Die freien Amazonen - 3
zurück, als es in ihrer Absicht gelegen hatte. Sie seufzte, legte den Arm um Bruna und zog sie an sich.
Bruna, kleines Echo, warum musst du mich immer an meine eigenen unerfüllbaren Sehnsüchte erinnern? Sie küsste ihre Tochter und gab sie frei. Bruna sagte nichts, sie drehte sich nur um und ging ins Haus.
Allira saß, in eine Decke gewickelt, auf der Couch vor dem Kamin und starrte ins Feuer. Als Jungvermählte hatte sie des Abends hier gesessen, um allein zu sein, und im Lauf der Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, dieses Fleckchen als ihr eigenes Sanktuarium zu betrachten, wo sie ungestört nachdenken konnte, wenn die Familie und die Dienstboten schliefen.
Was sollte aus Bruna werden? Auch Allira litt unter den engen Grenzen, die den Frauen gezogen waren, aber sie liebte ihre Familie, und vor ihrer Heirat hatte ihr die Arbeit im Turm Freude gemacht.
Bruna zeigte weder für die Häuslichkeit noch für das laran besonderes Interesse. Aber eine andere Wahl hatte sie nicht. Es war unwahrscheinlich, dass Domenic noch sehr viel länger eine unverheiratete erwachsene Tochter im Haus duldete. Bruna würde sich für den Turm entscheiden müssen, wie es Allira in ihrem Alter getan hatte. Was gab es denn sonst …?
Eine Tür knallte zu und riss Allira aus ihren Gedanken. Sie warf die Decke beiseite, glättete ihr zerknittertes Kleid und ging aus der Halle in den Eingangsflur, um nachzusehen.
»… alle Männer, die du erreichen kannst! Beeile dich!« Damit schlug Cathal dem anderen Gardisten auf die Schulter. Der Mann, der mit dem Rücken zu Allira stand, nickte und eilte davon.
»Was ist los?«, fragte Allira ruhig.
»Männer kommen von den Höhen herunter, Lady Alton.« Cathal sprach rasch. »Ich habe Lorenze gesagt, er solle die Dienerschaft wecken und die Männer zusammenholen. Die Frauen und Kinder müssen an einen sicheren Ort gebracht werden.«
»Räuber?«
»Ich weiß es nicht, Lady, aber Vorsicht ist immer gut. Sie ziehen nicht die Straße entlang, und sie geben sich Mühe, nicht gesehen zu werden, wenn sie sich dabei auch ungeschickt anstellen.«
»Wir haben einen Keller mit einem starken Schloss auf der Innenseite«, schlug Allira vor. »Es geht neben der Küche hinunter. Ich hole die Kinder.«
Ohne auf eine Zustimmung zu warten, lief Allira nach oben, riss die erste Tür auf, trat ans Bett der Kinderfrau und rüttelte sie wach.
»Charlena, wecke alle Kinder und bringe sie nach unten in den Kräuterraum - auf der Stelle. Männer kommen in diese Richtung. Ich hole das Baby.«
Charlena sah sie mit großen Augen an, dann nickte sie, stieg aus dem Bett und zog sich einen Morgenrock über.
Die Tür zu ihrem eigenen Zimmer flog gegen die Wand und weckte Linnea auf. Sie war da, wo Allira sie zurückgelassen hatte, in dem Bettchen neben ihrem Bett. Von dem Lärm erschreckt, brüllte Linnea, bis Allira sie hochnahm. Wie üblich am Morgen war sie nass. Allira schlang ein Öltuch um sie und setzte sie auf das Bett. Sie griff nach ihrer Jacke und ihrer Hose aus festem Leder. Die Hose zog sie unter den Röcken an und band sie zu, die Jacke kam über das Kleid. Dann nahm sie ihr Schwert aus dem Schrank und gürtete sich damit. Linnea sah ihr versonnen zu und lutschte dabei am Daumen. Nur gut, dass sie entwöhnt ist, dachte Allira. Sie nahm Linnea mitsamt dem Öltuch auf den Arm, raffte eine Hand voll Windeln an sich und lief auf den Flur.
»Hier, Charlena, nimm das Baby.« Sie übergab ihr Linnea und die Windeln und stieg als Erste in den Keller hinunter, gefolgt von einer Schar verschlafenen Jungvolks.
»Mami, wohin gehen wir?«
»Warum trägst du dein Schwert, Mutter?«
Allira ignorierte die Fragen und strebte weiter dem Keller zu. Bruna tauchte auf, angezogen wie zur Fechtübung. Ihr Blick begegnete dem ihrer Mutter, und sie nickte.
Vor der Kellertür versammelten sich bereits die Diener mit ihren Familien. Allira entdeckte den alten Haushofmeister unter ihnen.
»Eduin?«
Der Mann trat vor und strich sich mit seiner knorrigen Hand ein verirrtes Haar aus dem Gesicht. »Ja, meine Lady?«
»Sorge dafür, dass alle in den Keller gehen. Schließe dann die Tür von innen ab und komme nicht eher wieder heraus, bis jemand die Nachricht bringt, dass keine Gefahr mehr besteht.«
»Kommt Ihr nicht mit, meine Lady?«
»Nein.« Bevor Allira ein weiteres Wort hinzusetzen konnte, drängten sich Kindra und einige der anderen Kinder an sie und klammerten sich an ihre Röcke, so dass sie beinahe das Gleichgewicht
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