Die Frauen von Clare Valley
Liebe. Eine wunderbare Ergänzung zu deinem jetzt schon fabelhaften Erfrischungsangebot.«
Emily goss den Rest in Lolas Glas und deutete in Richtung Schaufenster. »Es ist wirklich grässlich, Lola. Ich hoffe, ich darf das sagen. Die ganze Stadt spricht schon darüber.«
»Aus den falschen Gründen. Ja, ich weiß. Es ist ein Jammer. Ein fetter Scheck, direkt vor unserer Nase. Denk doch nur, was wir Gutes damit tun könnten. Und nun wird ein anderes Geschäft gewinnen und das Geld, was weiß ich, in ein neues Neonschild oder eine neue Kasse investieren.«
»Du meinst nicht, dass dieses Ding aus Versehen umfallen könnte? Ein wenig wackelig sieht es aus.«
»Emily! Welch Verschlagenheit hinter dieser Unschuldsmiene. Und natürlich meine ich das. Ich habe letzte Nacht nicht von Manderley geträumt, sondern von Kerosin und einem Streichholz. Wusch, alles geht in Flammen auf, und wir sähen wahrlich eine Darbietung des feurigen Elements. Aber unsere arme Feuerwehr hat bei der Hitze schon genug zu tun.«
»Ich könnte stolpern und ein wenig Geißberg-Mix verschütten.«
»Das würde Mrs Kernaghan gefallen. Noch mehr Farbe, noch mehr Drama.«
Die Tür ging auf, und eine Kundin kam herein. Eine lange Chiffonbahn wehte im Luftzug. »Emily, Liebes, schnappst du dir das bitte?«, drängte Lola. »Das verdammte Zeug verfängt sich jedes Mal in der Tür. Wir haben Mrs Kernaghan dringend gebeten, an der Stelle einen Windschutz anzubringen, doch offenbar zerstört das die Seele ihrer Kreation.«
»Die Jurierung ist ja schon in wenigen Tagen«, beruhigte Emily sie. »Danach könnt ihr doch abbauen, oder?«
Lola schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Laut Reglement müssen die Beiträge mindestens bis zum 26. Dezember sichtbar bleiben. Offenbar ist der Wettbewerb eine Touristenattraktion. Was nicht für unser Schaufenster gilt. Unseres dient der Touristenabschreckung.«
Emily grinste und sah auf die Uhr. »Ich muss wieder ins Café.«
»Nein, warte kurz!« Auf so eine Gelegenheit hatte Lola gewartet. Ihre einzige Kundin stöberte in Ruhe allein herum. Also, wie sollte sie das diplomatisch ansprechen? Lola hatte lange darüber nachgedacht, seit Emily und Luke in ihrer Gegenwart errötet waren. Denn Emily war furchtbar schüchtern und Luke sogar noch schüchterner. Sie musste sehr behutsam vorgehen, um nicht die Pferde scheu zu machen, wie man so schön sagte, und um zu ergründen, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Sie senkte die Stimme. »Emily, kann ich dich etwas fragen?«
Emily flüsterte zurück: »Natürlich.«
»Bist du in Luke verliebt?«
Und wieder die schlagartige Röte. Bingo! »Darling, genier dich nicht«, sagte Lola rasch, als sich Emily die Hände auf die Wangen legte. »Das ist wundervoll.«
»Ist es so offensichtlich? Oh, Lola, nein! Es wäre schrecklich, wenn er das erfahren würde. Wenn irgendjemand das erfahren würde. Woran hast du das gemerkt?«
»Wir alten Hasen wissen Mittel und Wege, Darling.«
»Er weiß davon aber nichts, oder? Du hast es ihm doch nicht gesagt?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Lola. Noch nicht . »Aber was für eine großartige Wahl. Ein reizender junger Mann, so clever, so liebevoll zu seiner Mutter …«
»Und so attraktiv.«
Attraktiv? Lola hielt Luke für einen wirklich lieben Jungen, doch sie bezweifelte, dass diese sonderbare Mischung aus Schlaksigkeit und einer recht eigenwilligen Mähne als attraktiv durchging. Doch Emily errötete immer heftiger.
»Was mache ich bloß, Lola?«
»Ihn fragen, ob er mit dir ausgehen will.«
»Warum sollte er?«
»Warum nicht, meinst du wohl. Du wärst ein Glücksgriff. Eine erfolgreiche Unternehmerin, eine Seele von Mensch …«
»Ich bin für ihn doch gar nicht hübsch genug.«
»Natürlich bist du hübsch genug.« Was eine verzeihliche Lüge war. Mit ihrem recht durchschnittlichen Gesicht und einer Figur, die nicht gerade Modelmaß entsprach, war Emily keine strahlende Schönheit, doch sie hatte ein gutes Herz und ein wunderschönes Lächeln. Solche Eigenschaften waren weit dauerhafter als ein attraktives Äußeres.
»Lola, ich bin seit Jahren in ihn verliebt. Seit er uns damals mit in diese Disko genommen hat. Weißt du das noch?«
Lola wusste es noch ganz genau. Der Vorfall hatte sich in Emilys letztem Schuljahr ereignet. Kane, ein regelrechtes Ekelpaket, hatte vier der schüchternsten, unsichersten Mädchen seines Jahrgangs zum Abschlussfest eingeladen, in der Absicht, sie zu versetzen. Vor aller Augen. Doch dann
Weitere Kostenlose Bücher