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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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ihr egal. »Jeden einzelnen Tag reibt sie mir unter die Nase, dass sie drei Kinder hat und nicht bloß zwei und trotzdem einen perfekten Haushalt führt, ihre Kinder perfekt kleidet, sich mit ihrem dämlichen Walking und ihrem dämlichen Netzball fit hält, und dann bringt sie auch noch Mum und Dad dazu, Babysitter zu spielen, wo ich es nicht mal wagen würde, die beiden zu fragen. Und von Mal zu Mal trägt sie dicker auf, und von Mal zu Mal werde ich neidischer auf ihr dämliches, zufriedenes, perfektes Leben und ihr dämliches, zufriedenes, perfektes Ich!«
    »Bett!«
    »Mir ist das ernst, Daniel. Du musst dir das ja nicht anhören! Dir sagt sie ja nicht, dass du überall nur Mist baust. Dabei muss sie es mir gar nicht sagen. Ich sehe es doch selbst. Sie ist die perfekte Mutter, ich bin das Desaster. Und allmählich hasse ich sie dafür. Wirklich. Ich hasse sie! Dabei ist sie die einzige Schwester, die mir geblieben ist, und manchmal …«, da endlich flossen Tränen, »manchmal wünschte ich, sie wäre tot und nicht Anna. So schrecklich bin ich, Daniel. Und dafür hasse ich mich noch mehr.«
    Daniel rührte sich nicht, sagte nichts. Er sah Bett nur an.
    »So ist das, Daniel. Ich bin ein schlechter Mensch. Eine schlechte Mutter. Eine schlechte Schwester. Und eine schlechte Ehefrau. Du willst wissen, was ich in der Stadt getan habe? Ich bin zur Zeitung gegangen und habe um einen Job gebettelt. Ich werde dort nicht einmal gebraucht, aber ich habe gebettelt, denn noch ein einziger Tag hier, allein, als schlechte Mutter, und ich verliere den Verstand. Ich kann das nicht. Ich bin nicht gut darin. Ich weiß, ich müsste meine Kinder lieben und alles für sie tun, und natürlich liebe ich sie, von ganzem Herzen, aber warum gelingt mir das hier nicht? Es ist mir ernst. Was stimmt mit mir denn nicht?«
    »Wann wolltest du mir das mit der Zeitung erzählen?«
    »Heute Abend.«
    »Und wann hattest du den Termin vereinbart?«
    »Letzte Woche.«
    »Und das hast du mir nicht erzählt?«
    »Es ging nicht.«
    »Aber ich bin dein Mann.«
    Darauf wusste sie keine Antwort.
    »Und wie hast du dir das mit den Zwillingen gedacht?«
    »Ich wollte dich bitten, auch auf Teilzeit zu gehen und dich ebenfalls um sie zu kümmern. Mir ist bewusst, dass wir uns keine Krippe leisten können.«
    Nun würde er sie sicher in den Arm nehmen, sie trösten, ihr sagen, mach dir keine Sorgen, das bekommen wir schon hin.
    Doch nichts geschah. Er rührte sich nicht. Als er schließlich etwas sagte, tat er es mit leiser Stimme. Er sah auch nicht wütend aus. Er wirkte traurig und erschöpft.
    »Ich hatte geglaubt, wir hätten eine gute Beziehung, Bett. Wir würden über alles reden. Dass wir als Familie eine Einheit wären und alles, das Gute und das Schlechte, gemeinsam bewältigen würden. Aber offenbar siehst du das nicht so.«
    Sie konnte ihn nur anstarren. Sie hätte sagen müssen, nein, du irrst dich, natürlich sind wir eine Einheit. Doch auch sie war zu müde. Zu traurig. Zu – zu alles.
    »Ich kläre das morgen bei der Arbeit«, sagte er.
    »Was?«
    »Ich kläre morgen, ob ich im neuen Jahr auf Teilzeit gehen kann.«
    »Einfach so?«
    »Das willst du doch, oder? Das würde dich doch glücklich machen, oder? Dein Leben verändern?«
    »Ja. Nein. Ich weiß nicht.«
    »Bett, du hast das eine Woche lang geplant. Du hast Lola deswegen angelogen. Also muss es dir wichtig sein. Wenn du willst, dass ich meinen Chef frage, dann tu ich das. Also, willst du das?«
    Sie hatte plötzlich keine Ahnung mehr, was sie wirklich wollte. Sie konnte nur noch nicken.
    »Gut. Dann mach ich das.«
    Sie spülten schweigend. Jeder Versuch von Bett, ein Gespräch in Gang zu bringen, wurde von Daniel einsilbig zunichtegemacht. Von sich aus sagte er nichts. Sie fragte ihn drei Mal, ob alles in Ordnung sei. Er nickte jedes Mal.
    »Ich muss nur über vieles nachdenken«, erklärte er.
    Sie ging als Erste ins Bett und weinte in ihr Kissen. Er kam nicht, falls er sie überhaupt hörte, um sie wie sonst zu trösten, ihr das Haar aus der Stirn zu streichen, ihr zu sagen, dass er sie liebte, die Familie liebte, die sie gegründet hatten, und sie solle schön im Bett bleiben und sich mal richtig ausschlafen. Im Wohnzimmer lief der Fernseher. Er sah sich eine Sendung an, die er sich sonst niemals ansah.
    Als er ins Bett kam, schlief sie schon. Als sie in der Nacht zwei Mal aufstand, um nach den Zwillingen zu sehen, bot er keine Hilfe an, obwohl sie spürte, dass er wach war. Als sie

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