Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
übernachten.
Teufls Hoffnungen, dass der
Regen bald schon aufhören möge, schwinden dahin. Im Gegenteil! Der Regenguss
wird noch heftiger, so dass er zum nahen Waldrand flüchtet, wo er unter den
Bäumen Schutz sucht.
Als die Hagazussa dann endlich
anrückt, unter einer Plastikregenhaut, in der Hand einen Korb mit Kräutern und
auch einigen Pilzen, da ist der Teufl schon bis auf die Haut durchnässt.
Zitternd geht er Miriam entgegen.
„Mein Gott“, sagt sie, „wie
sehen Sie denn aus! Kommen Sie rein.“
Miriam öffnet die Wagentür.
„Hier haben Sie eine Decke!“
Der Teufl entkleidet sich bis
auf Hemd und Hose. Dann wickelt er sich bebend in die Decke ein.
„Wenn Sie wollen, bringe ich
Sie dann mit dem Auto zurück zum Pfarrhaus, sagt Miriam. Wollten Sie zu mir?
Die Sache mit den Mädchen tut mir übrigens wirklich sehr, sehr leid. Ich habe
zwei Nächte kein Auge zugetan deswegen. Ich mache mir Vorwürfe, aber ich habe
wirklich keine Schuld. Die Kräuter hatte ich versteckt und weggesperrt. Und es
ist nicht illegal, sie zu besitzen. Wie das Kind sie so schnell hat finden
können, ist mir noch immer ein Rätsel. Euer Dorfpolizist, wie heißt er doch
schnell, der Karner Alois, hat mir gesagt, dass es zu einer Verhandlung kommen
wird und ich mich angeblich noch wundern würde.“
Der junge Pfarrer nickt
zitternd mit dem Kopf. Das Wasser tropft von seiner Nase hinab.
„Darüber will ich ja mit ihnen
reden! Ich muss Sie warnen. Mir ist aus sehr sicherer Quelle zu Ohren gekommen,
dass man einen Anschlag gegen Sie plant! Er soll heute Nacht stattfinden.“
„Was!“, lacht die Hagazussa
schallend auf. „Wer will auf mich einen Anschlag verüben? Was bin ich denn,
dass man mir an den Kragen will? Ein amerikanischer Präsident? Einen Moment“,
sagt sie dann und klickt auf ihr Mobiltelefon, das angeschlagen hat. „Hallo Sonja.
Bitte sei so lieb und ruf doch später noch einmal an, ich bin gerade sehr
beschäftigt!“
Der Teufl schließt derweilen
die Augen. Natürlich hat er damit gerechnet, dass sich die Hagazussa aufregen
wird. Doch er muss auch an das Beichtgeheimnis denken.
„Glauben Sie mir, ich darf
Ihnen nicht sagen, um wen es sich handelt, besser noch, ich weiß es gar nicht
genau, - oder nur zum Teil“, setzt er zögernd hintan. „Meine Informationen
kommen aus dem Beichtstuhl, und ich darf Ihnen nicht mehr dazu sagen. Das bisher
Gesagte ist eigentlich schon zu viel. Sie müssen so bald wie möglich von hier
verschwinden, am allerbesten sofort. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sonst
noch heute Nacht das nächste Unglück in Dirnitz passiert.“
„Gar nichts werde ich!“
Die Miriam wirft zornig ihr
Handy auf die Couch. Lila pfeift verunsichert durch die Nasenlöcher und
verzieht sich auf ihren Platz.
„Wie komme ich dazu, mich nach
ein paar abergläubischen und offensichtlich dummen Hinterwäldlern zu richten,
die sich vor einer Frau fürchten, weil sie ein bisschen mit Heilkräutern
umgehen kann! Ich bin ein freier Mensch, wissen Sie, und ich bin gewohnt, nach
dieser Prämisse mein Leben zu führen.“
„Ich verstehe Sie wirklich,
Frau Miriam, glauben Sie mir. Es ist nur so, dass ich meine, es sei schon genug
Unglück hier geschehen. Es wäre unendlich schade, wenn jetzt auch noch Ihnen
etwas“, - der Teufl schluckt - „zustoßen würde.“
Er schaut zu Boden und weicht
ihren Blicken aus.
Eine Weile lang ist es
vollkommen still im Zigeunerwagen. Nur das Trommeln des Regens am Dach ist zu
hören. Teufl sucht nach neuen Worten, um diese peinliche Situation zu beenden,
doch je mehr er nachdenkt, umso blockierter fühlt er sich. Endlich seufzt die
Miriam hörbar.
„Verstehen Sie mich nicht
falsch, lieber Herr Pfarrer, aber wie heißen Sie eigentlich mit ihrem
Vornamen?“
Der Teufl schaut sie fragend
an. Dann reißt er sich mit einem inneren Ruck aus seiner Blockade.
„Christian“, sagt er.
„Ein schöner Name für einen
christlichen Geistlichen. Darf ich Christian zu Ihnen sagen? Denn wissen Sie,
ich bin keine Christin, sondern, nach christlichen Maßstäben, eine Heidin. Für
mich sind Sie ebenso wenig ein Priester, wie ich für Sie eine Priesterin bin,
obwohl wir beide von unseren Glaubensgemeinschaften geweiht wurden. Ich bin
Wicca-Hohepriesterin. Doch das soll für uns nicht von Bedeutung sein.“
Der Pfarrer nickt.
„Ich verstehe, was Sie - was du
meinst. Und du darfst natürlich Christian zu mir sagen. Auch einige Frauen in
unserer Gemeinde sprechen mich mit
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