Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
nachgehen.«
Sie bemerkte, wie sein Blick ihren Körper abtastete, und
meinte, einen Anflug von Überheblichkeit in seinem Gesicht zu sehen.
»Ich werde Sie natürlich über unsere weiteren Erkenntnisse,
sollte es solche geben, auf dem Laufenden halten, aber wie ich schon sagte,
Künstliche mit den von Ihnen genannten Seriennummern konnten wir bisher in
keiner Datenbank finden. – Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.« Damit
ließ sich Adler selbst zur Tür hinaus.
»Ebenfalls«, entgegnete sie, doch da war die Tür schon ins
Schloss gefallen und vom System verriegelt worden.
Das war wieder so typisch.
Immer wenn ein Fall die Kompetenzen der Security zu übersteigen schien, griffen
die Typen zur einfachsten sich bietenden Lösung – die Person, die die Anzeige
erstattet hatte, war selbst schuld. Wofür gab es diesen sinnlosen Verein
eigentlich, ärgerte sich Karen. Oder war es nur ein Projekt zur
Arbeitsplatzschaffung – eines von vielen?
Houston, einige Tage
später
Als sie in dem Raum aus
dimensionslosem Weiß im Trainigscenter in Houston wartete, stellte sie, sehr zu
ihrem Entsetzen, fest, dass sie ihre Nervosität nicht kontrollieren konnte. Sie
spürte, wie ihr Herz den so liebgewonnenen Rhythmus von sechzig Schlägen pro
Minuten zugunsten des aggressiveren fünfundsiebzig Beat Taktes aufgegeben
hatte.
»Bitte, Ms McDonnel«, tönte die vertraute Stimme George Lows
von den Wänden.
Karen erhob sich in ihrer dunkelblauen Astronautenuniform
und ging energisch, als könne sie damit ihr schwindendes Selbstvertrauen
kompensieren, in den Raum der Kommission.
»Liebe Ms McDonnel! Wie Sie sicher den Medien entnommen
haben, hat sich auf der Tsiolkovsky-Basis eine sehr unschöne Sache zugetragen,
manche sprechen sogar von Mord.«
Karen nickte.
»Wir wollen«, er blickte in die Runde, »und wir können der
Untersuchungskommission in diesem Fall natürlich nicht vorgreifen und eine
Entscheidung durch bloße Vermutungen herbeiführen. Alles, was wir tun können,
ist, die Security in ihrem Bestreben, die Wahrheit ans Licht zu bringen, zu
unterstützen, so gut wie es uns möglich ist.«
Dieses Mal kam das Nicken von den Damen und Herren der
Kommission.
»Das Einzige, was feststeht, und in diesem Fall sind mir die
Hände gebunden«, und dabei blickte er mit den Augen eines Habichts auf Karens
schmale Handgelenke, als könnte er von ihnen ablesen, was sie daran gehindert
hatte, ihren ursprünglichen Termin wahrzunehmen, »ist, dass wir niemanden das
Kommando über Mars One übertragen können, egal wie qualifiziert diese Person
auch sein mag, wenn sie auch nur andeutungsweise in einen Skandal wie auf Tsiolkovsky
verwickelt ist.«
Wieder ein zustimmendes Kopfnicken von Karen.
»Es ist vermutlich ohnehin ein offenes Geheimnis, dass
Shannon Parker unsere erste Wahl gewesen wäre.«
Karen war nicht überrascht. Aufgrund von Shannons Ausbildung
und langjähriger Erfahrung sowohl auf der Erde als auch auf dem Mond, war es nahezu
unausweichlich, dass die Wahl auf sie gefallen war.
»Da Sie zu ihrem ersten Termin leider verhindert gewesen
waren, hat sich die Kommission dazu entschlossen, Sie ein weiters Mal einzuladen.
Und nun, Ms McDonnel, stelle ich Ihnen dieselben Fragen, die ich auch allen
anderen Kandidatinnen gestellt habe: Wie stellen Sie sich Ihre Position als
Kommandantin vor? Was empfinden Sie bei dem Gedanken, als Vertreterin des Planeten
Erde als erste Ihren Fuß auf den Mars zu setzen? Denken Sie, dass sie Menschen
aller Hautfarben, aller Religionen und aller Altersgruppen zu repräsentieren im
Stande sind? Warum glauben Sie, dass Sie die Beste für diesen Job sind? Und,
was ist Ihnen an der Mission so wichtig, dass Sie sich als Kommandantin dafür
beworben haben?« Low legte die Stirn in Falten.
»Sehr geehrte …«, krächzte Karen und räusperte sich, ehe sie
fortfuhr, »… Damen und Herren der Kommission …« Nur langsam fand sie in ihren
Rhythmus zurück, in einen Rhythmus, der zu ihr gehörte wie ihr verschmitztes
Lachen und ihre Besonnenheit, der Teil ihres Wesens war, der ihre
Persönlichkeit ausmachte, der in den letzten Tagen und Wochen außer Tritt
geraten und verloren gegangen schien. Langsam gelang es ihr, seine dünne Fährte
wieder aufzunehmen, ihn zu verfolgen, sich ihm anzunähern und mit ihm zu verschmelzen
wie ein Schlagwerker mit seinen Percussions. Vor den neugierigen Augen des
Auswahlkomitees stand sie, wusste gar nicht mehr, wie lange schon, und redete
und
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