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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zuweilen entstehende Stille, lief er barfuß zum Treppenabsatz, um sich über das Geländer zu beugen. Pauline und Véronique, die gemeinsam unten wachten, ließen die Tür offen, um das Zimmer zu lüften. Und er erblickte das bleiche Viereck schlummernden Lichts, das die Nachtlampe auf den Boden warf, und vernahm den lauten Atem wieder, der in der Dunkelheit an Umfang und Stärke noch zunahm. Auch er ließ, wenn er wieder hineinging, um sich hinzulegen, seine Tür offen, denn er hatte das Bedürfnis, dieses Röcheln zu hören, es war eine Zwangsvorstellung, die ihn bis in den Halbschlaf hinein verfolgte, in den er schließlich beim Morgengrauen glitt. Wie zur Zeit der Krankheit seiner Cousine war sein Entsetzen vor dem Tode verschwunden. Seine Mutter würde sterben, alles würde sterben, er ergab sich diesem Zusammenbruch des Lebens ohne ein anderes Gefühl als die Erbitterung über seine Ohnmacht, daran etwas zu ändern.
    Am folgenden Tag begann Frau Chanteaus Todeskampf, ein geschwätziger Todeskampf, der vierundzwanzig Stunden dauerte. Sie hatte sich beruhigt, das Entsetzen vor dem Gift peinigte sie nicht mehr; und unaufhörlich sprach sie mit klarer Stimme in raschen Sätzen vor sich hin, ohne den Kopf vom Kissen zu heben. Das war keine Plauderei, sie wandte sich an niemand, es schien nur, als beeile sich ihr Hirn bei der Zerrüttung der Maschine, wie eine ablaufende Uhr zu arbeiten, und als sei diese Flut von hastigen kleinen Worten das letzte Ticktack ihres Verstandes am Ende der Kette. Ihre ganze Vergangenheit zog vorüber, es kam nicht ein Wort über die Gegenwart, über ihren Gatten, ihren Sohn, ihre Nichte, über dieses Haus in Bonneville, in dem ihr Ehrgeiz zehn Jahre lang gelitten hatte. Sie war noch Mademoiselle de la Vignière, die in den vornehmen Familien von Caen Stunden gab; sie sprach in vertrauter Weise Namen aus, die weder Pauline noch Véronique jemals gehört hatten; sie erzählte lange, zusammenhanglose, von eingeschobenen Sätzen unterbrochene Geschichten, deren Einzelheiten selbst dem Hausmädchen entgingen, das doch in ihren Diensten alt geworden war. Wie jene Kästchen, denen man die vergilbten Briefe von einst entnimmt, so schien sie ihren Kopf von den Erinnerungen an ihre Jugend zu befreien, bevor sie starb. Pauline empfand trotz ihres Mutes einen Schauder davor, verwirrt angesichts dieses Unbekannten, dieser unfreiwilligen Beichte, die wieder an die Oberfläche kam, während der Tod schon sein Werk tat. Und jetzt war das Haus nicht mehr von ihrem Atem, sondern von diesem erschreckenden Geschwätz erfüllt. Wenn Lazare an der Tür vorüberging, fing er Sätze davon auf. Er drehte und wendete sie, fand keinen Sinn darin, entsetzte sich darüber wie über eine unbekannte Geschichte, die seine Mutter schon vom Jenseits her, inmitten unsichtbarer Leute erzählte.
    Als Doktor Cazenove kam, fand er Chanteau und Abbé Horteur im Eßzimmer beim Damespiel. Man hätte glauben können, sie hätten sich von dort nicht fortgerührt und setzten ihre Partie vom vergangenen Abend fort. Neben ihnen auf ihrem Hinterteil sitzend, schien Minouche völlig ins Studium des Damebretts vertieft. Der Pfarrer war am frühen Morgen gekommen, seinen Posten als Tröster wieder einzunehmen. Pauline hatte jetzt nichts mehr dagegen, daß er hinaufging, und als der Arzt seinen Besuch machte, ließ er sein Spiel im Stich und begleitete ihn zu der Kranken, kam zu ihr als Freund, der sich nur nach ihrem Befinden erkundigen wollte. Frau Chanteau erkannte sie noch, sie wollte, daß man sie aufrecht gegen die Kissen lehnte, und empfing sie als schöne Frau aus Caen, die Gäste willkommen heißt, in einem lichten, lächelnden Fieberwahn. Der gute Doktor müsse mit ihr zufrieden sein, nicht wahr? Sie werde bald aufstehen, und sie fragte den Abbé höflich nach seiner Gesundheit. Dieser, der in der Absicht heraufgekommen war, seine priesterliche Pflicht zu erfüllen, wagte nicht den Mund aufzutun, betroffen von diesem geschwätzigen Todeskampf. Außerdem war Pauline zugegen, die ihn daran gehindert hätte, gewisse Themen anzuschneiden. Sie selber hatte die Kraft, eine vertrauensvolle Heiterkeit vorzutäuschen. Als die beiden Männer sich zurückzogen, begleitete sie sie zum Treppenabsatz, wo der Arzt ihr mit leiser Stimme Anweisungen für die letzten Augenblicke gab. Die Worte »rascher Verfall« und »Phenol« wurden wiederholt ausgesprochen, während aus dem Zimmer immer noch das verworrene Gemurmel, der unerschöpfliche

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