Die Frauen von Clare Valley
und Bett abgeholt hatte.
Sie hatte, so gut sie konnte, aufgeräumt, doch Carries Röntgenblick entging kein hastig geschlossener Schrank, keine dreckige Oberfläche, keine staubige Fensterbank. Zum Glück war Lola mit ihrer Gang, wie Bett sie insgeheim nannte, da schon bei ihr gewesen. Für Damen reiferen Alters waren alle erstaunlich albern. Hätte nicht die frühe Stunde dagegen gesprochen, hätte Bett das eine oder andere Schlückchen Alkohol vermutet. Sie waren alle auch recht unbefangen mit Betts und dann mit Carries Instruktionen in Sachen Kinderbetreuung umgegangen. Am Ende hatte sich Lola eingemischt.
»Darlings, bitte! Wir gemeinsam haben eine ganze Fußballmannschaft großgezogen. Jetzt fahrt, packt die Pakete und macht euch unseretwegen keinen Kopf. Ihr dürft gern anrufen, aber nur zwei Mal, okay? Und falls irgendetwas sein sollte, rufen wir euch an. Davon abgesehen, Margaret ist Ersthelferin, oder, Margaret?«
»Ich? Na ja, ich spende Blut beim Roten Kreuz …«
»Perfekt. Dann bist du ja nicht zimperlich«, hatte Lola gesagt. »Nun verschwindet schon, Mädchen. Wir sehen uns um sechs!«
Sechs Uhr abends. Das war noch lange, lange hin. Bett unterdrückte einen Seufzer. Wäre da doch nicht dieses Spannungsgefühl, in den Schläfen, im Rücken, im ganzen Körper. Der Abend mit Daniel war wieder schrecklich gewesen. Nach außen hin gingen sie höflich miteinander um, wirkte alles ganz normal, doch sie hatte ständig das Gefühl, sie müsste weinen, und sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie Daniel zu der Teilzeitregelung gedrängt hatte. Sie hatte Lolas Vorschlag aufgegriffen und es mit dem täglichen Spaziergang versucht. Tja, spazieren gegangen waren sie. Doch sie hatten dabei nur gestritten, die ganze Zeit, den ganzen Kilometer auf dem Riesling-Wanderweg, entlang der alten Eisenbahnlinie, und auch auf dem Heimweg. Sie fanden keine Basis mehr. Keine unverfänglichen Gesprächsthemen. Bett wollte sich noch einmal entschuldigen, sich noch einmal erklären, doch Daniel war ihr ins Wort gefallen.
»Bett, du hast deinen Willen durchgesetzt, also machen wir es so. Ganz einfach.«
»Aber es kommt mir falsch vor.«
Er war stehen geblieben. »Dann willst du nicht, dass ich im neuen Jahr auf Teilzeit gehe?«
»Doch, schon. Nein, ich meine, nein! Nein, will ich nicht.«
Dann war er weitergegangen. »Wenn du nicht weißt, was du willst, erwarte nicht von mir, dass ich es weiß.«
Er hatte recht. Sie wusste gar nichts mehr. Sie hatte erwartet, dass es anders, besser würde. Doch ihr ging es nur auf neue Weise schrecklich.
Carrie gegenüber erwähnte sie davon selbstverständlich nichts. Auf der Fahrt zum Motel hatte Carrie in ihrem heuchlerisch unschuldigen Ton gefragt: »Wie ich höre, gehst du schon früher als geplant in deinen Job zurück?«
»Hm. Ich hab schon die ersten Stunden hinter mir. Im neuen Jahr arbeite ich dann einen Tag pro Woche.«
»Und Daniel geht dann auch auf Teilzeit? Kümmert sich mit dir um die Zwillinge?«
»Hm.«
Großartig , hatte sie von Carrie hören wollen. Ihr zwei seid ein tolles Team . Stattdessen war ihrer Schwester die Missbilligung förmlich aus den Poren geströmt. Bett hatte Luft geholt und erklären wollen, warum sie es versuchten, wie verlassen, wie überfordert sie sich gefühlt hatte, doch da hatte Carrie mit viel Theater das Radio laut gedreht und bei einem Popsong mitgesungen – und auch noch, wie Bett zugeben musste, jeden Ton getroffen. Das war das Ende jeglicher Konversation im Auto gewesen.
»Also, wie packen wir es an?«, fragte Bett mit Blick auf die Pakete.
Carrie zuckte mit den Schultern. »Sag du es mir.«
Bett beherrschte sich nur mit Mühe. »Wir könnten uns ein System ausdenken. Uns abwechseln – die eine stellt alles zusammen, die andere packt oder so.«
»Super.«
Ruhig bleiben, Bett, ganz ruhig bleiben. »Es sei denn, du hättest eine bessere Idee?«
»Mir ist total egal, wie wir das hier machen.«
»Ist ja eine tolle Einstellung, Carrie. Echt karitativ. Warum rufen wir die Leute nicht an und sagen, sie sollen sich ihren Kram gefälligst selbst abholen? Klingt das besser? Dann sparst du dir die Mühe.«
»Gott, sind wir heute wieder schnippisch. Wird es doch ein wenig anstrengend, mit Job und Haushalt?«
Da war es mit dem Ruhigbleiben vorbei. »Leck mich, Carrie.«
»Lass deinen Frust bitte nicht an mir aus.«
»Du selbstsüchtige, eingebildete …«
»Gott, wirst du nie erwachsen? Solche Schimpfworte in deinem Alter? Ich
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