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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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angestrengt.
    »Das kann ich Ihnen erklären. Weil ich – wie ich schon sagte
– möchte, dass die Arbeit morgen getan wird und …« Es entstand eine kurze
Pause. »Sie müssen wissen, in meiner Position, mit meinen Beziehungen habe ich noch
immer Mittel und Wege gefunden, meinen Willen durchzusetzen, um das zu
erreichen, was ich erreichen möchte und …«
    Die Aufzeichnung brach ab. Statisches Rauschen verhüllte wie
ein Schneesturm den eben noch dagewesenen Raum mit seiner Koje, bevor der
Bildschirm wieder in derselben Farbe wie die Wand erstrahlte und die Scheiben
wieder das Tageslicht ungefiltert einließen.
    »Das ist der Teil, der den
Medien zugespielt wurde bzw. der Teil, der landesweit gesendet wird. Wir gehen
aber davon aus, dass diese Aufzeichnung mit großer Wahrscheinlichkeit das
gesamte Gespräch enthält«, sagte Wise.
    Am
folgenden Tag
    Es war dieselbe Szenerie wie beim ersten Mal. Ein winziger
Raum für den die Bezeichnung ›klaustrophobisch‹ erfunden hätte werden müssen,
falls sie nicht schon existiert hätte, eine Koje, eine Frau mit langem Haar,
der Kamera den Rücken zukehrend.
    »… ich brauche Sie vermutlich nicht daran zu erinnern, was
für negative Folgen eine Weigerung für Ihre Karriere haben könnte –
möglicherweise.«
    »Die Karriere … ist mir egal«, sagte eine gläserne, zerbrechliche
Stimme. »Meine … Gesundheit und mein … Leben sind mir … wichtig«, sagte sie
nach Luft ringend.
    »Kommen Sie mir doch nicht mit Leben und Gesundheit, das
sind doch nur Ausreden, die mit ärztlicher Unterschrift auch noch amtlich werden«,
konterte die andere.
    »Fragen Sie … doch Rebecca, die kann … Ihnen sagen, dass … es
mir wirklich … schlecht geht.« Es war zu hören. dass ihr das Atmen schwer fiel.
    »Ich kenne den Bericht von Rebecca – ärztliches Geschwafel.
Und warum? Weil die Ärzte heute keinerlei Verantwortung mehr übernehmen, kein
Risiko mehr eingehen wollen. Sie schreiben die Leute krank, denn damit liegen
sie – die Ärzte – auf der sicheren Seite, und niemand kann ihnen in irgendeiner
Form eine Nachlässigkeit anlasten.«
    »Aber …«, hörte man schwach aus dem aufgewühlten Rauschen.
    »Sie sollten auch bedenken, dass Ihr Nichthandeln
möglicherweise auch keine allzu positiven Auswirkungen für ihre Tochter haben
könnte. – Soviel ich weiß, haben Sie sie schon an der Schule angemeldet, die
von meiner Stiftung finanziert wird, inklusive dem damit verbundenen Stipendium
in nicht ganz unbedeutender Höhe. Sie wissen auch, dass diese Schule, in Zeiten
wie diesen, quasi eine Garantie für eine zukünftige Karriere und den damit
verbundenen Wohlstand darstellt. Sie wollen doch nicht, dass Ihre Tochter die
Reinkarnation ihrer Mutter wird und als gewöhnliche Technikerin endet.«
    Eine Pause trat ein. Schniefen war zu vernehmen.
    Habe ich mich klar genug ausgedrückt? …«
    »Ja, danke. Klarer geht es kaum noch«, antwortete Wise als
wäre er der Angesprochene.
    »Erpressung«, hauchte Gail.
    »So ist es«, bestätigte Wise.
    »… was hat denn … meine Tochter … damit zu tun?« Nicoles
Stimme klang so zerbrechlich und verzweifelt, dass selbst Wise mit seiner
jahrelangen Erfahrung in der Branche ein kalter Schauer den Rücken emporkroch
ohne dass er in der Lage gewesen wäre ihn abzuschütteln.
    »Die Entscheidung liegt allein bei Ihnen«, sagte die Blonde,
stand auf und verließ das Blickfeld der Kamera.
    Der Blick auf die Koje war nun frei. Darin lag eine Frau,
deren Gesicht so matt und blass war, dass es sich kaum von dem weißen Laken und
dem Kissen abhob. Das Gesicht war für die Weitwinkelkamera zu weit entfernt, um
Einzelheiten der Physiognomie erkennen zu können. Es war jedoch deutlich zu
sehen, wie sich die Gestalt auf die Seite drehte, sich zusammenrollte und dann
vernahmen Gail Ferguson und Peter Wise nur noch verzweifeltes, panisches
Schluchzen, das sich über das Rauschen legte.
    Minutenlang saßen die beiden an dem Besprechungstisch, ohne
ein Wort zu sagen. Als Wise in die Augen seiner Mitarbeiterin sah, waren diese glasig
und wässrig, ihre Lippen bebten. »Es ist wirklich kein Zeichen von Schwäche,
wenn Ihnen diese Geschichte nahegeht. Ich muss gestehen, ich hab’ auch geheult,
als ich die Aufzeichnung das erste Mal sah.«
    »Allein wenn ich versuche, mich in ihre Situation zu
versetzten, dreht sich mir der Magen samt seinem spärlichen Inhalt um«, sagte
Gail und wischte sich Tränen aus ihrem Gesicht.
    »Leider können wir Nicole

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