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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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so rar machten, schien sich Laura zu einer wohlerzogenen, intelligenten kleinen Person zu entwickeln. Sie malte sehr gern mit Fingerfarben – na ja, das mögen alle Kinder –, aber Iris behandelte Lauras Fingerbilder, als seien das echte Meisterwerke, ließ sie hübsch rahmen und hängte sie über dem Kaminsims auf.Derart herausgeputzt sahen die Bilder wirklich auch aus wie moderne Kunst. Elaine kriegte sich gar nicht ein, und so ging es uns allen.
    »Es überrascht mich nicht, dass sie uns die Schuld geben«, sagte Joe und stellte den Salzstreuer, mit dem er gespielt hatte, wieder hin. »Wenn es nicht meine Tochter gewesen wäre, würde ich den Eltern auch die Schuld geben.«
    »Würdest du nicht …«
    »Ich meine, ich will , dass man uns die Schuld gibt. Ich will, dass es meine Schuld ist – und nicht ihre. Wir waren das, wir waren beschissene Eltern, wir haben es nicht anders verdient.«
    »Ihr seid wunderbare Eltern gewesen, Joe«, sagte ich. Was würde Elaine sagen? Ich versuchte mich in meine Frau hineinzuversetzen. »Ihr seid allen vier Kindern wunderbare Eltern gewesen.«
    » Ich bin Geburtshelfer, Pete, und ich kriege nicht mit, dass meine eigene Tochter schwanger ist.«
    »Sie hat immer so sackartige Sachen angehabt – das hast du doch selbst gesagt.«
    »Ich hätte bei meinem Leben geschworen, dass sie noch Jungfrau ist.«
    »Bitte …«
    Er rieb sich die Nasenwurzel. Es war nur gut, wenn er weinte. Ich an seiner Stelle hätte vielleicht auch geweint. Alec war damals acht Jahre alt, ich versuchte mir vorzustellen, dass mein eigenes Kind, das doch mit mir unter einem Dach lebte, ein Fremder für mich sein könnte, dass mein Sohn, während ich arbeitete, damit er es warm und zu essen und etwas zum Anziehen hatte, womöglich schreckliche Geheimnisse mit sich herumtrug. Ich musste an Alecs zarte Schultern denken, an den Schopf seines seidigen braunen Haars. Musste daran denken, wie er im Schlaf redete, Satzfetzen aus Werbespots oder von Songs aus der Hitparade vor sich hinmurmelte.
    »Wir bringen sie nach Mexiko. Du hilfst uns, Pete. Du hilfst uns, sie außer Landes zu schaffen.«
    Ich nickte. »Natürlich.« Was hätte man sonst sagen sollen.
    »Wir haben ihr Antidepressiva verschreiben lassen. Iris nimmt inzwischen auch welche. Ich werde vielleicht auch noch welche nehmen. Viel zu helfen scheinen sie nicht, aber nicht der schlechteste Weg, sich mit Medikamenten da rauszuarbeiten.«
    »Glaubst du, du hast eine Depression, Joe?«
    »Ich habe keine Depression.« Er rollte seine Serviette in der Hand zusammen. »Ich bin bloß traurig.«
    Mein Omelette, rot, rosa und grün gesprenkelt, sah lumpig aus, lächerlich, gar nicht wie etwas Essbares. Ich griff nach der Gabel, stocherte darin.
    »Wenigstens begreifen die Kinder nicht, was los ist. Neal weiß schon, dass irgendetwas nicht stimmt, wir haben ihn vorsichtig befragt, um rauszukriegen, wieviel er verstanden hat. Er glaubt, dass Laura bloß krank ist, und will Gott sei Dank sonst weiter nichts wissen.«
    »Gott sei Dank.«
    »So etwas ist für die Kinder vollkommen jenseits von allem, es ist für uns vollkommen jenseits von allem, wie sollte es auch anders sein? Wie sollten sie das auch nur ansatzweise verstehen? Und wie sollten wir es ihnen erklären können?«
    »Natürlich spricht man mit einem Zweitklässler nicht darüber.«
    Er sah mich scharf an. »Kinder geraten genau deshalb in Schwierigkeiten, weil nicht mit ihnen gesprochen wird, Pete.«
    »Ja, aber …«
    »Man muss mit ihnen sprechen. Sie müssen wissen, was los ist.«
    »In der zweiten Klasse?«
    »Unterschätz deine Kinder, und sie vernichten dich. Sie vernichten dich mit etwas, womit du nie gerechnet hättest.«
    Ich fand, es war ein himmelweiter Unterschied, ob man die eigenen Kinder unterschätzte oder ihnen Angst einjagte, und Joes süße Kleine mit den lieben Gesichtchen – waren sie halt die letzten in Round Hill, die nicht wussten, was Laura getan hatte, na und. Als Pauline geboren wurde, vier Jahre war das damals her, freuten wir uns, dass es noch eine Nachzüglerin gab. Wir kämmten Alec die Haare und zogen ihm zu Paulines Taufe im Temple Beth Shalom ein Button-down-Hemd an. Wie er das Neugeborene betrachtete und wie eifersüchtig er Neal beäugte, der aufpasste, dass seiner neuen Schwester ja nichts passierte. »Wieso kriegt Neal eine?«, fragte Alec und zupfte mich am Ärmel. »Wieso kriegt Neal eine Schwester und ich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. So oft in meinem Leben

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