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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Glücksverheißungen. Es schien ihm, als entdeckte er sie plötzlich, er erkannte das magere Mädchen von einst nicht wieder. War es möglich, daß die langen Pensionatsjahre dieses so verwirrende junge Mädchen aus ihr gemacht hatten, das in seiner Jungfräulichkeit so vom Manne erfüllt war und auf dem Grunde seiner klaren Augen die Lüge seiner Erziehung trug? Und er faßte nach und nach eine absonderliche Neigung zu ihr, eine abwegige Leidenschaft, in der seine einstige Kinderfreundschaft sich in eine raffinierte Sinnlichkeit verwandelte.
    Als Pauline das Zimmer ihres Onkels verlassen konnte und Lazare wieder zu begleiten begann, spürte sie sogleich zwischen diesem und Louise ein neues Verhalten, Blicke, Lachen, woran sie nicht teilhatte. Sie wollte sich erklären lassen, was die beiden so erheiterte, und vermochte kaum darüber zu lachen. An den ersten Tagen blieb sie mütterlich und behandelte sie wie junge Narren, die ein Nichts belustigt. Bald aber wurde sie traurig, jeder Spaziergang schien für sie eine Anstrengung zu sein. Es entschlüpfte ihr jedoch keine Klage; sie sprach von anhaltenden Migränen; wenn Lazare ihr dann riet, nicht auszugehen, wurde sie ärgerlich, wich selbst im Hause nicht mehr von seiner Seite. Als er eines Nachts gegen zwei Uhr noch nicht zu Bett gegangen war, weil er erst einen Plan fertigstellen wollte, öffnete er seine Tür, denn er hatte zu seiner Verwunderung Schritte gehört; sein Erstaunen wuchs, als er sah, wie sie sich, nur im Unterrock und ohne Licht, über das Geländer beugte und auf die Geräusche aus den Zimmern unten horchte. Sie erzählte, sie habe geglaubt, Klagelaute zu vernehmen. Doch diese Lüge trieb ihr das Blut in die Wangen, er wurde ebenfalls rot, weil er plötzlich an ihren Worten zweifelte. Seitdem herrschte, ohne daß sie sich weiter darüber ausgesprochen hätten, Verstimmung zwischen ihnen. Er wandte den Kopf ab, fand sie lächerlich, daß sie wegen Kindereien derart schmollte, während sie immer finsterer wurde, ihn nicht eine Minute mit Louise allein ließ, die geringsten Gebärden der beiden beobachtete und am Abend in ihrem Zimmer Todesqualen litt, wenn sie gesehen hatte, daß sie bei der Rückkehr vom Strand leise miteinander sprachen.
    Mit den Arbeiten ging es vorwärts. Ein Trupp Zimmerleute nagelte starke Bohlen auf eine Reihe von Pfählen und vollendete eine erste Buhne. Es war im übrigen ein bloßer Versuch, sie beeilten sich in Erwartung einer Hochflut; wenn die Holzbalken widerstanden, würde man das Schutzsystem vervollständigen. Das Wetter war zu allem Unglück abscheulich. Regengüsse gingen ohne Unterlaß nieder, ganz Bonneville wurde pitschnaß, nur weil man sehen wollte, wie die Pfähle mit Hilfe einer Ramme in den Boden getrieben wurden. Am Morgen des Tages endlich, an dem man die Hochflut erwartete, verdüsterte ein tintenschwarzer Himmel das Meer; von acht Uhr an ging der Regen mit doppelter Gewalt nieder und ertränkte den Horizont in eisigem Nebel. Das war ein Jammer, denn man hatte sich vorgenommen, mit der ganzen Familie hinzugehen und dem Sieg der Bohlen und Balken unter dem Ansturm der Wasserfluten beizuwohnen.
    Frau Chanteau beschloß, bei ihrem noch sehr leidenden Gatten zu bleiben. Und man gab sich die größte Mühe, Pauline zurückzuhalten, die seit einer Woche einen entzündeten Hals hatte: Sie war etwas heiser, jeden Abend bekam sie einen leichten Fieberanfall. Doch sie wies alle Ratschläge zur Vorsicht zurück, sie wollte an den Strand gehen, weil Lazare und Louise auch hingingen. Diese Louise mit ihrem so zerbrechlichen Gehabe, die stets der Ohnmacht nahe war, verfügte im Grunde über eine erstaunliche Nervenkraft, wenn ein Vergnügen sie aufrecht hielt.
    Alle drei brachen also nach dem Frühstück auf. Ein Windstoß hatte gerade die Wolken fortgefegt, triumphierendes Lachen begrüßte diese unerwartete Freude. Am Himmel waren so ausgedehnte blaue, noch von einigen schwarzen Fetzen durchzogene Flächen, daß die jungen Mädchen darauf bestanden, nur ihre Sonnenschirme mitzunehmen. Lazare allein nahm einen Regenschirm. Im übrigen bürgte er für ihre Gesundheit, er würde sie schon irgendwo unterstellen, wenn die Regengüsse von neuem einsetzten.
    Pauline und Louise gingen voraus. Doch gleich an dem steilen Hang, der nach Bonneville hinunterführte, schien Louise auf der aufgeweichten Erde fehlzutreten, und Lazare eilte zu ihr und bot ihr an, sie zu stützen, Pauline mußte ihnen folgen. Ihre anfängliche

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