Die Frequenz: Thriller (German Edition)
sich reißen, erinnern Sie sich?«
Während der nächsten halben Stunde erklärte Wilson, so viel er konnte. Er würde einiges entschlüsseln müssen, und dabei wäre Author genau die richtige Hilfe – er war gewitzt, und Wilson wusste, dass er ihm trauen konnte.
»Sie haben gesagt, es gab einen zweiten Zeitreisenden«, sagte der Professor. »Wer war es?«
»Das ist eines der Dinge, die wir herausfinden müssen.«
»Sie wissen es nicht?«
»Nicht genau.«
»Aber Sie sind sicher, dass dieser Barton umgebracht wurde.«
»Ganz sicher.«
»Nur aus Neugier: Wie wollen Sie dahinterkommen, wer es getan hat?«
»Indem ich ihn zwinge, sich zu verraten«, sagte Wilson. »Bartons Mörder kann nicht wissen, wie viele Informationen ich habe.«
»Ich wünschte, wir hätten ein paar Zigaretten«, sagte Author gedankenverloren. »Sie wissen, welche … die tödlichen. Die sind viel befriedigender.« Ein paar Minuten verstrichen. »Es ist seltsam, aber irgendwie erinnert diese Unterhaltung mich an den Abend, an dem wir Ihre Schicksalsmünze geworfen haben. Wissen Sie noch?«
»Oh ja.«
»War die Omega-Programmierung nützlich?«
»Professor, Sie müssen den Jesaja-Text für mich entschlüsseln«, sagte Wilson. »Das ist absolut entscheidend. Wir müssen herausfinden, warum jemand verhindern wollte, dass alle drei Portale geöffnet werden. Das ist der Schlüssel zu dem Ganzen. Wir können später noch über die Omega-Programmierung reden. Abgemacht?«
Der Professor beugte sich dicht heran. »Was für ein tolles Abenteuer Sie hinter sich haben.« Er rieb sich über sein dick-liches Gesicht, als wollte er seine Begeisterung bändigen. »Zeitreisen sind also möglich! Phantastisch!« Er grinste schief. »Ich weiß, dass Sie die Wahrheit sagen, Wilson … Sie könnten sich niemals eine so unterhaltsame Geschichte ausdenken.«
»Können Sie den Jesaja-Text entschlüsseln?«, fragte Wilson drängend.
»Wenn dieser Barton den Algorithmus anwenden kann, kann ich es auch. Kein Problem.«
Doch der Professor irrte sich gewaltig.
49.
Kalifornien, Amerikanischer Kontinent
Mount Whitney, Sierra Nevada
27. Juni 2081
Ortszeit: 16.35 Uhr
35 Tage nach dem Transporttest
Wilson zündete ein Streichholz an und hielt es an die Zigarette. Der Wind kam von hinten und wehte eine beständige Rauchfahne in die Gebirgslandschaft, die sich in der Ferne verlor. Wilson war nicht allein – ein zehn Mann starkes Sicherheitsteam in dunkelblauen Uniformen war rings um ihn und den Hubschrauber ausgeschwärmt.
Oben auf dem Gipfel des Mount Whitney konnte er nicht anders, als philosophisch zu werden. Barton hatte gesagt, dass hier alles gleich bleiben werde. Das kam ihm jetzt umso inhaltsschwerer vor, als Barton tot war und nur die Erinnerung an ihn an diesem wunderbaren Ort geblieben war. Wilson betrachtete den hohen grünen Wald und den langsam dahinströmenden Fluss, der sich im Tal ein Bett gegraben hatte. Eine weiße Wolkenbank zog sich über seinem Kopf zusammen.
In dem Moment drängte sich das Bild von Helena in seine Gedanken. Er hatte versucht, nicht so oft in Erinnerungen an sie zu schwelgen, doch nun schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Sie fehlte ihm. Es tat einfach gut, an sie zu denken. Er fragte sich, wie ihr Leben wohl weiterging. Er korrigierte sich: weitergegangen war. Wenn sie noch am Leben wäre, dann wäre sie jetzt sehr alt. Er fragte sich, ob sie Kinder bekommen und geheiratet hatte und ob sie glücklich geworden war. Er brauchte seine ganze Entschlusskraft, nicht in den Archiven zu graben und ihre Geschichte ans Licht zu befördern. In einer Hinsicht wollte er nicht wissen, was aus ihr geworden war. So lebte sie in seinem Gedächtnis weiter als schöne, bewundernswerte junge Frau, mit der es ihm vergönnt gewesen war, auf seiner Reise durch die Vergangenheit zusammen zu sein.
Hoch oben über den Bergen legte sich ein Adler schräg in den Wind. Wilson musste daran denken, was Barton gesagt hatte: Es hat keinen Zweck, Sie auf solch ein Unternehmen vorzubereiten, wenn Sie nicht die richtige Einstellung haben. Dann nützt das ganze Training überhaupt nichts. Sie müssen zu jeder Zeit positiv denken. Sie müssen sich auf den Augenblick richten.
Wilson inhalierte einen weiteren Zug und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Er würde sein Bestes geben müssen, wollte er das Rätsel um Bartons Tod lösen. Er nickte. Positiv denken, sich auf den Augenblick richten.
Wilson hatte einen Plan, der aber keineswegs narrensicher
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