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Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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ging.
    Irgendwann sagte er es auch selbst, später, als er groß genug war und die Klassenkameraden ihn fragten, warum er so selten in der Schule war, warum sie nie bei ihm zu Hause spielen durften, weshalb er nach der Schule nie irgendwohin mitkam, warum er nie zu Festen ging und keinen Sport trieb.
    «Mama geht es gerade nicht so gut.»
    Manchmal, wenn es ihr besser ging, sagte sie zu ihm, dass es traurig für ihn sei, bei einer so schlechten Mutter aufzuwachsen.
    Viel öfter jedoch sagte sie ihm, er sei schuld daran, dass sie krank war. Hätte sie ihn nicht bekommen, wäre alles gut gewesen. Er hatte sie zerstört.
    Als er zehn Jahre alt war, konnte sie nicht mehr mit ihnen zusammenwohnen. Sie verschwand. Er wusste nicht wohin. Sie besuchte Papa und ihn nie. Merkwürdigerweise war Papa ab da häufiger zu Hause. Ausgerechnet zu einer Zeit, in der er wirklich allein zurechtkam. Teils, weil er alt genug war, teils, weil seine Mutter nicht mehr da war und er sich nicht mehr um sie zu kümmern brauchte. Erst viel später begriff er, dass sich Papa all die Jahre in seine Arbeit geflüchtet hatte. Sich ferngehalten hatte. Er hatte nicht mit der Krankheit umgehen können und die Verantwortung auf seinen Sohn abgeschoben. Vermutlich hätte er seinen Vater dafür hassen sollen, doch als ihm diese Einsicht kam, gab es bereits so viel anderes und so viele andere, die er viel inbrünstiger hasste.
    Seine Mutter starb anderthalb Jahre, nachdem sie die Familie verlassen hatte. Während der Beerdigung wurde mehrmals hinter vorgehaltener Hand von Selbstmord geflüstert, aber er erfuhr es nie sicher.
    Sechs Monate danach tauchte eine Frau, die er nicht kannte, an seinem Geburtstag auf. Sie hieß Sofia. Wie immer feierte er nicht, denn wer sollte schon kommen? Nach mehreren Jahren ohne soziale Kontakte und vielen Fehlzeiten in der Schule hatte er keine Freunde mehr. Aber Sofia hatte ein Geschenk für ihn dabei. Einen Super Nintendo. Den hatte er sich schon seit über einem Jahr gewünscht, jedoch immer zu hören bekommen, so ein Gerät sei zu teuer, sie hätten nicht genug Geld. Sofia dagegen schien das nicht für ein besonders exklusives Geschenk zu halten. Abgesehen von der Konsole bekam er sogar noch ganze vier Spiele! Er begriff sofort, dass diese Frau mehr Geld hatte als Papa und er. Als sie jemals gehabt hatten.
    Sie blieb über Nacht.
    Schlief bei seinem Vater im Zimmer.
    Wie Papa später erzählte, hatten sie sich in dem Auktionshaus, in dem er arbeitete, kennengelernt. Sofia war sowohl fachkundig als auch interessiert gewesen. Sie hatte ziemlich viele Stücke zum Verkauf gegeben, aber auch einige schöne Sachen ersteigert. Teure Dinge. Er mochte Sofia. Sie machte Papa glücklicher, als er es lange Zeit gewesen war.
    In den kommenden Monaten sah er Sofia häufiger. Viel häufiger. An einem Wochenende verreisten Papa und Sofie gemeinsam, und als sie zurückkehrten, waren sie verlobt. Anschließend sprach Papa mit ihm. Es war ein ernstes Gespräch. Er hatte vor zu heiraten, und sie würden umziehen. Weg von allem. Zu Sofia. Sie wohnte in der Innenstadt und hatte viel Platz. Er zweifelte nie wirklich daran, dass Papa Sofia mochte, verstand aber gleichzeitig, dass ihr Geld dabei eine nicht unwichtige Rolle spielte. Papa erwähnte oft, dass sie nun aufgestiegen seien, dass sie nie wieder etwas vermissen müssten, wenn sie sich geschickt angestellten, und dass dies eine Chance war, etwas mehr zu bekommen.
    Ein Neustart. Ein neues Leben. Ein besseres Leben.
    Er hatte es verdient, nach allem, was passiert war. Diesmal würde alles gutgehen. Nichts und niemand sollte das zerstören.
    Einige Wochen nach der Verlobung hatte er zum ersten Mal Sofias Familie kennenlernen dürfen. Ihre Eltern Lennart und Svea, ein Paar in den Sechzigern, und ihren Bruder Carl. Bei einem Abendessen in der Villa Källhagen. Sie waren sehr nett. Er verschüttete sein Getränk und versteckte sich aus Angst vor den Konsequenzen, doch niemand war ihm böse. Je länger das Essen andauerte, desto entspannter wurde er. Sofia schien eine fröhliche Familie zu haben, ganz ohne Geisteskranke. Als Papa und er sich verabschieden wollten, nahm ihn Sofias Vater beiseite.
    «Wie du ja schon weißt, heiße ich Lennart, aber du darfst mich Opa nennen, wenn du willst – jetzt wo wir miteinander verwandt sind.»
    Das tat er gern. Er mochte den leicht angegrauten Mann mit den freundlichen braunen Augen, der so gern lachte.
    Damals. Als sie sich gerade kennengelernt

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