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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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ihnen – den Technikern –
zusammen und wir besprechen die Angelegenheit noch einmal. Dann überprüfen wir
die Liste aller möglichen Optionen, die uns bleiben und zuletzt werde ich
mittels Eliminationsverfahren entscheiden, wie weiter verfahren werden soll.«
    Daniel betrachtete sie fasziniert.
    »Und ich hoffe, dass das spätestens in zwei Tagen sein wird.
Denn sollte so ein Reaktorstillstand passieren, wenn die Kollegen dort oben
gerade ins Marsorbit einschwenken wollen, dann gute Nacht.« Ellen war zufrieden
mit ihrer Ausführung, einen so außerordentlich komplexen Sachverhalt einem so
einfach denkenden Individuum so verständlich erklärt zu haben.
    Daniel starrte sie an, als hätte sie ihre Erklärung in Aztekisch
oder Suaheli vorgetragen. Als er dann noch den Mund öffnete, um nach Sauerstoff
zu schnappen, sah seine Physiognomie nicht gerade aus, als sei er mit einem
Unmaß an Intelligenz gesegnet. Schließlich fasste er sich wieder.
    »Mrs Parodi«, sagte er und dabei verdrehte er die Augen wie
ein Tier, das fürchtete, gleich die Peitsche zu spüren zu bekommen. »Ich
spreche nicht von der Reaktorabschaltung auf der Mars One, ich spreche von den
Daten der Tsiolkovsky-Basis. – Schon die ganze Zeit über.«
    Genervt steuerte Ellen auf ihre Bürotüre zu, hinter der ihr
Sekretär schon fast verschwunden war. »Daniel, kommen Sie raus da. Verstecken
Sie sich nicht vor mir. Stehen Sie endlich Ihren Mann! – Was geht mich die
Tsiolkovsky-Basis an? Meinen bzw. unseren Aufgabenbereich sollten Sie
mittlerweile schon kennen.«
    Daniel verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere
und wieder zurück.
    »Können Sie nicht eine Minute stillstehen? Sie machen mich noch
verrückt!«
    »Jawohl, Stillgestanden!«, wiederholte er laut und knallte
seine Hacken zusammen. »Die Sache ist nicht ganz so einfach zu durchschauen«,
sagte er schließlich, als wäre genau er der Typ, um Dinge zu durchschauen, die
nicht so einfach zu durchschauen sind. »Es gibt da ein paar Zusammenhänge, die
…«
    »Weiter!«
    »Jedenfalls, die Person, um die es geht, ist nun an Bord der
Mars One.«
    »Da täuschen Sie sich, mein lieber Daniel«, sagte Ellen
etwas überspitzt. »Nachdem Shannon Parker nicht die Leitung des Fluges
übertragen wurde, gibt es niemanden an Bord, der früher einmal auf Tsiolkovsky gewesen
ist.«
    »Das weiß ich schon, aber –«,
er holte tief Luft, »wie ich schon sagte, die Angelegenheit ist nicht so
einfach zu durchschauen«.
    Marsorbit,
Januar 2068
    Die Raketenstufe, mit der die Mars
One seit ihrem Abflug aus dem Erdorbit verbunden gewesen war, wurde abgetrennt.
Es war an der Zeit, dass sich die Crewmitglieder an ihren Sitzen festschnallten.
Als die Gravitation gegen Null ging, breitete sich ein beängstigender Druck in
ihren Köpfen aus.
    Das Licht, das durch die wenigen Fenster die Brücke erhellen
sollte, war um sechzig Prozent gedimmt. Drei einsame Lichtkegel liefen quer
über den Boden, die Konsolen und die Bildschirme tauchten die Szenerie in ein
gespenstisches Theaterlicht, ehe sie an der gegenüberliegenden Wand
emporkrochen, bis sie letztlich ganz verschwanden und vierzig Sekunden später
wieder auftauchten. Die Brücke, so wie das restliche Schiff auch, war nahezu
klinisch sauber, nur die Lichtkegel schienen den Staub förmlich anzuziehen.
Jemand hustete.
    »Nicht jetzt! Heb dir das für später auf.« Karen wirkte
gereizt.
    »Entschuldigung«, klang die mädchenhafte Stimme Catherines
durch das Rund des Raumes.
    »Herrschaften«, sagte Karen angespannt. »Wenn wir das jetzt
vermasseln, dann brauchen wir uns keine weiteren Gedanken mehr über die
Landung, die Außeneinsätze, den Start von der Oberfläche, den Rückflug zur Erde
oder die Landung dort machen.« Das Adrenalin in ihrer Stimme war nicht zu
überhören.
    »Formidabile! Dann sind wir ein paar Sorgen los.«, witzelte
Umberto.
    »Denn all das ist dann nicht mehr von Bedeutung, zumindest
für uns nicht. Die Mission, das Schiff und auch wir sind dann Geschichte. Wir haben
dann keine Zeit mehr uns den Kopf darüber zu zerbrechen, was schief gelaufen
ist – oder, alle Zeit der Welt, wie man es sehen möchte –, aber nicht dieser
Welt. Dann bleibt euch nicht einmal mehr soviel Zeit, euch über einen Schluck
dieses abscheulichen Getränks zu beschweren, das nur sehr entfernt mit dem verwandt
ist, was wir auf der Erde als Bier kennen.«
    »Was wäre in diesem konkreten Fall jetzt der Nachteil?«,
fragte Jacqueline.
    Karen ignorierte die

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