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Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Die Frauen des Journalisten (German Edition)

Titel: Die Frauen des Journalisten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerlind Schmidt
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Hosentaschen, machte einen verlorenen Eindruck. Langsam drehte er sich um.
    „Guten Morgen, Frau Mücke.“
    Birgit Mücke, die heute Tagschicht hatte, sah sofort, was mit ihm los war. Er sah müde aus, lustlos.
    „Nun kommen Sie, der Kaffee wird kalt.“, sagte sie streng und „Ich komme gleich mal wieder.“
    Wortmann aß kaum etwas, trank aber seinen Kaffee.
    Wenig später betrat Frau Mücke wieder die Zelle.
    „Sie machen mir Sorgen, Herr Wortmann.“
    Er sah sie gleichgültig an.
    „Ich, wie das?“
    „So geht das nicht weiter mit Ihnen, Sie werden mir noch krank. Wie es aussieht kommen Sie selber ja nicht drauf, deshalb will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Warum schreiben Sie hier eigentlich nichts? Sie haben doch jetzt Zeit, niemand stört Sie.“
    Frau Mücke hatte ernst und mit Nachdruck gesprochen. Wortmann blieb bewegungslos, sah sie nur an. Dann, nach einer Pause konnte er antworten.
    „Worüber? Worüber soll ich hier schreiben?“
    „Mann, reißen Sie sich zusammen! Erfinden Sie Geschichten oder nehmen Sie Ihre eigene Geschichte. Sie haben das doch gelernt.“
    „Ich habe immer nur für Zeitungen geschrieben und...“
    Sie unterbrach ihn streng.
    „Wissen Sie was, ich bringe Ihnen nachher alles, was man zum Schreiben braucht und dann fangen Sie einfach an. Von mir aus fangen Sie damit an, wie es Ihnen bei uns gefällt.“
    Zynisch war das nicht gemeint, er kannte Birgit Mücke doch schon einige Tage. Sie war Anfang 50, üppig gebaut. Ihre krausen, schwarzen Haare trug sie immer hinten zusammengesteckt. Gern hätte er gesehen, wie es aussah wenn sie die Haare offen tragen würde. Trotzdem sie sich sehr bemühte es zu verbergen, in ihren Augen konnte er sehen, dass sie ihn mochte. Mehr ließ sie sich nicht anmerken. Niemals vergaß sie den korrekten Umgang mit ihm.
    Es war noch nicht ganz 10 Uhr, als Birgit Mücke wieder bei ihm in der Zelle stand. In der einen Hand hielt sie einen Block Schreibpapier, in der anderen einige Stifte.
    „Bitte, hier kommt ihr Werkzeug! Wenn ich morgen die erste Runde mache, will ich von Ihnen ein erstes Ergebnis sehen.“
    Es hatte fast wie ein Befehl geklungen. Sie legte beides auf den Tisch und ging ohne weitere Worte hinaus. Eine geraume Weile schlich er um den Tisch herum, sah bewusst daran vorbei und blieb zuletzt am Fenster stehen. Er legte seine Hände  im Rücken zusammen, spannte dann seine Arme und zog die Schultern nach hinten. Er atmete tief durch, richtete seinen Blick ins Weite.
    „Die Frau hat Recht.“
    Das hatte er laut ausgesprochen und dann leise: „Sie weiß, wie sich Menschen hier fühlen und wie man sie anstoßen muss“
    Er drehte sich um, setzte sich an den Tisch, nahm einen Stift und begann zu schreiben. Als das Mittagessen kam, war Michael so vertieft in seine Gedanken, dass sie ihn erst zurückholen musste Er sah sie an und las in ihren Augen freundliche Zuneigung. Sie nickte nur. Zuerst waren es Reflexionen, die er aufschrieb, aber schon bald war er mit seinen Gedanken bei der Frau, die in ihm mehr angerührt hatte, als alle anderen vorher.
     
    Die Hauptstadt der DDR steckte mitten in den Vorbereitungen zu ihrer 750 Jahrfeier, als Wortmann seine neue Berliner Wohnung bezog. Es war nicht sehr viel, was er aus Leipzig mitgebracht hatte, weil fast alle Möbel bei Irene geblieben waren. Seine Bücher und Schallplatten, etwas Wäsche und Geschirr, außerdem sein Bett, das alte Radio und den Plattenspieler, ein kleiner Tisch und zwei Stühle, mehr war es nicht. Für die erste Zeit würde er damit zurecht kommen. Sein Gehalt würde bald um einiges höher sein als in Leipzig, so dass er in nicht allzu großer Ferne eine neue Wohnungseinrichtung kaufen konnte. Außerdem war die Wohnung nicht sehr groß, da war weniger mehr. Ereignisreiche Monate lagen vor ihm, auf ihn wartete viel Arbeit.
    Aber Berlin würde nicht nur Arbeit für ihn sein in diesem Jahr, endlich würde er auch  Veranstaltungen im Palast der Republik besuchen können, ohne sich lange anmelden zu müssen. Über die Redaktion hatte er sich als erstes eine Karte für ein vielversprechendes Konzert besorgt. Als es soweit war, konnte er es so einrichten, dass ihm vor der Veranstaltung  noch reichlich Zeit blieb, die er für einen Besuch in der Milchbar am Alex nutzen wollte. Er hatte Glück, fand einen gemütlichen Tisch und bestellte sich einen riesigen Eisbecher. Während er das Eis genoss, schaute er gelegentlich in eine Tageszeitung und so hatte er gar nicht bemerkt, wie

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