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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Beispiele wurden namentlich erwähnt.
    In den anderen Reportagen über Arthur Fried war von Konkursen keine Rede gewesen. Als Parteiführer hatte Fried regelmäßig seine Bindungen offenlegen müssen; Gordionund Fellowship Ltd. tauchten jedes Jahr in diesen Erklärungen auf.
    Lia nahm die Aufstellung der wichtigsten Fakten über Fried zur Hand, die Mari ihr gegeben hatte. Tatsächlich: Noch im letzten Jahr hatte Fried angegeben, beide Unternehmen zu besitzen.
    Was die Nachricht des Lincolnshire Echo in der Praxis bedeutete, wusste Lia nicht. Wahrscheinlich gab es bei Konkursen juristische Abläufe, die sie nicht kannte, und sie war zu müde, um der Sache genauer nachzugehen. Aber als sie mit der U-Bahn nach Hause fuhr, spürte sie, dass sich vor ihren Augen gerade ein kleiner Riss in Arthur Frieds Geschichte aufgetan hatte.
    Ist es das, was Mari an ihren Recherchen reizt? Das Gefühl, durch Wissen Macht über einen Menschen zu gewinnen?
    Gleich am Morgen rief Lia Mari an und berichtete von ihrem Fund.
    »Tatsächlich? Beide in Konkurs gegangen?«
    Mari überlegte laut, wie das möglich sein konnte. Sie hatte Frieds Angaben im Unternehmensregister gelesen, wo nichts von Konkursen oder auch nur von einer Unterbrechung der Tätigkeit stand. Beide Firmen waren aktiv, hatten Webseiten, Kunden – ein Bild von Kontinuität.
    Lia musste sich wieder auf ihre Arbeit konzentrieren. Inzwischen würde Mari weitere Nachforschungen anstellen. »Danke, Lia«, sagte sie.
    Sie trafen sich am Abend im Studio. Es war Mari anzusehen, dass sie Erfolg gehabt hatte.
    »Deine Entdeckung ist eine echte Bombe«, sagte sie.
    Die Papierstapel auf dem Schreibtisch verrieten, dass sich reichlich Informationen gefunden hatten. Mari und Rico hatten den ganzen Tag an der Sache gearbeitet.
    »Setz dich und trink ein Glas Wein«, forderte Mari Lia auf und begann mit ihrem Bericht.
    Arthur Fried hatte die Firmen, beides Kapitalgesellschaften, vor Jahren gegründet. Für Gordion verzeichnete das Unternehmensregister die Geschäftsbereiche Immobilienhandel und Datenverkehr, bei Fellowship Ltd. waren es Consulting, Tourismusservice und Logistik.
    »Fantastische Geschäftsbereiche, denn damit kann man fast jede Tätigkeit abdecken«, merkte Mari an.
    Als Standort war Lincoln angegeben, später wurde dem Register die Angabe hinzugefügt, dass das Aktienkapital der Firma aufgestockt worden und neben Fried selber als zweite Hauptaktionärin Anna Belle Fried hinzugekommen war.
    »Um diese Zeit haben die beiden geheiratet.«
    Aus den Registern des örtlichen Arbeitsamts ging hervor, dass bei Gordion sechzehn und bei Fellowship neun Mitarbeiter gemeldet waren. Deshalb hatten beide Firmen regionale Fördergelder erhalten. Die Bilanzen der ersten Jahre, die den Behörden vorgelegt worden waren, wiesen die Unternehmen als erfolgreich aus. Gordion hatte in einem Jahr sogar eine halbe Million Pfund Gewinn erzielt.
    »Aber dann, wie du im Lincolnshire Echo entdeckt hast, wurde den örtlichen Behörden mitgeteilt, dass die Firmen Konkurs machen. Einfach so.«
    Dem landesweiten Unternehmensregister waren die Konkurse nie gemeldet worden. Dafür hatte Fried einen gewichtigen Grund: Nachdem er in Lincoln mitgeteilt hatte, dass seine Firmen pleite waren, hatte er nicht nur die Unternehmensförderung nicht zurückerstatten müssen, darüber hinaus war er für mindestens ein halbes Jahr von der Kommunalsteuer befreit worden. Das war die übliche Praxis, sofern niemand nachweisen konnte, dass ein Konkurs auf Unehrlichkeit oder schwere Versäumnisse zurückzuführen war.
    »Ein paar Wochen später ging die Geschichte der Unternehmen weiter.«
    Lia hörte deutlich, dass Mari ihren Bericht und die Arbeit, die dahintersteckte, genoss.
    Gordion und Fellowship Ltd. waren nach London verlegt worden. Das war aus den Behördenregistern von Groß-London ersichtlich, wo alle ansässigen Unternehmen ihre Mitarbeiter und ihre Tätigkeit melden mussten.
    »In der Praxis waren es dieselben Firmen, nur hatten sie teilweise neue Mitarbeiter und natürlich neue Räume.«
    »Die Firmen haben ihre Tätigkeit also nie eingestellt«, fasste Lia zusammen.
    »Genau«, sagte Mari. »Eigentlich dürfte das gar nicht möglich sein.«
    Doch sie hatte einen Verdacht, wie Fried das System ausgetrickst hatte. Den Mitarbeitern war mitgeteilt worden, die Firmen würden nach London verlegt. Gegenüber den Behörden in Lincoln hatte Fried wahrscheinlich behauptet, er habe alle erforderlichen Meldungen zum

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