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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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generöses
Lächeln über den Screen zu schicken.
    »Ich danke Ihnen …«, kam es von Karen, und während sie noch
überlegte, wie sie den Satz sinnvoll beenden sollte, nahm der Screen auch schon
wieder die Farbe der ihn umgebenden Wand an. Wie festgenagelt hingen ihre Augen
an der leeren Wand, ihre Beine begannen zu zittern und gaben unter ihr nach.
Sie sackte auf den Boden, rollte sich zusammen wie ein Embryo, umklammerte mit
aller Kraft ihre Knie und begann hemmungslos zu heulen. Ihr Leib bebte unter
ihren heftigen Emotionen. Abwechselnd heiß und kalt liefen die Schauer durch
ihren Körper. Es wird nicht passieren, ging es ihr durch den Kopf. War es wirklich
geschehen, was sie gerade erlebt hatte? Bekam Sie noch eine Chance? Noch eine
Chance in diesem Leben? Weinkrämpfe schüttelten sie, ließen ihren Körper zittern
und unkontrolliert zusammenzucken. Es wird nicht passieren. Sie lag einfach nur
da und ließ es geschehen, ließ die Gefühle heraus, die seit ihrem Kidnapping
von ihr Besitz ergriffen hatten, vertrieb die finsteren Gestalten, ließ die
dunklen Geister aus ihrem Innersten entweichen. Gerne wäre sie wieder die Person
gewesen, die sie vor diesem achtundvierzigstündigen Albtraum gewesen war –
Karen, die selbstbewusste und charmante Astronautin. War dies der erste
Schritt?
    Die digitale Nadel an ihrem
Stimmungsbarometer sprengte ohne jede Vorwarnung das positive Ende der Skala.
Die erste Frau am Mars zu werden war wieder in greifbare Nähe gerückt, es war
wieder eine von vielen Varianten, wie eine mögliche Zukunft aussehen konnte. Sie
trocknete ihre Tränen und gleich darauf umrahmte ein schwaches Lächeln ihre
Lippen. Zum Glück hatte sie in diesen Minuten niemand gesehen; die Frau, die möglicherweise
bald Geschichte schreiben würde. »Und es passiert doch. Es passiert, es
passiert, es passiert«, sprach sie wie ein Mantra vor sich hin. Dann wischte sie
den grünen Tee auf und öffnete eine Flasche Rotwein.
    »Ich habe Ihnen die Geschichte nun schon hundertmal erzählt«,
sagte Karen ungehalten, als Lieutenant Commander James Adler von der San
Francisco Bay Security sie erneut zu den Details ihrer seltsamen Kidnapper befragte.
    »Fünfmal, um genau zu sein«, sagte Adler gelassen, »aber ich
weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, bei jedem Mal wird die Geschichte um
ein paar Details reicher und damit für uns eindeutiger und hilfreicher.«
    »Was war daran nicht eindeutig, als ich Ihnen erzählte, dass
ich von zwei Künstlichen gefesselt und fast zwei Tage und zwei Nächte in meinem
eigenen Haus festgehalten wurde?«, fragte Karen mit einem nicht zu überhörenden
sarkastischen Unterton.
    »Sehen Sie, das Problem ist, dass Sie eigentlich nichts von
dem, was Sie mir erzählen, beweisen können. Ihr System im Haus war während der
gesamten Zeit offline, konnte also keinerlei Aufzeichnungen speichern, die
Fesseln hinterlassen heute keine Striemen mehr, nachdem sie so konstruiert
sind, dass sie nicht die Blutzirkulation abschneiden oder sich tief in die Haut
graben, sodass violette Linien noch Wochen später zu sehen sind. Dummerweise
kann man die Anwesenheit von Künstlichen auch nicht DNA-mäßig in irgendeiner
Form nachweisen. Das einzige …«, er machte eine dramatische Pause, sah zuerst
in seine Unterlagen, suchte dann Karens Blick, »was wirklich bewiesen ist, ist
ihr Blutbefund, der bestätigt, dass Ihnen sieben oder acht verschiedene Arten
von Halluzinogenen und Tranquilizern verabreicht wurden.« Er sah sie ernst an.
»Doch anstatt ihre Aussagen zu beweisen, werden dadurch …«
    Karen erhob ihren rechten Zeigefinger als wollte sie einen
Einwand vorbringen.
    »… eigentlich nur noch zwei zusätzliche Fragen aufgeworfen.«
    »Nämlich?«
    »Erstens: Wer sagt uns, dass Sie die Drogen nicht selbst
genommen haben? – Bitte lassen Sie mich ausreden«, sagte er, während er sich
ihrer immer unbeherrschter werdenden Körpersprache gegenübersah. »Und zweitens:
Bei so vielen Halluzinogenen in Ihrem Blut wäre es durchaus denkbar, dass Sie
sich die ganze Geschichte mit Alex-317 und Eric-208 nur eingebildet haben.« Tief
atmete er ein, als gelänge es ihm damit, das Dilemma, in dem er steckte, noch
dramatischer zu kommunizieren.
    »Es waren Alex-028 und Eric-173«, sagte Karen wütend. »Ich
wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Sache mit mehr Ernsthaftigkeit verfolgten.«
    »Ms McDonnel, ich versichere Ihnen, dass wir der Sache mit
allem nötigen, uns zur Verfügung stehenden Ernst

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