Die Frauen der Calhouns 05 - Megan
dunklen Seidenkostüm und den Perlen, so weiß wie ihr Haar. »Wie ich sehe, habt ihr euch alle möglichen Fremden ins Haus geholt. Da hättet ihr es besser abbrennen sollen. Sage diesem jungen Schnösel, er soll mein Gepäck nach oben bringen lassen.«
»Natürlich, sofort.« Coco rief persönlich den Pagen herbei. »In den Familienflügel, zweiter Stock, erstes Zimmer auf der rechten Seite.«
»Und die Koffer sind pfleglich zu behandeln und werden nicht geworfen, verstanden, Junge?« Colleen stützte sich auf ihren vergoldeten Stock und taxierte Megan. »Wer ist das?«
»Du erinnerst dich doch an Megan, Tante Colleen. Sloans Schwester. Du hast sie auf Amandas Hochzeit kennengelernt.«
»Richtig.« Colleen kniff abschätzend die Augen zusammen. »Du bist die mit dem kleinen Jungen, stimmt’s?« Colleen wusste inzwischen alles, was es über Kevin zu wissen gab. Dafür hatte sie schon gesorgt.
»Ja. Es freut mich sehr, Sie wiederzusehen, Miss Calhoun.«
»Ha! Da musst du die Einzige in diesem chaotischen Haufen sein, die so denkt.« Sie ließ die beiden stehen und ging zu Biancas Porträt an der Wand hinüber, studierte es ebenso ausführlich wie das ausgestellte Smaragdcollier. Ein Seufzer entfuhr ihr, jedoch so leise, dass niemand es hörte. »Ich brauche jetzt einen Brandy, Cordelia. Ich muss mich erst stärken, bevor ich mir ansehe, wie du dieses Haus verschandelt hast.«
»Natürlich, ganz wie du wünschst. Lass uns doch in den Familienflügel hinübergehen. Megan, begleite uns. Bitte.«
Es war unmöglich, das Flehen in Cocos Augen unerhört zu lassen.
Wenig später saßen sie zusammen im Familiensalon. Hier hing noch die verblasste Tapete an den Wänden, die an einigen Stellen Risse aufwies. Das Parkett war verkratzt, und vor dem Kamin hatten spritzende Glutstückchen Löcher in das Holz gesengt.
»Es hat sich also nichts verändert, wie ich sehe.« Colleen saß im Sessel wie eine Königin auf dem Thron, die Hof hielt.
»Wir haben die Arbeiten zuerst auf den Hotelflügel konzentriert.« Nervös schenkte Coco Brandy ein. »Jetzt, da das Hotel fertig ist, fangen wir hier mit der Renovierung an. Zwei Räume sind schon komplett, und das Kinderzimmer ist ganz reizend geworden.«
Colleen schnaubte. Sie war dieses Mal vor allem wegen der Babys gekommen und nur in zweiter Linie, um Coco das Leben zur Hölle zu machen. »Wo sind denn alle? Ich besuche meine Familie und sehe nur wildfremde Gesichter.«
»Sie kommen bald. Heute Abend findet eine Dinnerparty statt, Tante Colleen.« Coco hielt das strahlende Lächeln fest an seinem Platz. »Trents Vater besucht uns für ein paar Tage.«
»Ein alternder Playboy«, brummelte Colleen in ihren Brandy. »Du.« Sie richtete den dürren Zeigefinger auf Megan. »Du bist Buchhalterin, richtig?«
»Ja, Ma’am.«
»Megan ist ein wahrer Zahlenjongleur.« Das Lächeln beizubehalten wurde immer anstrengender für Coco. »Wir sind alle so dankbar, dass sie hier ist. Und wegen Kevin natürlich auch. Er ist ein ganz wunderbarer Junge.«
»Ich rede mit dem Mädchen, Cordelia, nicht mit dir. Musst du dich jetzt nicht um das Essen in der Küche kümmern?«
»Aber …«
»Geh nur, geh!«, scheuchte Colleen sie davon, und mit einem um Entschuldigung heischenden Blick auf Megan ergriff Coco die Flucht.
»Der Junge wird bald neun?«
»Ja, in zwei Monaten.« Megan wappnete sich für einen abfälligen Kommentar über Kevins Herkunft.
Colleen trommelte mit den Fingern auf die Sessellehne. »Und mit Suzannas Gören kommt er zurecht?«
»Sehr gut sogar. Seit unserer Ankunft sieht man die drei ständig zusammen.« Megan musste sich zusammennehmen, um unter dem prüfenden Blick nicht unruhig auf dem Stuhl herumzurutschen.
»Hat Dumont dich belästigt?«
Megan blinzelte. »Wie bitte?«
»Stell dich nicht dumm, Mädchen. Ich habe gefragt, ob dieser Schandfleck für die menschliche Rasse dich belästigt hat.«
Megan streckte den Rücken durch und straffte die Schultern. »Nein. Noch vor Kevins Geburt ist jeder Kontakt zu Baxter abgebrochen.«
»Das wird sich bald ändern.« Mit finster gerunzelter Stirn lehnte Colleen sich vor. Irgendwo musste diese Megan O’Riley doch zu packen sein. »Er zieht Erkundigungen ein.«
Megans Finger fassten den Cognacschwenker fester. »Ich verstehe nicht.«
»Er schnüffelt herum, stellt alle möglichen Fragen.« Colleen stieß polternd mit dem Stock auf.
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Wenn es um die Familie geht, weiß ich alles.«
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