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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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der
Staatsanwaltschaft lautet auf Erpressung, fahrlässige Tötung, vielleicht sogar
Mord.«
    »Mord? Wie kommen Sie denn auf so etwas?« Shannons Augen
suchten die Wand ab.
    »Die Person, die die Anzeige erstattet hat, sagte, sie sei
im Besitz der nötigen Beweise.«
    »Und sie glauben diesen Schwachsinn natürlich«, platzte Shannon
cholerisch heraus. »Das ist Schwachsinn! Hören Sie! Schwachsinn! Schwachsinn!«
Bei den letzten Worten überschlug sich ihre Stimme.
    »Ich weiß noch nicht genau, was ich glauben soll, Ms Parker.
Fest steht auf jeden Fall das Eine; die Leiche, die wir für eine Mordanklage
benötigen, haben wir.«
    »Wer soll das sein?«
    »Ms Parker, ich bitte Sie!«
    »Wer soll das sein?« Shannons Lider zuckten nervös.
    »Sie heißt … Pardon, sie hieß Nicole Moore, Technikerin auf
der Tsiolkovsky-Basis.«
    »Das ist doch lächerlich. Mir können Sie doch nicht den Tod dieser
Technikerin in die Schuhe schieben.«
    »Da dürfte ein riesiges Missverständnis vorliegen, Ms
Parker. Wir wollen Ihnen nichts in die Schuhe schieben, unsere Aufgabe ist es
lediglich, die Tatsachen ans Licht zu bringen, herauszufinden, was wirklich
geschah an jenem Tag auf der erdabgewandten Seite des Mondes.«
    Ein eisiges Frösteln, das aus den Tiefen ihres Overalls zu
kommen schien, kroch ihre Arme entlang bis in die Fingerspitzen, mit denen sie unablässig
auf die Tischplatte hämmerte.
    »Sie haben also nichts dazu zu sagen?«
    »Ohne einen Anwalt werden Sie kein Wort aus mir
herausbekommen.«
    Als hätte man ihn auf
telepathischem Wege gerufen, trat ein Wachebeamter in den Raum. Er hob die
Handschellen vom Boden auf, legte sie Shannon an und brachte sie in den Zellblock.
    »Hatten Sie schon Zeit, sich den Lebenslauf von Ms Parker zu
Gemüte zu führen?« Peter Wise legte seine Stirn in Falten, als er Gail Ferguson
beim Meeting gegenübersaß.
    »Nein, bis jetzt noch nicht. Gab es denn schon früher Auffälligkeiten
in ihrem Leben?« Gails Neugier machte sich in der Anspannung ihrer
Kiefermuskulatur bemerkbar.
    »Auffällig ist gut!«, lachte Wise. »Hören Sie zu: Mit
vierundzwanzig, also 2055, schloss sie ihre Studien am MIT, an der Carnegie
Mellon und am CalTech ab.«
    »Wow!«
    »Sie wurde sofort von LunEx aufgenommen. Vermutlich sind die
sogar an sie herangetreten. Sie brauchte also nicht einmal eine Bewerbung
einzureichen. Dort arbeitete sie an der Projektierung und am Aufbau der
Armstrong-Tranquillity-Base als Technikerin mit. Zu dieser Zeit existierte die
Nasa bereits sechs Jahre nicht mehr – nicht einmal mehr auf dem Papier.«
    »Hm?«
    »Sie wissen doch, ›die‹ Nasa, die ehemalige nationale
Raumfahrtbehörde.«
    »Ja, doch. Ich habe schon davon gehört.«
    »Diese hatte ihre Bedeutung unmittelbar nach der Einstellung
des Space-Shuttles im Jahr 2011 vollends, ihren einstmals so ausgezeichneten
Ruf bereits in unmittelbarem Anschluss an das Apollo-Programm Anfang der
siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts verloren und nie mehr zurückerlangt. Sie
verfolgte zwar noch unzählige Projekte, die jedoch entweder schon in der
Planungsphase eingestellt wurden oder während der Bauphase vor der Fertigstellung
scheiterten. Das Einzige, was die Nasa noch produzierte, das allerdings mit
beispielloser Begeisterung und Regelmäßigkeit und in großen Mengen, waren
ungezählte Tonnen Papier – Sie wissen schon, dieses kostbare Material, das aus
den so lebensnotwendigen Bäumen gewonnen wurde –, mit Berichten und Studien,
die niemanden interessierten und die niemand in die Tat umgesetzt sehen wollte.«
    »Schade, oder?«
    »Aber jetzt bin ich abgewichen. – Als die Basis nach der
Fertigstellung ihren Probebetrieb aufnahm, gehörte Ms Parker zur ersten Crew,
die dort einzog. Achtzehn Monate Dienst am Stück.«
    »Mir werden manchmal schon acht Stunden am Tag zuviel«,
meinte Gail und hätte sich gleich darauf am liebsten selbst geohrfeigt.
    Groß sah sie ihr Vorgesetzter an. »Ist mir noch gar nicht
aufgefallen. – Mit ihrer Begeisterung und ihrem Enthusiasmus kaschieren sie das
aber sehr geschickt, muss ich sagen.«
    Gail lächelte verlegen.
    »Dreiundsechzig wechselte sie dann zum Projekt Tsiolkovsky-Farside-Base.
Sie war die Leiterin der Basis und hatte die Gesamtverantwortung für eine
termingerechte Fertigstellung über. Sie war die Frau von Tsiolkovsky. – Da war
sie gerade einmal zweiunddreißig, stellen Sie sich das vor – zweiunddreißig!«
Seine Stimme überschlug sich beinahe.
    »Kann es sein –«,

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