Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
Colleen wartete auf eine Reaktion, doch es kam keine. »Du bist hergezogen, oder? Dein Sohn ist als Bruder von Alex und Jenny – und Christian akzeptiert worden, oder?«
Ein Eisklumpen bildete sich in Megans Magen. »Das hat nichts mit Baxter zu tun.«
»Mach dir nichts vor, Mädchen. Ein Mann wie Dumont lebt in der festen Überzeugung, dass die Welt sich nur um ihn dreht. Er will in die Politik einsteigen, und so, wie dieser Zirkus in Washington abläuft, würde ein einziges wohl platziertes Wort von dir an die Presse …« Die Vorstellung entlockte Colleen ein dünnes Lächeln. Es wäre einfach zu schön! »Nun, sein Aufstieg in die hohe Politik würde sehr viel unwegsamer werden.«
»Ich habe nicht die Absicht, an die Presse zu gehen. Diesen Wirbel möchte ich Kevin ersparen.«
»Kluges Kind.« Colleen nippte an ihrem Brandy. »Trotzdem ein Jammer. Du lässt mich wissen, wenn er irgendetwas versucht, hörst du? Ich freue mich schon darauf, wieder mit ihm die Klingen zu kreuzen.«
»Wenn, dann werde ich selbst mit ihm fertig.«
Mit einer schlohweißen, hochgezogenen Augenbraue musterte Colleen Megan eindringlich. »Das könnte sogar stimmen.«
»Warum muss ich diesen blöden Schlips tragen?«, maulte Kevin, während Megan mit steifen Fingern versuchte, ihrem Sohn die Krawatte zu binden. Seit dem Gespräch mit Colleen hatte sie eiskalte Hände.
»Weil es ein besonderer Anlass ist und du dich von deiner besten Seite zeigen wirst.«
»Ich wette, Alex muss keine doofe Krawatte anziehen.«
»Was Alex anzieht, weiß ich nicht.« Megan stand kurz davor, die Geduld zu verlieren. »Aber du tust, was ich dir sage.«
Diesen scharfen Ton hörte Kevin nicht oft von seiner Mutter. Schmollend schob er die Unterlippe vor. »Ich hätte viel lieber eine Pizza.«
»Heute wirst du keine Pizza bekommen. Herrgott, Kevin, halt endlich still!«
»Das Ding erwürgt mich.«
»Wenn du nicht sofort stillhältst, erwürge ich dich.« Sie blies sich eine Strähne aus dem Gesicht und richtete den Krawattenknoten. »Da, geschafft. Du siehst sehr fesch aus.«
»Ich sehe wie ein Blödmann aus.«
»Auch gut, dann eben wie ein Blödmann. Zieh die Schuhe an.«
Kevin beäugte die schwarzen Lackschuhe abfällig. »Die sind hässlich. Ich will meine Turnschuhe anziehen.«
Entnervt beugte Megan sich vor, bis ihr Gesicht auf Augenhöhe mit Kevins war. »Junger Mann, du wirst diese Schuhe anziehen, und du wirst dir sofort einen anderen Ton angewöhnen. Sonst steht dir eine Katastrophe bevor.«
Megan marschierte zu seinem Zimmer hinaus und in ihr eigenes auf der gegenüberliegenden Gangseite. Unwirsch nahm sie ihren Kamm von der Kommode und begann, sich das Haar zu bürsten. Sie hatte ebenso wenig Lust auf diese Dinnerparty wie Kevin. Die beiden Aspirintabletten, die sie vor einer Stunde gegen die rasenden Kopfschmerzen eingenommen hatte, zeigten keinerlei Wirkung. Und doch musste sie ihr charmantestes Lächeln aufsetzen, gute Miene zum bösen Spiel machen und so tun, als ob sie nicht aus Angst vor Baxter Dumont halb umkam.
Vielleicht irrte Colleen sich ja. Es war schließlich fast eine Dekade vergangen. Weshalb sollte Baxter jetzt plötzlich wieder bei ihr und Kevin auftauchen?
Weil er Senator werden wollte, deshalb. Megan schloss die Augen. Sie las doch Zeitung, oder? Sie hatte die Berichte gesehen. Dumonts Kampagne lief bereits auf Hochtouren. Und einen außerehelichen, niemals anerkannten Sohn konnte sich ein Mann, der einen Sitz im Senat der Vereinigten Staaten von Amerika anstrebte, nun mal nicht leisten.
»Mom.«
Im Spiegel sah sie Kevin an ihrer Tür stehen, mit langem Gesicht, das Kinn fast bis auf die Brust. Sofort schnürte das Schuldgefühl ihr das Herz zusammen. »Ja, was ist?«
»Wieso bist du so wütend?«
»Das bin ich gar nicht. Ich habe nur schlimme Kopfschmerzen.« Sie ließ sich auf die Bettkante sinken und streckte die Arme nach ihrem Sohn aus. »Tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe. Und du bist ein richtig schnieker Blödmann.« Als er lachte und sich an sie schmiegte, küsste sie ihn aufs Haar. »Komm, lass uns hinuntergehen und sehen, ob Alex und Jenny schon da sind.«
Natürlich waren sie schon da, und Alex war ebenso angewidert von Krawatte und schicken Schuhen wie Kevin. Doch es gab zu viel zu tun, um lange Trübsal zu blasen. Da waren Canapés zu verschlingen, Babys herumzutragen und die nächsten Abenteuer zu planen.
Und selbstverständlich redeten alle im Raum durcheinander. Der Lärmpegel
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