Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
und stieg aus. Die Klimaanlage seines Audis hatte für behagliche siebzehn Grad im Wageninneren gesorgt, und obwohl er wenig geschlafen hatte, fühlte er sich ausgeruht und frisch, als er die letzten Schritte zum Aufzug ging. Er versuchte, nicht zu viel über den gestrigen Tag nachzudenken. Sich nicht zu viele Hoffnungen zu machen. Als sie danach in seinem Bett gelegen hatten, war ihm aufgefallen, wie sehr er sie vermisst hatte. Für einen kurzen Moment hatte er überlegt, sich ganz dicht zu ihr zu legen und sie einfach nur zu umarmen, aber er hatte sich nicht getraut. Er wusste, dass sie das nicht wollte. Dennoch war sie ihm gestern näher gewesen als je zuvor. Sie war bei ihm zu Hause gewesen. Zu ihm zurückgekehrt. Hatte sich für ihn entschieden. Nicht voll und ganz, aber immerhin.
Ursula konnte sich wahrscheinlich gar nicht voll und ganz für jemanden entscheiden. Und er war erwachsen genug, um damit leben zu können.
Als er am Morgen aufwachte, war sie verschwunden. Er hatte nicht gehört, wie sie das Bett verlassen hatte und gegangen war. Sie hatte ihn nicht geweckt, um sich zu verabschieden. Aber was hatte er auch erwartet? Ursula war immer noch Ursula.
Torkel betrat die Rezeption, nickte dem uniformierten Polizisten hinter dem Empfang zu, der ihm die Zeitungen reichte, und kramte seine Schlüsselkarte für die erste Tür heraus. Doch noch bevor er dazu kam, sie zu benutzen, hörte er eine Stimme:
«Guten Morgen!»
Ein Obdachloser, war Torkels erster Gedanke, aber als er sich umdrehte, erkannte er den Besucher sofort. Sebastian erhob sich von einem der beiden Sofas in der anderen Ecke der Rezeption, wo er gesessen und vor sich hin gedöst hatte, und ging über den Steinboden auf Torkel zu.
«Sebastian. Was machst du hier?»
Torkel ging ihm entgegen, unterdrückte einen Impuls, seinen Besucher zu umarmen und streckte ihm die Hand zum Gruß entgegen. Sebastian drückte sie kurz.
«Dich treffen. Ich habe keinen Termin vereinbart, aber vielleicht hast du ja trotzdem Zeit?»
Typisch Sebastian, dachte Torkel. Einfach so aufzutauchen. Wenn es ihm passte, musste es auch den anderen passen.
Nachdem sie im April gemeinsam den Fall in Västerås gelöst hatten, war Sebastian einfach wieder verschwunden. Hatte keinerlei Interesse gezeigt, ihre Freundschaft wieder aufzunehmen, die nun schon seit mehreren Jahren brachlag. Torkel hatte ihm wahrhaftig viele Gelegenheiten dazu gegeben, aber Sebastian war geschickt jedem Versuch ausgewichen, ihren Kontakt wieder zu vertiefen.
Für einen kurzen Moment überlegte Torkel, ob er ihn nicht einfach abblitzen lassen sollte. Ihm erklären, dass es gerade tatsächlich nicht passte. Er keine Zeit hatte. Das wäre natürlich das Beste gewesen. Das Richtige. Seine Erfahrung sagte ihm, dass Sebastians plötzliches Auftauchen auf keinen Fall Gutes verhieß. Trotzdem ertappte Torkel sich selbst dabei, wie er ihm zunickte zum Zeichen, ihm zu folgen, die Schlüsselkarte durch das Lesegerät zog und ihn in die Reichsmordkommission einließ.
«Du siehst müde aus», stellte Torkel fest, als sie im Aufzug standen, der sie in den vierten Stock bringen sollte.
«Das liegt daran, dass ich müde bin.»
«Wartest du schon lange?»
«Ein paar Stunden.»
Torkel warf einen Blick auf seine Uhr. Zehn vor sieben.
«Dann bist du aber früh aufgestanden.»
«Eigentlich bin ich gar nicht erst schlafen gegangen.»
«Muss ich wissen, wo du gewesen bist?»
«Nein, das würde ich selbst am liebsten gar nicht wissen.»
Sie verstummten. Die anonyme Frauenstimme verkündete, dass sie an ihrem Ziel angelangt waren, und die Fahrstuhltüren glitten auf. Sebastian stieg als Erster aus. Sie gingen nebeneinander den Flur entlang.
«Womit beschäftigst du dich gerade so?», fragte Torkel in einem neutralen Tonfall, während sie zu seinem Büro gingen. Sebastian konnte nicht umhin, ein wenig beeindruckt zu sein. Trotz allem wurde er korrekt behandelt.
«Du weißt schon, ich mache das Übliche.»
«Also nichts.»
Sebastian antwortete nicht.
Torkel blieb vor einer Tür stehen, öffnete sie und bat Sebastian in sein Büro. Er ließ die Tür offen stehen, zog sich die Jacke aus und hängte sie auf einem Bügel an einen Haken an der Wand. Sebastian setzte sich auf einen Zweisitzer.
«Willst du Kaffee?», fragte Torkel, während er selbst hinter dem Schreibtisch Platz nahm und die Maus anstieß, um den Computer aus dem Energiesparmodus zu wecken.
«Nein, ich will einen Job. Oder besser gesagt, ich
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