DIE FRAUEN DER DIKTATOREN
Tischtennisweltmeister war – und sich wenig später zum Sportminister befördert sah [34] .
Schließlich arbeitete die Zeit für Jiang Qing. Mao wurde immer älter, und Jiang lebte auf großem Fuß. 1974 verkündete sie kühn bei einer Frauenveranstaltung in Tianjin: „Warum sollte eine Frau keinen Konkubinen haben?“
Mao und Jiang unterschieden sich sehr, was ihren Geschmack in Liebesdingen anging. Der alternde Mao mochte keine intelligenten oder bekannten Frauen. Er bevorzugte hübsche und unschuldige Mädchen. Jiang aber suchte nicht nur nach körperlicher Befriedigung. Sie entschied sich für einen jungen Pianisten und später für einen vielversprechenden Schriftsteller. Und so gewann sie mit ihrer Geduld am Ende auch die Schlacht um den Sex in ihrer Beziehung. Seit der Hochzeit der Kulturrevolution hatte das Paar jeglichen sexuellen Kontakt eingestellt. Bei den jungen Mädchen in seinem Bett versagte Mao nie. Allerdings fürchtete er sich vor Impotenz. Man verabreichte ihm regelmäßig Injektionen mit Hirschhornpulver. Dr. Lepshinskaya, eine rumänische Ärztin, hatte eine „wissenschaftliche“ Methode entwickelt, von der Mao Wind bekommen hatte. Ihr „Vitamin H3“ wurde Mao regelmäßig verabreicht. Drei Monate lang bekam er Spritzen in die präsidiale Hinterfront. Da die Substanz keinerlei Wirkung zeigte, schreibt der Leibarzt, habe man die Behandlung eingestellt [35] .
Aber konnte die Alleinherrschaft Jiang Qings, die auf Verfolgung und Verrat an Freunden ebenso wie an Parteimitgliedern beruhte, wirklich von Dauer sein? In China tobt seit Langem ein erbitterter Machtkampf. Jiang ist nach wie vor für die Säuberungsaktionen in Maos unmittelbarer Umgebung verantwortlich. Doch mittlerweile reicht ihr Ehrgeiz weiter. Warum sollte sie sich damit zufriedengeben, die Gemahlin des Obersten Vorsitzenden zu sein? Warum nicht auch seine Nachfolgerin werden?
Verhängnisvolle Nachfolge
Als am 8. Januar 1976 Zhou Enlai stirbt, läutet Jiang Qing den letzten Abschnitt eines Manövers ein, das nur ein wirklich großer Stratege ersonnen haben kann. Als einer seiner Weggefährten sieht, dass Jiang Qing am Sarg des Toten ihre Kopfbedeckung nicht abnimmt, herrscht er sie draußen im Vorzimmer an: „Hast du den Menschen noch nicht genug geschadet? Und der Revolution? Erinnerst du dich nicht mehr an den Abend, als du und Mao in Yanan zu mir gekommen seid und mich angefleht habt, ich solle euch verheiraten? Hast du da nicht versprochen, dich nie in die Politik einzumischen?“ Jiang schweigt. „Du bist ja kein Mensch mehr“, faucht der alte Held der Revolution [36] .
Dabei ist der Mann, der dieses harsche Urteil äußert, keineswegs ein seniler Greis. Und die Chinesen teilen sein Urteil: Premierminister Zhou Enlai war ein Mann der Mäßigung, das bekannteste Mitglied der Regierung und ein Bollwerk gegen die Zerstörungswut Jiang Qings. Die Massen marschieren ihm zu Ehren feierlich durch Peking. Die Jahre, die Jiang Qing damit zugebracht hat, gegen Maos Hofstaat zu intrigieren, haben sie dem Volk und seiner Stimmung entfremdet.
An den Mauern rund um den Platz des Himmlischen Friedens finden sich immer öfter Graffitis, die sich gegen Jiang Qing richten: „Genossin, Sie sind wirklich von Sinnen. Sie wollen Kaiserin sein. Schauen Sie doch mal in den Spiegel und fragen Sie sich, wie Sie aussehen. Sie täuschen die, die Ihnen übergeordnet sind, und missbrauchen Ihre Untergebenen. Aber für Menschen wie Sie dauert der Frühling nicht an.“
Dann begeht Jiang Qing einen entscheidenden Fehler: Sie lässt die Trauerkränze und die Texte entfernen, die das Denkmal der Helden des Volkes schmücken. Das Resultat ist, dass der Aufmarsch zu Ehren der Toten vollkommen eskaliert. Die Menge rebelliert. Die Demonstration bringt mehr als 100.000 Menschen auf die Straße und dauert vierzehn Stunden, während derer es zu Toten und Verletzten kommt. Mehrere Autos werden in Brand gesteckt.
Jiang Qing nutzt den Aufruhr, um einen missliebigen politischen Rivalen zu beseitigen. Sie macht Deng Xiaoping für die Unruhen verantwortlich: „Deng Xiaoping will, dass ich zur Hölle fahre! Er ist noch schlimmer als Chruschtschow! Dieser Mann strebt die Alleinherrschaft an. Er will sich zum Kaiser ausrufen lassen.“ [37]
Damit will Jiang Qing vor allem verhindern, dass Deng zum Premierminister ernannt wird und damit Zhou Enlai ersetzt. So hätte sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und wäre Zhou Enlai ebenso losgeworden wie Deng
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