Ich habe den Wagen in der Holborn Street gesehen, allerdings nur vom Bus aus. Als Augenzeugin bin ich also unbrauchbar«, begann Lia.
    »Haben Sie die Leiche gesehen?«
    »Nein. Aber der Fall geht mir nicht aus dem Kopf, und ich will mich danach erkundigen, weil … vielleicht, weil es nur recht und billig ist, dass auch eine Außenstehende an die Frau denkt.«
    Gerrish sah Lia ernst an, sagte aber nichts.
    »Ich habe alle Nachrichten über den Fall gelesen, aber die waren nicht sehr informativ. Haben Sie inzwischen festgestellt, wer sie war?«
    Gerrish seufzte. Sein Gesicht verdüsterte sich.
    »Es war ein unglaublich brutaler Mord«, erklärte er. »Außergewöhnlich ist auch, dass die Leiche am frühen Morgen während der Rushhour mitten in die City gebracht wurde und dass die Ermittlungen trotzdem schwierig sind. Wir haben die Fristen, die uns gesetzt wurden, immer wieder überschritten. Ich werde erneut eine Verlängerung beantragen. Genügt Ihnen das?«
    Lia schüttelte den Kopf.
    »Es tut mir leid, dass ich Ihre Zeit in Anspruch nehme. Ich bin nicht verrückt und habe auch keine Schwäche für Kriminelle. Wenn Sie mir nichts erzählen wollen, gehe ich eben wieder.«
    »Sind Sie Journalistin?«, fragte Gerrish.
    »Nein.« Lia zog es vor, nicht zu erwähnen, dass sie bei Level arbeitete. »Ich bin Grafikerin. Ein ganz normaler Mensch, der sich über diesen Fall den Kopf zerbricht.«
    Gerrish bat Lia um ihren Ausweis und tippte ihre Personenkennziffer in seinen Computer. Er gab ihr den Ausweis nicht gleich zurück, sondern betrachtete ihn nachdenklich.
    »Alle Türme Londons«, sagte er langsam.
    Lia starrte ihn verwundert an, und er fuhr fort: »Alle Türme Londons, alle Uhren Londons. Alle Leiden Londons, alle Ängste Londons.«
    »Was ist das?«, fragte

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