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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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hatte Lola von der Sache Wind bekommen, die Mädchen informiert und den Spieß herumgedreht. Kane hatte am Ende als der Trottel dagestanden, als Luke die vier Mädchen in seinem heiß geliebten und mittlerweile verschrotteten Torana zu der Feier gefahren und gewartet hatte, während sie triumphierend an einem bereits blamierten Kane vorüberzogen.
    »Und seither hast du eine Schwäche für Luke? Und hast gar nichts unternommen? Emily, ich ziehe den Hut vor so viel Duldsamkeit.«
    »Das ist keine Duldsamkeit. Sondern Realitätssinn. Als ob ich eine Chance bei ihm hätte!«
    »Warum solltest du keine Chance bei ihm haben?«
    »Bei ihm stimmt alles – er sieht gut aus, ist erfolgreich im Beruf … Die Frauen müssen sich doch reihenweise auf ihn stürzen.«
    Hatte Luke je eine Freundin, sei es in Clare oder Adelaide, erwähnt? Nein. Aber Lola sprach mit ihm auch eher über Computer als über Liebesangelegenheiten. Doch sie hatte sich ganz sicher nicht geirrt. Luke war rot geworden, als Emily erschien. Es sei denn, es waren Hitzeblattern … »Überlass das ruhig mir, Emily.«
    »Nein, Lola, bitte nicht! Bitte sag ihm nichts. Das halte ich nicht aus.«
    »Du würdest es nicht aushalten, wenn sich eine Möglichkeit ergäbe, mit Luke auszugehen? Höre ich neuerdings schlecht? Hast du nicht gerade gesagt, dass du seit Jahren eine Schwäche für ihn hast?«
    »Ja, aber … Ich muss los. Danke, dass du das neue Getränk probiert hast.« Emily stürmte regelrecht aus dem Laden, wobei die Schaufensterpuppe besonders heftig schwankte. Lola konnte sie gerade noch auffangen.
    Als Lola abends ins Motel zurückkehrte, war Geraldine allein in der Küche. Im Tagesablauf eines Motels gab es immer einige Stunden der Muße. Wenn morgens die Zimmer gemacht und die Teilzeitkräfte Dienstschluss hatten, wenn die Vorbereitungen für das Abendessen beendet waren und man auf die Essensgäste wartete. Den Nachmittag hatte Lola während ihrer vielen Jahre im Gastgewerbe am meisten geliebt, wenn alles organisiert war und eine Atmosphäre aus zufriedener Gelassenheit und erwartungsvoller Vorfreude herrschte. Würden unangemeldete Gäste kommen? Würde es ein hektischer Abend? Würde alles gut gehen, oder würde einer der jungen Kellner aus der Stadt einen Teller fallen lassen oder eine Bestellung verwechseln? Diese Sorgen lagen hinter ihr, nun waren Jim und Geraldine für den gesamten Ablauf zuständig, doch Lola dachte gern daran zurück.
    Geraldine schien weder zu Gelassenheit noch zu Vorfreude fähig. Wenn sie nicht im Kühlraum Ordnung machte, sterilisierte sie die Arbeitsflächen. Putzte sie Besteck. Bleichte sie Servietten. Im Moment schrubbte sie um ihr Leben und rückte dem Backofen mit Gummihandschuhen, penetrant riechendem Reinigungsmittel und Schwamm zu Leibe.
    Für die Mädchen war Geraldines Arbeitswut ein wunder Punkt gewesen. Sie hatten sich sehr gewünscht, dass ihre Mutter ebenso viel Zeit und Interesse für sie aufbringen würde. Doch dieser Typ Mutter war Geraldine nicht. Das hatte Lola gleich erkannt. Einige Frauen waren für die Mutterrolle geboren. Andere Frauen wirkten angesichts ihrer neuen Situation geradezu fassungslos. Geraldine aber war … sachlich, das war vielleicht das beste Wort. Distanziert. Keinesfalls grausam. Oder lieblos. Doch von Anfang an waren Anna, Bett und Carrie zu Lola gekommen, wenn sie Spaß und Spiel wollten. Geraldine hatte sich um die praktischen Belange gekümmert, für die Mädchen gekocht, sie angezogen, zur Schule gebracht und sie, wenn sie Zeit hatte, dort abgeholt. Lola hatte die Fantasie der Mädchen angeregt, Lachen und Musik in ihr Leben gebracht. Natürlich hatte Jim sie unterstützt. Jim war – damals so wie heute – ein hingebungsvoller Vater und nun ein hingebungsvoller Großvater. Aber das Motel hatte auch ihn sehr beansprucht. Lola war die Konstante im Leben der Mädchen gewesen.
    Wie wollte ein Elternteil, ob verheiratet, alleinstehend, verwitwet oder was auch immer, einem Kind überhaupt alles geben, was es brauchte? Es war unmöglich. Vielleicht, so dachte Lola, wären Kommunen eine Lösung, wo Kinder ihre Freiheit und mehrere Bezugspersonen hatten. Vielleicht war auch das Leben in manchen afrikanischen Dörfern ein gutes Modell, so wie es die Dokumentarfilmer zeigten, wo offenbar viele Menschen eine Rolle bei der Betreuung und Förderung der Kinder spielten. Vielleicht hatte Lola so etwas Ähnliches auf irisch-australische Motel-Art gelebt. Ja, doch, im Rückblick würde sie

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