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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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können?«, fragte sie.
    »Da die Polizei die legal eingereisten Lettinnen überprüft, bleiben uns die Illegalen«, überlegte Mari. »Aber das wird wohl ein ziemliches Dickicht sein. Frauen, die heimlich ins Land gekommen sind oder gebracht wurden, sind hauptsächlich Prostituierte. Die meisten sind sicher in London, aber in anderen englischen Städten gibt es bestimmt auch einige. Ich würde annehmen, dass viele von ihnen im Verborgenen leben, vor allem, wenn sie in einem Bordell oder für einen Zuhälter arbeiten.«
    »Also eine unmögliche Aufgabe«, seufzte Lia.
    »Wahrscheinlich hat die Frau im Großraum London gelebt«, fuhr Mari nachdenklich fort, als hätte sie Lias Einwurf gar nicht gehört. »Das ist nur eine Vermutung, aber irgendwo muss man ja anfangen. Wie kann man nur die Spur dieser Lettin finden?« Mari hielt einen Moment inne, sie schien nachzudenken. Plötzlich sah sie begeistert zu Lia auf: »Eigentlich ist es klar, es kann nur funktionieren, indem man Dinge tut, die sie getan hat!«
    »Aber eine Lettin tut doch in England nicht unbedingt etwas, was mit ihrer Heimat zu tun hat«, wandte Lia ein. »Ich tue doch auch nichts speziell Finnisches.«
    »Das sind alles nur Vermutungen«, sagte Mari. »Aber möglicherweise ist den hier lebenden Letten die eigene Kultur wichtiger als dir die finnische.«
    »Wieso?«
    Die lettische Unabhängigkeit sei noch jung, erklärte Mari. Für die kleinen baltischen Nationen sei deren Kultur ein wichtiges Band. Auch in London könne sich eine Lettin für kurze Zeit wie zu Hause fühlen: durch Essen, durch Feste.
    »Vielleicht hat sie sich nach heimatlichen Speisen gesehnt und ist deshalb irgendwo eingekehrt, wo andere Balten oder auch Russen hingehen.«
    »Das klingt einleuchtend«, gab Lia zu.
    »Wenn sie illegal hier war, ist sie wahrscheinlich nicht in die slawischen Restaurants gegangen, denn die sind teuer«, fuhr Mari fort. »Aber vielleicht hat sie in Läden eingekauft, die osteuropäisches Essen anbieten, oder ist in Bars gegangen, in denen sich osteuropäische Prostituierte aufhalten oder in denen Balten ihre Freizeit verbringen?«
    »Sollten wir lettische Freudenmädchen suchen?«
    »Nein, wir sollten das nicht«, entgegnete Mari. »Das ist dein Fall, und es ist deine Sache, ob du damit weitermachen willst. Ich muss mich auf Arthur Fried konzentrieren.«
    Lia überlegte. »Ich muss also herausfinden, wo es solche Läden und Nachtclubs gibt, und …«
    »Ehrlich gesagt, würde Maggie das viel schneller schaffen«, unterbrach Mari sie.
    Lia fragte sich, ob sie beleidigt sein sollte – immerhin arbeitete sie bei einer Zeitschrift, für die Informationsbeschaffung zum Alltag gehörte –, kam aber zu dem Schluss, dass sie sich keine Eitelkeit leisten konnte.
    »Du kannst inzwischen mit den Presseberichten über Arthur Fried weitermachen. In dem Bereich bist du definitiv die Beste. Ich erhoffe mir viel davon«, sagte Mari.
    Sie schiebt mich hin und her wie eine Spielfigur. Und irgendwie … gefällt es mir.
    Lia saß noch spätnachts in der Redaktion und las sich durch die zahllosen Artikel über Arthur Fried.
    Ab Mitternacht wurde es anstrengend. Die Augen taten ihr weh. Sie war von Kaffee zu Tee und schließlich zu Wasser übergegangen, weil ihr Magen rebellierte. In Gedanken ordnete sie die Artikel, die sie las, in drei Kategorien ein: normal, überflüssig und lächerlich. Die normalen waren Routinemeldungen. Die überflüssigen waren nutzlos. In den lächerlichen durften Fried und seine Partei verzapfen, was sie wollten, weil der Journalist sich nicht die Mühe gemacht hatte, die Fakten nachzuprüfen.
    Lia hatte gerade eine kurze Nachricht in der Lokalzeitung Lincolnshire Echo überflogen und festgestellt, dass sie nichts mit Fried zu tun hatte. Bei der Archivsuche war wohl ein Fehler passiert. Also ab in die Gruppe Überflüssiges.
    Irgendetwas veranlasste sie jedoch, den Text noch einmal anzusehen. KONKURSWELLE ERFASST SECHS UNT ERNEHMEN , lautete die Überschrift. Als sie den Text noch einmal sorgfältig las, erkannte Lia, wieso die Suchmaschine ihr diesen Artikel geliefert hatte: Unter den sechs Firmen waren die beiden Unternehmen, die Fried gegründet hatte.
    Die Firmen Gordion und Fellowship Ltd. waren in Lincoln angesiedelt gewesen, einer Stadt rund 150 Kilometer nördlich von London. Der Zeitung zufolge hatte die örtliche Handelskammer besorgt festgestellt, dass Konkurse kleiner und mittelgroßer Unternehmen häufiger geworden waren; sechs

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