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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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Gail schluckte.
    »Kann was sein?«
    »Dass Sie sie bewundern?«
    Stille. Mit einem Mal herrschte diese leere und doch so
vielsagende Stille. Peter Wise kratzte sich hinter dem rechten Ohr und bereute,
dass er keinen Bart hatte, an dem er gedankenverloren zupfen hätte können. »Also,
um ganz ehrlich zu sein – ja. Ich habe sie bewundert, jahrelang habe ich sie
bewundert und verehrt. Haben Sie jemals ein Bild von ihr aus der Studentenzeit
gesehen, Gail?«
    Gail zuckte die Achseln.
    »Shannon Parker war eine sehr, sehr gutaussehende Frau,
attraktiv. Äußerst attraktiv, möchte ich sagen. Ich meine, sie sieht ja heute
noch gut aus, aber damals mit knapp über zwanzig …« Wise seufzte.
    Gail glaubte dabei ein Leuchten und Funkeln in seinen Augen
zu sehen. »Meine Nachbarin und deren beiden Töchter faselten auch immer von
ihr, lobten sie über den blauen Himmel, waren begeistert von ihr, von dieser
Frau, für die es keine Grenzen und keine Hindernisse in diesem Leben zu geben
schien.«
    »Offensichtlich ist Ms Parker nun doch auf ebensolche
gestoßen«, sagte Wise sachlich.
    »Und was gab es in ihrem Privatleben?«
    »Ja. Ich habe mich in den einschlägigen Klatsch-Plattformen
etwas umgehört und -gesehen. Diese Frau ist alles, nur nicht langweilig. Wenn
ich der Information glauben darf, so hatte sie nie jemanden an ihrer Seite –
respektive in ihrem Schatten, denn etwas anderes wäre es nicht gewesen –
geduldet. Zumindest nicht länger als ein paar Tage. Wie andere Frauen auch in
ihrem Alter hat sie selbstverständlich während ihrer College- und
Universitätszeit jede Menge Männer gekannt, gedated, gevögelt – Pardon – und
dann links liegen gelassen. Ihr war einzig und allein wichtig, dass der Weg,
den sie zu gehen gedachte, weder durch ein hereinragendes Bein noch durch den
Körper eines dieser Liegengebliebenen blockiert wurde. Sie war wie eine
Killerin, mit dem einzigen, jedoch nicht ganz unwesentlichen Unterschied, dass
nicht Leichen, sondern uninteressant gewordene Liebhaber ihren Weg pflasterten.
Uninteressant, stellen Sie sich das vor! – Noch länger allerdings war –
angeblich – die Liste ihrer Verehrer gewesen, die nicht die Gelegenheit hatten,
sie zu einem exquisiten Abendessen auszuführen, mit ihr einen mehrwöchigen
Abenteuer-Trip in die Antarktis zu unternehmen – zu Fuß und mit Zelt – oder
sich mit ihr als Beischläferin durch das Kingsize-Bett zu wühlen, um am nächsten
Morgen festzustellen, dass sie nur Mittel zum Zweck gewesen waren.
Austauschbar. Namenlos. Anonyme Penisse – Pardon – in Nadelstreif und mit einem
Bankkonto, das den Triple-A-Status noch wirklich verdiente, weiter nichts.«
    »Hm?«
    »Die Medien wussten nur von einer Person, einem gewissen
Heinz – so wie das gleichnamige Ketchup – mit dem sie beinahe zehn Monate lang
immer wieder in der Öffentlichkeit gesehen wurde, zu einer Zeit, als sie gerade
einmal zwanzig war. Ein Rekord, den sie nachher nie wieder einstellen sollte. Dieser
Heinz war begeistert von Shannon gewesen, verlor auch nach Ende ihrer Liaison
nie ein schlechtes Wort über sie, sagte, es wäre eine Zeit voll Abenteuer und
Erotik gewesen, wobei er darauf Wert legte, dass die Nennung alphabetisch und nicht
nach seiner persönlichen Priorität erfolgte. Gut, nicht? Warum es trotzdem
auseinanderging? ›Sie wären doch zu verschieden‹, meinte er in einem Interview,
und seine Augen sahen dabei stumpf und leblos aus.«
    »Und Sie glauben das?«
    »Sagen wir so. Wenn es schon nicht stimmt, so wird zumindest
ein Funke Wahrheit darin enthalten sein, davon bin ich überzeugt.«
    »Irgendwie typisch, oder? Vordergründig eine tolle Frau,
eine tolle Karriere, und nicht fähig zu einer Beziehung.«
    »Dann noch ihre zahlreichen Hobbys abseits der sexuellen
Ausschweifungen. Als sie mit vierundzwanzig mit einem Bergführer den K2
bestieg, verließ sie tausend Meter unterhalb des Gipfels die von diesem
vorgeschlagene Route, weil die Langeweile schon unerträglich war, wie sie
später in einem Blog schrieb. Als sie in einem Druckanzug aus einer Höhe von vierzig
Kilometern abspringen sollte, entschied sie sich zu warten, bis die Technik
Sprünge aus größeren Höhen ermöglichte. Schließlich war sie mit neunundzwanzig
die jüngste und einzige Frau, die einen Absprung aus einer Höhe von über fünfzig
Kilometern bewältigte und der dabei noch eine Landung auf der Fläche einer
Briefmarke gelang. Seit diesem Zeitpunkt ließen die Medien keinen

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