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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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gestikulierte, erläuterte und erklärte, zog jedes einzelne Mitglied mit
seidigen Banden über ihren Ereignishorizont, jene unsichtbare Grenze innerhalb
derer es kein Entkommen mehr gab. Sie fesselte sie mit dem Fachwissen und der
Kompetenz, die aus ihren Worten sprachen, mit ihrer Begeisterungsfähigkeit und
Authentizität, mit dem Funkeln in ihren Augen und nicht zuletzt auch mit ihrem
liebreizenden Äußeren.
    Es waren knapp siebzig Minuten vergangen, als ihr George Low
ins Wort fiel. »Entschuldigen Sie bitte, Ms McDonnel, aber ich denke wir haben
genug gehört.«
    Karen starrte in Lows Gesicht, sah in die ausdruckslosen
Gesichter der Anwesenden. Was war das plötzlich? Hatte sie etwas übersehen? Ein
Zauberwort vergessen oder eines zuviel verwendet? Dabei war sie sich ihrer
Sache so sicher gewesen, war bei ihrem Vortrag ins Fließen gekommen und dann …
Ihr Blick war gerade im Begriff, die erste von tausenden Fragen zu artikulieren,
die sich in einem wilden Durcheinander in ihrem Kopf formierten, doch der
Vorsitzende fuhr bereits fort.
    »Werte Kollegen, ich denke, ich spreche auch in ihrem Namen,
wenn ich sage, wir haben unsere Kommandantin für Mars One gefunden.«
    Die Mitglieder des Auswahlkomitees jubelten. »Sehr richtig.
Ausgezeichnet! Bravo!« Ein Mann zog sogar einen seiner schwarzen Lackschuhe aus,
um auf dem Tisch damit Beifall zu klopfen.
    Karens Gesicht, eben noch eine
versteinerte Miene, die versuchte die Tränen der Enttäuschung zurückzuhalten,
strahlte mit einem Schlag und ihr lachender Mund umrahmte ihre regelmäßigen Zähne.
Kämpfte sie gerade noch gegen die Tränen der Enttäuschung, liefen ihr in diesem
Augenblick schon jene der Freude und der Erleichterung über die Wangen. War
das, was gerade geschah, wirklich real? War es kein Traum, keine Wahnvorstellung,
keine nachwirkende Halluzination? Zwei Frauen der Kommission umarmten sie,
küssten sie, wünschten ihr alles Gute. Erst als ihr George Low mit seinem
schmerzhaften Händedruck gratulierte, wurde ihr klar, dass sie das alles nicht nur
geträumt hatte. Es war tatsächlich passiert.
    Fensterlos war der Raum, in dem sie
saß; dunkel und steril roch es nach Kunststoff und Bürokratie. Ab und an schien
die Belüftung einen etwas zu aufreizenden Damenduft in den Verhörraum zu
ziehen. Nur ein schmaler Lichtkegel fiel von oben auf ihren Sessel und ließ die
Fesseln an ihren Handgelenken in aggressivem Silber leuchten. Vor der Tür
tummelten sich rasche Schritte, die sich mit Gelächter und Wortfetzen zu einer unheilverkündenden
Ouvertüre mischten.
    Der Ausdruck in Shannons Gesicht spiegelte Ratlosigkeit
wider. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, als die Tür aufflog und eine Frau
mittleren Alters den Raum betrat. Der Geruch des Damenparfums, der schon die
ganze Zeit über ihren Geruchssinn gereizt hatte, wurde noch intensiver.
    »Guten Tag«, sagte die Frau, »ich bin Security Officer First
Class Gail Ferguson vom Dezernat für Kapitalverbrechen.«
    »Guten Tag«, antwortete Shannon, als wäre sie tief in einem mit
grotesken Absurditäten überladenen Albtraum gefangen, in dem weder logische
noch kausale Zusammenhänge existierten, und sie sich wünschte, dass dieser ebenso
rasch endete, wie er begonnen hatte und sie in die Realität zurückzukehren könnte.
Sie starrte mit leeren Augen auf die Frau, die weder auffallend schön noch
auffallend groß, höchstens auffallend durchschnittlich war, und die ihr
schulterlanges Haar streng hinter ihre Ohren verbannt hatte.
    »Möchten Sie, dass ich Ihnen die Armbänder abnehme?«
    Shannon sah wie gebannt auf Gail Ferguson. Erst Sekunden
später schien sie den gehörten Worten einen Sinn zu entnehmen. »Ja.«
    »Security Code ›Parker, Shannon, 73-91«, hörte sie ihr Gegenüber
sagen, wobei die Zahlenfolge auch eine anderen gewesen sein konnte. Die
Handschellen klickten, sprangen auf und fielen mit einem dumpfen Schlag zu
Boden. Obwohl die Blutzirkulation in ihren Händen nicht im Mindesten
beeinträchtig war, begann Shannon ihre Handgelenke zu massieren.
    »Ms Parker, wissen Sie, warum Sie hier sind?«
    Die Astronautin inspizierte fasziniert die Innenseite ihrer
Handgelenke, als befände sich dort, ein für Notfälle wie diese ausgetüftelter
Fluchtplan, den umzusetzen es nun an der Zeit war.
    »Ms Parker verstehen Sie mich? Hören Sie mir überhaupt zu?«
    Teilnahmslos streifte Shannons Blick den der Kommissarin. »Sagen
Sie es mir.«
    »Es liegt eine Anzeige gegen Sie vor. Die Anklage

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