Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)
ich
meine.«
»Vielleicht ein Leck im Kühlkreislauf?« vermutete Andy.
»Gut! Nimm dir Catherine mit und überprüft das – aber heute
noch, wenn es euch nichts ausmacht!« Karen ließ keinen Zweifel daran, dass die
Sache dringend war.
Umberto setzte sich auf Andys Platz, als dieser gemeinsam mit
Catherine Richtung Maschinenraum auf das unterste Deck hastete.
Sechsundzwanzigtausend Meilen oder eine halbe Stunde später
waren die beiden zurück auf der Brücke. »Kein Leck im Kühlsystem. Weder am
Reaktor eins noch am Reaktor zwei; weder im primären noch im sekundären
Kreislauf«, meldete Catherine.
»Ich habe mittlerweile das Notsystem neu gebootet und den
automatischen Test drüberlaufen lassen. Das Ergebnis hat mich etwas überrascht,
aber so wie es aussieht, gibt es keinen Softwarefehler in der Umschaltroutine«,
sagte Umberto. »Das behauptet zumindest die Diagnosesoftware, die aber von der
gleichen Firma stammt.«
Karen wusste nicht, ob sie die Nachrichten beruhigten oder
nicht. »Umberto, fahr den zweiten Reaktor hoch.«
»Si, si! Kommt sofort.«
Als der Reaktor bei fünfzig Prozent war, begann Umberto die
Bordsysteme der Reihe nach online zu schalten und Minuten später war aus der
ungemütlichen, durch die Raumzeit segelnden Gruft mit Notbeleuchtung wieder ein
raumtaugliches Schiff geworden.
»Reaktor und Kühlung laufen einwandfrei«, sagte Andy, der
auf einer der anderen Konsolen den Status überprüft hatte.
»Danke«, gab Karen zurück, um gleich darauf doch noch ein »habt
ihr gut gemacht« anzufügen. »Dafür gebe ich heute eine Runde Bier aus.«
»Nur das nicht«, sagte eine entsetzte Jacqueline. »Ich hab
es mir nicht verdient, ich habe zur Lösung des Problems nicht beigetragen.«
Umberto lachte.
»Rum! Rum wurde immer ausgegeben«, sagte Catherine
begeistert.
Karen nickte. »Nur leider haben wir keinen an Bord.«
Am Abend dieses Tages sandte Karen ihren Bericht über den
Vorfall gemeinsam mit den Logdateien, in denen die Ereignisse automatisch
protokolliert wurden, zur Erde. Sie hatte ein Gefühl, das sie weder beschreiben
noch zuordnen konnte. Es war eine Art von Unbehagen, das sie mit jeder Faser
ihres Körpers spürte. Etwas an der Sache kam ihr merkwürdig vor. Aber vielleicht
war es auch nur Einbildung.
13
Mission Control, Houston, Januar 2068
Schüchtern, beinahe unterwürfig
steckte der Sekretär seinen Kopf durch den Spalt zwischen Tür und Rahmen,
nachdem er sich durch sein dezentes Anklopfen nicht die nötige Aufmerksamkeit
verschaffen hatte können.
»Entschuldigen Sie«, unterbrach Daniel seine Vorgesetzte. »Ich
vermute, Sie haben mein Klopfen nicht gehört.«
Ellen blickte von ihrem Monitor auf. »Bitte?«
»Mir sind gerade Daten von der Technikabteilung zugespielt
worden und ich denke, Sie sollten einmal einen Blick darauf werfen«, sagte er
und stand, als gelte es seinen gesamten Mut nach außen zu demonstrieren, in der
mittlerweile halboffenen Tür.
»Jetzt nicht. Sie sehen doch, dass ich zu tun hab!« Wie gebannt
starrte sie auf den Monitor, der endlose Zahlenkolonnen zeigte – Börsenkurse.
Sie wechselte auf ein anderes Dokument. »Die Daten von der
Technik habe ich schon. Als Wirtschaftlerin kann ich damit aber ohnehin nichts
anfangen. Ich habe den Jungs von der Technik schon gesagt, sie sollen sich den
Vorfall näher anschauen und analysieren, warum es dazu kam.« Sie sah Daniel an,
dem die Überraschung aus dem Gesicht zu springen schien.
»Freut mich, dass Sie so auf dem Laufenden sind«, sagte er
etwas gekünstelt. »Was werden wir nun weiter unternehmen?«
Was werden wir nun unternehmen? Vielleicht sollte ich ihn
einfach vor die Tür setzen, ging es Ellen durch den Kopf. Jetzt muss ich mich
schon vor meinen Mitarbeitern rechtfertigen, was ich zu unternehmen gedenke.
Sie atmete langsam aus, strich über ihre beigefarbene Bluse, zog, obwohl sie es
nicht nötig hatte, den Bauch ein, als gedenke sie gleich einen Blick in den
Spiegel zu werfen und stand auf.
Daniel verschanzte sich wieder zur Hälfte hinter der Bürotür,
um sich vor etwaigen verbalen Attacken seiner Vorgesetzten zu schützen.
»Schauen Sie, wenn es Sie wirklich interessiert, und in der
Hoffnung, dass Sie aus meiner Vorgehensweise vielleicht doch einmal etwas für Ihr
weiteres Leben mitnehmen können, will ich es Ihnen sagen. – Wir«, sie machte
eine Pause, um das Wort extra zu betonen, »warten auf den abschließenden
Bericht der Techniker, anschließend setze ich mich mit
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