Die Frauen
jedenfalls nicht so wie Kitty. Ihre Ideen, ihre Bücher, ihre kostbaren Freiheiten waren ihr wichtiger.
»Ja«, sagte Martha mit ihrer Piepsstimme, »ich bin jetzt schon groß. Und ich will einen Teddybär. Lucy kauft mir einen Teddybär. Wusstest du das?«
»Das ist aber nett von ihr«, sagte Kitty geistesabwesend. »Das ist bestimmt -«, und dann rief sie, von Gefühlen überwältigt, mit schriller Stimme nach Llewellyn, verabschiedete sich von dem Kindermädchen und setzte ihren Weg fort, wobei sie in Gedanken Monate und Jahre zusammenzählte und Mamah Cheney aus tiefstem Herzen hasste.
Auf den ersten Blick war Frank an diesem Abend ganz der alte.
Beim Essen scherzte er mit den Kindern, danach setzte er sich lange an den Flügel und spielte sein Repertoire von Gilbert-und-Sullivan-Stücken, und die Mädchen und Llewellyn sangen mit, genau wie sie selbst, auch wenn sie mit dem Herzen nicht dabei war. Und Frank ebenfalls nicht. Er spiegelte nur etwas vor - es war alles nur Vorspiegelung, sie sah es, sie durchschaute ihn. Er schlüpfte ebenso mühelos in die Rolle des Vaters wie in die des Architekten, der einen neuen Auftraggeber begrüßt. Er schlüpfte in diese Rolle, wie er in einen neuen Anzug schlüpfte, nach Maß geschneidert, damit er um so besser glänzen konnte und alle Welt ihn bewunderte, bis die Aufträge sich stapelten und sein Name in aller Munde war.
Er war auf dem Weg zurück ins Studio - er arbeitete jetzt abends, jeden Abend, immer später in die Nacht hinein -, als sie ihn im Gang einholte. Sie hatte nicht vor zu nörgeln, aber sie wollte mit ihm über die offene Rechnung beim Lebensmittelhändler sprechen. Geldangelegenheiten waren einzig und allein seine Sache, aber konnte er nicht die übrigen Ausgaben ein wenig einschränken, bis einige der Rechnungen bezahlt waren? Das war es, was sie sagen wollte, denn es beschäftigte sie, und unter dem Blick, mit dem der Händler sie angesehen hatte, war sie sich gewöhnlich vorgekommen. Sie war auf eine Art angespannt, die sie nicht hätte benennen können, und anstatt von der Rechnung zu sprechen, platzte sie heraus: »Ich habe heute die Cheney-Kinder gesehen, John und die kleine Martha, und musste unwillkürlich ... an dich denken.«
Sie sah den Ausdruck in seinen Augen: Er wollte nichts davon hören, er wollte keine Konfrontation, keinen Streit, und er hatte zu arbeiten, konnte sie das nicht verstehen?
Er musste arbeiten. Arbeiten, um diesen ganzen schlingernden Zirkus in Gang zu halten. Er sagte: »An mich? Warum um alles in der Welt -«
»Sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten.«
Und mit einemmal war er wütend, aufgebracht, wippte auf den Ballen und musterte sie mit zusammengezogenen Brauen. »Wer?« fuhr er sie an. »Martha? Meinst du das?«
Sie konnte diesen Augenblick nicht ertragen, sie konnte ihn nicht hinter sich bringen, ohne den Verstand zu verlieren, denn wenn das stimmte - und sie prüfte ihn, machte ihm Druck, zwang ihn aus der Deckung -, würde sie sich umbringen. Sie würde schreien, dass die Schindeln vom Dach fielen, und kreischend die Straße hinunterrennen, sie würde sich in den See stürzen und tief unten auf dem Grund bleiben, bis nichts mehr von ihr übrig war.
»Du bist eine törichte Frau, Kitty. Nein, du redest dir etwas ein. Du bist verrückt.«
»Warum? Weil ich von meinem Mann erwarte, dass er mich liebt oder wenigstens sein Ehegelübde hält? Ist das verrückt?«
Doch er gab ihr keine Antwort. Er kehrte ihr einfach den Rücken und ging in sein Studio, das taghell erleuchtet war.
Es änderte sich nichts. Der Sommer ging ins Land, die Schule begann, und es wurde abrupt regnerisch. Um sich zu beschäftigen, eröffnete sie im Haus einen Kindergarten, was Frank ihr nur um so mehr zu entfremden schien, als würden die Lebhaftigkeit - und die beglückende Fröhlichkeit, ja, die Fröhlichkeit - von einem Dutzend kleiner Kinder, die sich für ein paar Stunden im Haus herumtrieben, seine Kreativität zerstören und ihn bettelarm auf die Straße treiben. Es war Anfang Oktober, das Laub begann sich zu verfärben, und ein schwacher Geruch nach Rauch hing in der Luft, als Kittyhörte, Mamah sei mit John und Martha nach Colorado gefahren, um eine Freundin zu pflegen, die schwerkrank sei - oder jedenfalls krank genug, um Pflege zu brauchen.
Die drei waren über den Sommer anscheinend irgendwohin gefahren und zum Schulbeginn nicht zurückgekehrt. Kitty kannte die Freundin nicht und wünschte ihr weder Schlechtes noch
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