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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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Veranstaltung war ihr bewusst geworden, wie widerwärtig ihr die Vorstellung war, dass Fried mit seinem Trupp tatsächlich ins Parlament einziehen könnte.
    Sie wunderte sich, wie ein Parlamentssitz für Fair Rule überhaupt denkbar war. Die Partei würde im Parlament nicht viel erreichen können, denn die anderen Abgeordneten waren allergisch gegen ihre Positionen.
    »Sicher empfinden viele ihre Ideen als verletzend. Aber das hindert die Partei nicht daran, zu wachsen«, stellte Mari fest.
    Der Aufstieg rechtsradikaler kleiner Parteien sei eine der größten politischen Veränderungen, die Europa in den letzten Jahren erlebt hatte. Mari zählte Länder auf, wo Gruppen wie die Fair Rule in Stadträte und Parlamente eingezogen waren, darunter Frankreich, Holland, Österreich, Ungarn, die Schweiz, Italien, Bulgarien, die Slowakei, Dänemark, Schweden oder Norwegen. Natürlich waren die Parteien in den einzelnen Ländern verschieden, glichen sich aber in zwei Punkten: Erstens gruppierten sie sich um eine starke Leitfigur, und zweitens lehnten sie Migranten, ethnische Minderheiten und Homosexuelle ab. Mari erinnerte Lia daran, dass es dieses Phänomen auch in Finnland gab. Die Partei der Wahren Finnen war zwar nicht rechtsextremistisch, aber populistisch, reaktionär und rassistisch war auch sie.
    »Das Problem ist, dass viele Menschen denken, man müsse den Dingen ihren Lauf lassen«, sagte Mari. »Selbst wenn Schlimmes geschieht, mischt man sich nicht ein. Man beruft sich auf die Redefreiheit und auf die Höflichkeit im Umgang mit anderen. Deshalb können Leute wie Fried und seine Anhänger praktisch alles sagen und tun, was sie wollen.«
    Vor allem gebildete Frauen wie Lia und sie selbst seien in der Regel gegen die Ideen, die Fair Rule und ähnliche Gruppierungen verbreiteten. Aber die meisten unternähmen dennoch nichts gegen das Problem.
    »Ich sehe nicht untätig zu, wie Fair Rule wächst. Einige Dinge müssen geschützt werden. Der soziale Friede zum Beispiel.«
    Lia nickte betroffen. In Maris Beschreibung hatte sie ihre eigene Unwilligkeit, sich einzumischen, erkannt.
    Sie müssten näher an die Tätigkeit der Fair Rule herankommen, meinte Mari. Inzwischen hätten sie praktisch alles durchgesehen, was über Fried geschrieben worden war. Sie brauchten weiteres Material. Jemand müsse die Arbeit der Partei aus der Nähe beobachten.
    »Zum Beispiel als freiwilliger Helfer«, präzisierte sie. »Davon hast du ja einige in der Eishalle gesehen, oder?«
    Lia brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, worauf Mari hinauswollte.
    »Ich soll mich den Leuten von Fair Rule anschließen?«
    »Wenn du möchtest. Sonst finden wir einen anderen.«
    »Ich will mit den Typen nichts zu schaffen haben«, sagte Lia. »Was könnte ich da schon tun? Wäre das nicht eher etwas für Paddy?«
    Paddy wäre im Prinzip der Richtige für diese Aufgabe, räumte Mari ein. Als großer, kurzhaariger Mann hätte er ins Bild gepasst. Aber Paddy sei oft und dann lange Zeit mit anderen Aufträgen beschäftigt. Außerdem vermeide er Einsätze, bei denen er in eigener Person mit Menschen in Kontakt kam. Das vertrage sich nicht mit seiner Arbeit als Privatdetektiv.
    Mari erklärte, weshalb Lia für die Aufgabe geeignet war. Sie wirke so normal, dass sie keinen Verdacht wecken würde. In der Eishalle hätte sie bereits einige Mitglieder der Partei kennengelernt. Und jede Partei würde eine Freiwillige, die etwas von grafischem Design verstand, mit offenen Armen aufnehmen. Parteien bräuchten Plakate, Flugblätter, Pressemitteilungen und Webseiten.
    »Außerdem – wenn du als Beobachterin dort bist, habe ich das Gefühl, ich würde alles mit eigenen Augen sehen. Du betrachtest die Welt ähnlich wie ich.«
    Lia verstand ihre Argumente, zögerte aber immer noch.
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich hab so etwas noch nie getan. Spioniert.«
    »Ich weiß«, sagte Mari. »Es verlangt auch niemand von dir. Ich biete dir nur die Möglichkeit. Wir haben doch ausgemacht, dass du immer selbst entscheiden kannst, was du tust.«
    Lia überlegte eine Weile.
    Ich bin verrückt. Mari ist verrückt. Aber ich mache es.
    »Okay«, seufzte sie. »Aber wenn es mir zu schwierig wird, denken wir uns etwas anderes aus.«
    Diesmal wollte Lia sich keine komplizierte Hintergrundgeschichte zurechtlegen. Vielleicht war ihre eigene Geschichte gut genug.
    »Hmm, kann sein, aber über ein paar grundlegende Dinge müssen wir nachdenken«, sagte Mari, als sie nach einem kurzen

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