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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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führte er aus. S-5 sei das, was man allen erzählte. »S-3 ist das, was ich zuverlässigen Reportern anvertraue. Diese Stufe gilt nur für Vertreter seriöser Medien, mit denen wir kooperieren. Was ich Ihnen erzählt habe, ist alles, was ich diesen Medien derzeit sagen könnte. Aber wissen Sie, kein Journalist fragt mehr nach diesem Fall. Es interessiert sie nicht mehr.«
    »Und das Auto?«, versuchte Lia weiterzubohren.
    »Das hat uns nicht weitergebracht«, antwortete Gerrish ungeduldig.
    Dass der Wagen in der Nacht vor dem Leichenfund in Kensington gestohlen worden sei, bestätige lediglich, dass es sich um eine geplante Tat handele. Und die Fingerabdrücke im Auto seien bei der Polizei nicht registriert. Gerrish erzählte, dass die fast siebzigjährige Besitzerin, als sie erfahren habe, wozu ihr Volvo benutzt worden war, einen schweren Schock erlitten habe und vorübergehend zu ihrer Tochter habe ziehen müssen. Er erklärte Lia außerdem, dass in London täglich Dutzende Autos gestohlen und zum Teil bei Verbrechen verwendet würden, was hieße, dass der gestohlene Wagen zwar auf einen Berufsverbrecher hindeute, aber dennoch kein stichhaltiger Beweis sei.
    Lia stand auf und bedankte sich für die Informationen und die Zeit, die Gerrish ihr geopfert hatte. Doch eben in jenem Moment, als sie sich abwenden wollte, fiel ihr Blick auf drei durchsichtige, luftdicht verschlossene Plastikbeutel, die zwischen einigen Papierstapeln auf dem Nebentisch lagen. Sie enthielten schmutzige Papier- und Stoffstückchen und etwas kleines Metallisches.
    »Sind das ihre Sachen?«, fragte sie.
    Gerrish zögerte, stand dann auf und legte die Beutel oben auf einen Stapel.
    »Das ist alles, was von ihr geblieben ist, außer der Leiche«, sagte er. »Die Beutel sind S-2, geheim. Aber nach allem, was Sie schon gehört haben, spielt das wohl auch keine Rolle mehr.«
    Lia wagte nicht, die Beutel anzufassen, beugte sich aber vor, um den Inhalt anzusehen. Stofffetzen und ein Taschentuch, von Blut dunkel gefärbt. Ein kleiner Schlüssel, eine Halskette mit herzförmigem Anhänger und irgendwelche Plastikstücke. Erst nach einer Weile erkannte Lia, dass es sich um Teile eines Kamms handelte. Zinken und ein Griff, der mit Perlmutt verziert war. Das Perlmuttmuster stellte einfache, weiße Blumen dar. Margeriten, vermutete sie.
    »Der Schlüssel hat uns nicht weitergeholfen. Auch das andere Zeug nicht. Wir können ja nicht einmal sicher sein, dass die Sachen überhaupt der Frau gehört haben. Vielleicht hat der Typ einen Schlüssel mit aufgeschaufelt, der irgendwem aus der Tasche gefallen war.«
    Im Gehen fragte Lia noch: »Welche Dinge gehören denn in die Klasse S-1?«
    »Das sage ich Ihnen nicht.«
    »Ich nehme an, das Wissen oder der Verdacht, wer die Frau getötet hat. Und natürlich die Leiche?«, überlegte Lia laut.
    Gerrish lächelte unverbindlich.
    »Haben Sie zu diesem Fall viel S-1?«, fragte Lia.
    »S-1? Nie davon gehört.«

16.
    Lia hatte bei der Polizei zu viel erfahren, um es am Telefon zu besprechen. Gleich nach Feierabend ging sie ins Studio.
    Mari hörte aufmerksam zu und stellte Fragen. Hatte der Polizist gesagt, welche Farbe der Nagellack hatte? Oder zu welcher Preisklasse das Make-up gehörte?
    »Nein, und ich habe nicht daran gedacht, nachzufragen«, sagte Lia bedauernd.
    »Wahrscheinlich ist es unwichtig, sonst hätte er es erwähnt. Die leisten dort gute Arbeit. Finden selbst durch kleine Details vieles heraus. Toll, dass er dir all das erzählt hat.«
    »Das wundert mich eigentlich. Ich hätte doch irgendeine Sensationsjägerin sein können, die alles brühwarm ins Internet stellt.«
    »Aus irgendeinem Grund hat er beschlossen, bei dir eine Ausnahme zu machen. Polizisten entwickeln eine gute Menschenkenntnis. Man hat dich in dieselbe Kategorie eingestuft wie vertrauenswürdige Journalisten.«
    Wahrscheinlich habe bei der Entscheidung auch eine Rolle gespielt, dass der Fall schon so weit zurücklag und immer noch ungelöst war, meinte Mari weiter.
    »Wenn du schon damals im Mai hingegangen wärst, hätten sie dich bestimmt abgewiesen. Aber jetzt hast du sie neugierig gemacht: Warum fragt jemand Monate später nach dem Fall? Im Moment grasen sie bestimmt alle Register nach Informationen über dich ab.«
    »Zum Glück werden sie nichts Besonderes finden«, sagte Lia.
    Nachdem sie Details gehört hatte, die noch nicht öffentlich bekannt waren, berührte sie der Fall Holborn Street noch mehr. »Hast du eine Idee, was wir tun

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