Die Frauen von Bramble House
es ist ein Gefühl, wie zum Mond fliegen. Vielleicht könnte man sagen, ich bin irgendwie ganz zufrieden.«
»Aber … du liebst Andrew nicht?«
»Ich … weiß wirklich nicht, Mam. Aber wenn ich mich danach frage, krieg ich nur lauter unklare Antworten, also sag ich mir immer wieder, ich muß eben Geduld haben, es wird schon kommen. Aber, Mam, ich bin doch noch nicht mal siebzehn, und ich glaube nicht, ich muß jetzt schon so geduldig sein, was meinst du?«
»Es ist das Baby. Da fühlst du dich so; ich meine, was geduldig sein angeht. Du kannst nämlich gar nichts anderes machen. Nach der Geburt, wenn es da ist, denkst du ganz anders.« Damit schob Lizzie ihr den Arm unter und fragte mit viel weniger ernstem Ton: »Wie kommst du mit seiner Mutter zurecht?«
»Ach, mit der werde ich nie gut auskommen, glaube ich. Ich mag seinen Paps und seine Schwester auch. Komisch, aber die mag ich wirklich. Aber weißt du, was? Andrew schämt sich für sie, ich meine, nicht seine Schwester. Seine Mutter. Und das ist nicht richtig, weil sie doch so ganz für ihn da war, nicht?«
»Oh, das kann man wirklich sagen.«
»Sie gewöhnt sich mehr und mehr an, abends ungebeten einfach bei uns hereinzuplatzen. Und Andrew ist manchmal dann wenig höflich ihr gegenüber. Und dann tut sie mir leid. Besonders wenn er sie so bloßstellt wie neulich.« Sie gluckste ein bißchen. »Seine Mutter schaute im ganzen Wohnzimmer herum und sagte: ›Nobel, wer es sich leisten kann!‹ Und er hat sie sofort scharf angefahren: ›Nobel ist, wer nobel handelt, heißt das, Ma!‹ Und sie lachte und sagte: ›Ganz mein gescheites Bübchen.‹ Es ist schon komisch, aber sie tut mir leid, wenn er sie dermaßen von oben herab behandelt. Und sie ist nicht dumm, weißt du, Mam, also muß sie so was doch verletzen. Wenn sie doch bloß nicht so … wenn sie doch bloß ein bißchen anders wäre!«
Als sie aus dem Gehölz traten, sagte Peggy: »Schon wieder ein Wochenende. Ich hatte gedacht, es würde sich alles so lang hinziehen, dabei fliegt die Zeit. Wenn es so schön bleibt, wollen wir morgen nach Shields runter. Weißt du noch, wie du mich immer zum Sandstrand gebracht hast?«
»Ja, ich erinnere mich. Dein Vater fährt auch übers Wochenende weg.«
»Papa? Wohin denn?«
»Wahrscheinlich wieder dorthin, wo er seinen Urlaub verbracht hat. Beim Abendessen sagte er bloß: ›Ich bin bis Sonntagabend weg.‹ Und das war unsere längste Unterhaltung seit einer ganzen Woche.«
Peggy seufzte. »Ach, es könnte alles ganz anders sein, wenn er nur anders wäre.«
»Ja, wirklich, es könnte anders sein. Aber die Dinge sind nie so, wie man sie gerne hätte. Kommst du mit herein und sagst Oma guten Tag?«
»Nein. Ich hab dir doch schon gesagt, ich muß mir was fürs Essen einfallen lassen.«
»Servier ihm eine Eiskremwaffel und ein kaltes Zitronengetränk. Ich könnte mir denken, mehr wird er nicht wollen, nachdem er den ganzen Tag im Laden war.«
Und damit trennten sie sich. Lizzie trat ins Haupthaus, Peggy ging zu ihrer Anbauwohnung.
»Ich wollte, ich könnte die ganze Nacht bleiben.«
»Oh, ich auch, Liebste, ich auch. Aber wenn er doch weg ist, wer sollte es merken, wenn du nicht zurück bist? Ach so, ja, ich weiß schon, du mußt Das Gutenacht-Zeremoniell absolvieren. Aber das kannst du doch machen, fahr zurück und sag Gute Nacht. Laß den Wagen draußen auf der Straße, dann hören sie es nicht, wenn du wieder wegfährst.«
»Ach nein, Henry; es ist einfach zu gefährlich. Wenn meine Mutter sich entschließt, eine ihrer Beschwerden zu kriegen, kommt sie immer und klopft bei mir an. Sie ist ganz wie ein kleines Kind: ›Lizzie? Lizzie!‹ jammert sie dann. ›Es geht mir wirklich gar nicht gut!‹ Nein, es wäre einfach zu riskant. Ach, aber ich möchte so gern …«
»Irgendwas muß da geschehen, Liebes, weißt du? Wir können nicht so weiterleben, nicht für immer. Und es hätte auch kaum Sinn, darauf zu warten, daß er stirbt, denn der gehört zu den Typ Menschen, die sich ans Leben klammern, bis sie neunzig sind.«
»Ach, sag doch nicht sowas.«
»Also, eins kann ich dir sagen, meine Teuerste, daß ich nicht willens bin, herumzuhängen und zu warten, bis er neunzig ist.«
»Warte doch bitte, bis wir diese Babysache hinter uns haben. Ich möchte, daß Peggy erst ihr Kind kriegt und zur Ruhe kommt. Weißt du« – sie machte sich aus einer Umarmung frei –, »ich mache mir irgendwie Sorgen um sie. Ganz unabhängig von den ganzen anderen
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