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Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition)

Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition)

Titel: Die Frauen von Ithaka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Elis und legte Polyxenos herein … Zu Hause hat er gelogen, er würde seine Rinderzucht besichtigen. Aber in Wirklichkeit zerbrach er sich schon seinen durchtriebenen Kopf darüber, wie er wieder auf irgendeine krumme Reise gehen könnte. Seine Frau, die vom braven und ahnungslosen Volk bedauerlicherweise geachtet wird, hat er unter einem verschrobenen Vorwand ins Ausland geschickt. Er selbst ist nach Thesprotien gegangen. Kennst du Kallidike? Ich habe nicht viel Gutes über sie gehört. Eine Provinzkönigin, nicht mehr ganz jung, wenig gepflegt, aber reich. In letzter Zeit sucht Ulysses zunehmend die Gnade älterer Frauen«, sagte meine Mutter spitz.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Hermes anspielungsreich, »was du meinst, wenn du von der letzten Zeit sprichst. Ulysses hat zu jeder Zeit die reifen Schönheiten bevorzugt.«
    Meine Mutter winkte ärgerlich ab.
    »Du denkst an Helena«, sagte sie giftig, »und da hast du vielleicht recht! Ansonsten wäre es eine abgeschmackte Anspielung, was du sagst. Du hast recht, wenn du von Kallidike oder Penelope sprichst. Ich weiß wirklich nicht, was er an diesen reifen Provinzschönheiten findet. Vielleicht nur, dass er vor ihnen nicht den Helden spielen musste. Obwohl, in Thesprotien hat er noch einmal den Helden gespielt. Im Namen seines Gastgeberhauses ist er gegen die Bryger in den Kampf gezogen.«
    »Das war harmlos.« Hermes zuckte mit den Schultern. »Die Bryger sind ein dahergelaufenes Volk, entfernte Verwandte der Phryger. Sie haben einen thrakischen Gott, den armseligen Ares! Damit ist alles gesagt.« Er biss sich auf die Unterlippe und feixte verächtlich.
    »Sie kennen das Salz nicht«, sagte meine Mutter ernst. »Sie kennen das Meer nicht. Ein Festlandsvolk.«
    »Unverständlich«, bemerkte der Argostöter düster. »Er, der immer die Nähe des Meeres gesucht hat.«
    »Er wird alt«, sagte meine Mutter kurz. »Weil Teiresias es ihm geraten hat, wandert er mit dem trotzigen Wahn alternder Menschen im Herzen. Er sucht die Heimat, wo er den Prophezeiungen zufolge dem gewaltsamen Verhängnis entfliehen und sich in die Arme eines milden Todes flüchten kann. Teiresias hat ihm gesagt, dass sich ihm der Tod vom Meer her nähern werde.« Meine Mutter sprach knapp, doch in ihrer Stimme lag eine außergewöhnliche Erregung. »Mit dem Ruder auf der Schulter zieht er umher, sein Bart wird grau, er kommt durch Gegenden, in denen die Menschen nicht einmal ein Ruder kennen.«
    »Alterserscheinungen«, sagte Hermes zustimmend. »Du sagst, auch aus Thesprotien ist er wieder weitergezogen?«
    »Wie ich höre«, sagte meine Mutter verächtlich und nervös. »Er hat abgewartet, bis ihm Kallidike, diese Königin, die nach Talgseife riecht, einen verkrüppelten Sohn geboren hat, wie alle die Frauen auf dem Festland. Einen Bastard mit dem Namen Polypoites. Dem hat er sein angeheiratetes Gelegenheitskönigtum übergeben. Und dann ist er nach Epeiros gegangen.«
    »Jetzt reicht es aber wirklich«, sagte der Gott und schüttelte missbilligend den Kopf. »Die Königin des felsenreichen Epeiros ist eine liebe alte Freundin von mir. Sie ist doch nicht auch in die Sklaverei des Lichtbringers geraten?«
    »Sie hat ihr Schicksal verdient«, sagte meine großartige Mutter mit Unheil kündender Befriedigung. »Auch sie hat Ulysses einen Sohn geboren, den Einfaltspinsel Euryalos. Ich höre, dass dieser Junge sämtliche schlechten Eigenschaften seines herumtreiberischen Vaters geerbt hat. Er trinkt, er ist unbeherrscht und gewalttätig, er lügt, er treibt sich zwischen den Palästen der Inselkönigreiche herum, beruft sich auf seine Abstammung und erwartet, dass die Frauen, die seinen Vater irgendwann kannten, ihn aushalten. Eine Schande für die Familie ist dieser Bengel. Das geschieht Euippe recht!«
    Hermes nickte.
    »Die Arme«, sagte er höflich und gleichgültig. »Sie hatte kein Glück. Im Grunde genommen ist sie keine schlechte Frau, nur leichtgläubig, und ihre Menschenkenntnis hat versagt, als sie den Wanderer getroffen hat. Sie war nicht so vom Glück begünstigt und vorausschauend wie du, großartige Freundin, die du von dem treulosen Ritter schließlich einen prächtigen, gelungenen Spross geschenkt bekommen hast.«
    Meine Mutter kreischte wie ein Turmfalke:
    »Pass auf, was du redest! Telegonos weiß bis heute nicht, wessen Sohn er ist.«
    »Ist’s möglich?«, fragte Hermes gedehnt mit gespielter Verwunderung.
    Meine Mutter stieß die Luft aus und bedeutete ihm stumm, dass das die

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