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Die Frequenzen

Die Frequenzen

Titel: Die Frequenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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gespreizten Beinen und betrachtete sich.
    – Du liebe Zeit, sagte sie. Du liebe Zeit.
    – Tut es weh?
    – Tut es weh, tut es weh. Natürlich tut es weh! Ich blute …
    Sie murmelte ein paar unverständliche Flüche.
    – Tut mir leid, sagte ich. Aber so ist das wahrscheinlich am Anfang.
    – Oh, da kennt sich aber jemand genau aus!, rief sie, stand auf und stapfte nackt aus dem Zimmer.
    Ich hörte die Badezimmertür knallen und das Plätschern von Wasser. Dann eine andere Stimme, Lydias Stimme antwortete, es war ihre Mutter – sie klopfte an die Badezimmertür. Wieder gedämpfte Stimmen. Ein tiefes Kichern. Entsetzt sprang ich aus dem Bett und suchte meine Kleider zusammen.
    Ich band mir gerade meine Armbanduhr um, als die Tür aufging.

    – Du hast es getan? Ehrlich? Na, dann Glückwunsch.
    Obwohl er verschwörerisch lächelte und der Mittelpunkt unserer kleinen Verabschiedungsfeier war, schien Walter angewidert.
    – Vielen Dank, sagte ich.
    – Sag mal, Walter, für wie lange gehst du nach Paris?, fragte Markus, ein Schulkollege, der im Nebenhaus wohnte.
    – Ein Jahr. Vielleicht auch weniger.
    – Und, was willst du da?
    – Weiß auch nicht, sagte Walter. Mein Vater findet, eine Sprache mehr kann mir nicht schaden.
    – Scheiße.
    – Ja, du sagst es.
    – Auf Paris.
    Ich erhob meine Flasche.
    – Und, fragte Markus, verrätst du uns jetzt, was in der Tasche ist? Wenn es irgendwelche Drogen sind, die kannst du dir gleich –
    – Nein, keine Drogen, sagte Walter. Aber gut, wenn dir die Neugier bereits den Arsch hinaufkriecht. Voilà!
    – Toll, du sprichst ja jetzt schon Französisch.
    – Faszinierend, nicht?, sagte Walter missmutig.
    Er machte den Reißverschluss seiner Sporttasche auf.
    – Feuerwerksraketen?
    – Raketen!
    Markus war begeistert. Er griff sofort in die Tasche und nahm ein Büschel davon heraus.
    – Wo hast du die denn her?, fragte ich.
    – Überbleibsel, sagte Walter. Ich hab mir gedacht, zur Feier des Tages. Wenn ich schon weg muss, kann ich wenigstens noch die Stadt anzünden.
    – Macht Sinn, sagte ich und trank meine Flasche in einem Zug leer. Hier!
    Ich stellte die leere Flasche auf den Boden des Balkons.
    – Ich weiß, wohin wir die Raketen schießen können, sagte Markus. Zu den Türken da drüben. Der älteste von den Brüdern hat mich früher immer verdroschen.
    – Spinnst du jetzt völlig?
    – Warum denn nicht? Merkt doch keiner, woher die Rakete gekommen ist.
    – So ein Schwachsinn. Außerdem war das keiner von den Türken.
    – Das weiß ich doch wohl am besten, sagte Markus und steckte eine Rakete in die Flasche.
    – Aber ich kenn die, das sind keine Schläger. Meine Mutter war bei denen schon einmal eingeladen.
    – Ja, aus Angst tut man vieles.
    – Was? Was soll das wieder heißen? Fick dich doch.
    – Fick dich selber.
    – Mach ich, versprochen, sagte ich. Aber nur, wenn du mir hilfst.
    Walter sah uns beide erstaunt an.
    – Ja, sagte ich, die steck ich mir dann einfach in mein Schwanzloch, und wenn ich losspritzen muss, dann brenn ich die Zündschnur ab, ganz einfach …
    Walter schien sich zu amüsieren, aber er war rot geworden und atmete beim Lachen lauter als sonst.
    – Hast du übrigens schon einmal … ich meine … während was in dem Loch drin ist?
    – Ich steck mir doch nichts in den Arsch, sagte Markus.
    – Nein, schaltete sich Walter ein, er meint etwas anderes, aber das ist dir wahrscheinlich zu hoch, er meint … eher was
Wissenschaftliches
. Etwas, von dem nur echte Männer was verstehen.
    – Ach, lasst mich doch in Ruhe. Lasst es euch doch von den Türken besorgen!
    – Faschist.
    – Was?
    – Fa-schissst! Das bedeutet: Scheißt sich in die Hose.
    – Fick dich doch.
    – Mach ich, mach ich, Marky Mark. Nazisau.
    – Fuck you! Jetzt halt endlich die Schnauze! Ihr mit eurer Scheißarschlochwissenschaft.
    – Siehst du, sagte Walter, wie ich dir gesagt habe: Es ist ihm zu hoch.
    – Nein, wandte ich ein, ich glaub schon, dass er es verstehen würde, aber er schämt sich einfach noch ein bisschen.
    – Ja, das ist es, sagte Walter, er ist
un
reif!
    Markus nahm ein Streichholz aus der Schachtel.
    – Ja, sagte ich, sieht ja sogar ein Blinder. Warte, ich erklär’s ihm … Das Schwanzloch, das ist die Öffnung, wo deine Pisse rauskommt, nichts anderes, das ist es.
    – Erzähl mir doch, was nicht schon in deinem Tagebuch steht!, sagte Markus und zündete das Streichholz an.
    – Nein, da muss ich dich korrigieren: Du hast bei dem

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