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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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Audioinformation codiert einen Zeitstempel,
der nicht verändert oder manipuliert werden kann, ohne die gesamte Nachricht zu
zerstören oder unbrauchbar zu machen.«
    »Sehr interessant, das wusste ich nicht.«
    »Seien Sie deshalb nicht beunruhigt, mein lieber Robert, das
kann schon mal vorkommen.« Der Tonfall, in dem der Alte das sagte, war neutral
und enthielt sehr zu Roberts Erstaunen keinerlei Andeutung von Gehässigkeit. »Also,
wo war ich?«
    »Zeitstempel.«
    »Für jemanden, der diese technischen Hintergründe kannte,
war es natürlich ein Leichtes, die echte der beiden Botschaften herauszufinden.
Die, die dem Gericht anonym zugespielt wurde, war es nicht.«
    »Ich wusste es!«, rief Robert triumphierend, dass die Gäste an
den Nebentischen zusammenzuckten.
    »Wer immer die zweite Nachricht manipuliert hatte, war
ziemlich dilettantisch vorgegangen. Sie hatten zwar die Stimme so verzerrt und
verändert, dass sie der von Karen beinahe bis in die kleinsten Oberwellen glich,
doch die Sache mit der versteckten Zeitsignatur, die in der Fälschung natürlich
wesentlich jüngeren Datums war, war ihnen komplett entgangen.«
    »Was passierte dann mit Karen?«
    »Was denken Sie? Zählen Sie eins und eins zusammen.« Er sah
Robert an.
    Dieser grübelte einen Augenblick, bevor er sagte: »Freispruch.«
    »Genauso verhielt es sich. Der Vorfall wurde nicht in ihre Akte
aufgenommen, doch leider, sehr zum Bedauern vieler, mich selbst eingeschlossen,
bekam sie nie wieder ein Kommando.«
    »Traurig.«
    »Vor allem für diejenigen, die Karens Karriere vermasselt
und ihr Leben zerstört haben. Es ist eine gefährliche Mischung aus einem Zuviel
an Hass, einer Überdosis Egoismus und einer viel zu geringen Dosis Empathie,
die bei diesen Menschen – kann man sie noch als Menschen bezeichnen? – Probleme
verursachen, die sie dann anderen spüren lassen. Ich empfinde eigentlich nur
Bedauern für so geartete Personen.«
    Robert starrte auf den Tisch. Er wusste nicht, ob er absichtlich
genickt hatte oder ob sein Kopf unwillkürlich auf und ab wippte.
    »Dann noch die Ironie, junger Freund, diese furchtbare
Ironie. Karens Traum zum Mars zu fliegen und dort als erste diesen zu betreten,
wurde wahr. Doch diese Tatsache hat nie jemals jemand erfahren. In all den
Jahren nicht.«
    Robert spürte, wie ihn aus heiterem Himmel, der hier draußen
allerdings in beständigem Schwarz glänzte, eine unangekündigte Welle von
Melancholie zu überrollen begann. »Ich überlege gerade. – Im Zusammenhang mit
Mars One ist mir nur der Name Jacqueline Lambert in Erinnerung.«
    »Bitte, da sehen Sie, wie gut die Vertuschungsaktion in der
Berichterstattung funktioniert hat und wie schlecht die Augen von vier
Milliarden Menschen sind.«
    »Wie meinen Sie das?« Roberts Pupillen weiteten sich und für
einen Augenblick dachte er, der Alte hätte sich aus seinem Schärfebereich
gestohlen, da er ihn nur noch verschwommen wahrnahm.
    »Vier Milliarden sahen den ersten Marsspaziergang in der Beinahe-Lifeübertragung.
Sie sahen zu, wie Karen neben der Leiter stand, bevor sie zurück an Bord
kletterte; jeder, der sehen konnte, funktionierende Gehirnzellen besaß und die
vier Grundrechnungsarten beherrschte, hätte es an den Sprossen abzählen können,
dass es nicht Jacqueline sein konnte.«
    »Warum?«
    »Sie fragen mich warum? Immer
wenn ihr Journalisten nicht weiter wisst, kramt ihr eine von euren W-Fragen
hervor. Ich kann Ihnen sagen, warum. Weil Jacqueline einen Meter fünfundsiebzig
groß war und damit Karen um gut elf Zentimeter überragte.«
    Interplanetares
Raumdock Phobos, 2093
    ›Interplanetares Raumdock Phobos‹
stand in leuchtenden Lettern über der Sicherheits- und Pass-Kontrolle des
interplanetaren Raumdock Phobos’. Der Begriff ›interplanetar‹ schien ihm etwas
übertrieben. Soviel er wusste, dockten hier doch nur Schiffe von der Erde an, vermutlich
auch vom Mond und natürlich vom Mars – also vielleicht doch ›interplanetar‹. Der
Beamte am Einreiseschalter machte auf Robert den Eindruck, etwas grün im
Gesicht zu sein, doch dieser führte das auf seine Vorliebe für billige antiquierte
Science-Fiction und seinen Hang zu schwer auslöschbaren Vorurteilen zurück. Vermutlich
lag es an der kaum vorhandenen Gravitation, an der miserablen Beleuchtung oder
an beidem. Nachdem der Sicherheitsoffizier pflichtbewusst Roberts Dokumente
überprüft hatte, drückte er ihm noch den elektronischen ›Mars – Welcome to the
Red Planet, Phobos

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