Die Frauen
hinunter zum letzten Hilfsarbeiter, der nur dazu da war, Baumaterial den Hügel hinaufzuschaffen oder irgendwelche Sachen zu besorgen. Keine Ausreden. Er erwartete absolute und unbeirrbare Loyalität, und das bedeutete, dass jeder den Mund hielt wie Billy Weston. Dennoch - und das reizte ihn, wie man einen Bullen reizte, bevor man ihn aus seiner Box in die Rodeo-Arena ließ - erschien die Tribune am folgenden Tag mit einem ganzseitigen Artikel unter der Schlagzeile: ARCHITEKT WRIGHT BAUT LIEBESNEST FÜR MRS. CHENEY.
Es erstaunte ihn immer wieder, wie schnell die Zeit verging, wenn die Arbeit gut lief: schöne, warme Morgen, an denen die Sonne unmerklich höher stieg und ihnen allen die Hautfarbe von Mulatten verlieh, Nachmittage, an denen Gewitter die Ständerpfosten durchnässten und den Erdboden in eine Matschsuppe verwandelten, und unterdessen bekam das Haus Fleisch auf die Rippen, und es entstanden das anheimelnd flach geneigte Dach und die weiten Überhänge, an denen im Winter Eiszapfen wachsen würden. Er hatte noch nie viel Schlaf gebraucht - fünf bis sechs Stunden pro Nacht, der Rest war für Langschläfer - und war beim ersten Tageslicht auf den Beinen. Dann ging er an der Hügelflanke auf und ab, prüfte die Ausstrahlung und den Geruch des Ortes und konnte es kaum erwarten, die Arbeit wiederaufzunehmen. An den Sonntagen fehlte ihm etwas. Er lauschte den Krähen, den Hähern und Pirolen, er beugte sich zur Erde und ließ sie durch seine Finger rinnen, er stellte sich die Blumen vor, die er im Frühjahr pflanzen würde, die Kirsch-, Pfirsich- und Apfelbäume, den Spargel, den Rhabarber, die Melonen.
Meist kam dann Billy Weston und begrüßte ihn mit einem knappen »Morgen«. Seine breitschultrige Gestalt tauchte aus dem Dunst auf, der aus den Feldern emporstieg; der Gipsverband war verschwunden, so dass der rechte Arm wieder kräftiger wurde und Farbe bekam, der Werkzeuggürtel baumelte in seiner linken Hand, und die Hutkrempe war bis zur Brille in die Stirn gezogen. Bei Kaffee und frisch gebackenen Brötchen unterhielten sie sich leise, bis sich die übrigen Arbeiter einer nach dem anderen einfanden, oder vielmehr: Er sprach, und Billy hörte zu. Das waren überaus gute Gespräche, die Art von Gesprächen, die seinen Geist befreiten und ihn begreifen ließen, und es dauerte nicht lange, bis Billy ebenfalls zu begreifen begann. Taliesin wuchs, und es war nicht nur für ihn und seine Mutter und Mamah, sondern auch für Billy und die anderen Menschen in dieser Gegend, es war ein Objekt von großer Schönheit, das die Maßstäbe, nach denen man die bedeutenden Gebäude der Welt beurteilte, verschieben würde, und in den kommenden Jahren würden die Menschen Schlange stehen, um es zu bestaunen. Er ließ den Blick über die dunstigen Felder schweifen und spürte, dass sein Genie ihn einhüllte wie ein Umhang. Er war tatsächlich der größte Architekt der Welt. Er war es tatsächlich.*
* Dabei fällt mir eine Geschichte über einen der zahlreichen Zivilprozesse ein, die gegen Wrieto-San geführt wurden. Der Richter fragte ihn nach seinem Beruf, worauf er antwortete, er sei Architekt - der größte Architekt der Welt. »Der größte?« fragte der Richter. »Wie können Sie das behaupten?« Wrieto-San antwortete: »Nun, Euer Ehren, ich stehe schließlich unter Eid.«
Als in der ersten Augustwoche Mamahs Scheidung ausgesprochen wurde, war der größte Teil der Fassade fertiggestellt - jedenfalls so weit, wie es bei einem Rohbau möglich war. Der Dachstuhl war errichtet, die Schindeln wurden aufgenagelt. Die beiden Billys kletterten wie Äffchen auf den Balken herum. Die Männer riefen sich Bemerkungen zu und rissen Witze, undJohnnie Vaughn plapperte unentwegt, während Ben Davis vor sich hin fluchte. Irgend jemand hatte die Zeitung dabei, die Frank nicht einmal eines Blickes würdigte - nur noch mehr Lügen, Erfindungen, Rufmorde -, und beim Mittagessen hatte er ein paar deutliche Worte über die Presse zu sagen, sehr zum Vergnügen von Billy Weston und einigen anderen, doch nachdem alle gegangen waren, musste er einfach die Seite aufschlagen und sie wenigstens überfliegen.
Tatsächlich, da war eine Abbildung von Mamah im Profil, und in der oberen Ecke rahmte ein amateurhaft gezeichnetes Herz ein winziges Bild von Edwin mit seinem missmutig verzogenen Mund und dem haarlosen Eierkopf. Flucht mit Seelenverwandtem endet mit Scheidung verkündete die Überschrift, und in dem Artikel versicherte der
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