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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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fragte er. »Dein Junge könnte eines Tages auch mal hier drin hängen. Womöglich bist du der Vater eines dereinst berühmten Künstlers.«
    »Geb’s Gott, dass wir den Tag erleben«, sagte ich, ein Spruch, den meine Mutter gern mochte.
    »Das werden wir bestimmt«, murmelte Iris, und Joe gab ihr einen kleinen Klaps auf die Hüfte.
    »Werden wir.«
    Danach schlenderten Joe und Iris zu den Cézannes, und ich blieb regungslos vor der Zigeunerin und dem Löwen stehen und dachte ein bisschen an Laura, vor allem aber an ihre Mutter.
     
    Das Mittagessen war teuer und albern, winzige Portionen und bizarre Zusammenstellungen: Schweinebauch mit Himbeeraroma, aber das fiel nur meinem Sohn und mir auf. Laura schwärmte von der Kombination von Schlüsselaromen und brütete über der Weinkarte, und Joe und Iris, die bei dem, was sie aßen, schon immer wahnsinnig tolerant waren, probierten offenbar mit Freude alles aus. Sogar die Rote Gefahr vergaß ihre Bedenken wegen der Touristen mit dem Zwanzig-Dollar-Wocheneinkommen und gönnte sich eine Lammhaxe für fünfunddreißig. Neal erwähnte zweimal, dass er dort schon öfters gegessen hatte.
    Als die Kellnerin uns den Tisch zuwies, war Laura gerade auf der Toilette, so dass Alec ohne mein Zutun zu meiner Linken und Laura zu Joes Rechter zu sitzen kamen. Alec und ich gerieten in eine lustige Debatte darüber, ob man Kalbsnierchenfür achtzehn Dollar bestellen sollte (nicht, wenn Leberwurst für zwölf Dollar im Angebot war!), und Laura und ihr Vater frotzelten ebenfalls herum. Alle bestellten Meringues zum Nachtisch, ausgenommen die beiden, die stattdessen den Karamelleisbecher wählten. Ich sah Joe an, dass er selig war.
    Und dann war das Mittagessen vorbei. Ich reichte der Kellnerin meine Kreditkarte, ohne auch nur einen Blick auf die Rechnung zu werfen, aber Joe gab sie mir mit dem Kopfschütteln eines Patriziers wieder. Als wir zu Iris’ Parkhaus in der 55. Straße gingen, war ich erschöpft und begeistert zugleich. Ich hatte mir Kunst angesehen. Hatte ein, zwei Dinge über Rousseau erfahren (und wollte nach Apollinaire googeln, sobald ich wieder zu Hause war). Hatte beobachtet, dass mein einundzwanzig Jahre alter Sohn und seine einunddreißig Jahre alte Traumfrau miteinander umgingen wie alte Nachbarn (die sie ja auch waren), es sonst aber nichts zwischen den beiden gab, das einen argwöhnisch machen oder beunruhigen sollte.
    »Vielen Dank für das Mittagessen, Joe. Das nächste Mal bin ich dran.«
    »Ach«, sagte er mit wegwerfender Handbewegung.
    Elaine war bestimmt auch wieder da, bis wir zu Hause wären, und wir würden zusammen kochen. Ich bildete mir ein, ich hätte noch Linguine von dem Italiener in Hopwood im Kühlschrank. Die Nets spielten am Abend gegen die Cavs, vielleicht konnte man sich das Spiel en famille ansehen. Alec und ich konnten uns während der Werbepausen über Kunst unterhalten, er konnte mir das Gemälde mit den Kugeln erklären. Oder aber – und hier gingen eindeutig die Pferde mit mir durch – ich bekam, obwohl die Cavs eine Attraktion waren, noch ein paar anständige Plätze für das Spiel, wenn ich zeitig im Meadowlands aufkreuzte. Vielleicht, ein schönerTraum, aber vielleicht würde Alec sich ja doch mit seinem alten Herrn ein Spiel ansehen wollen.
    »Wir sehen uns dann heute Abend, ja?«, sagte Alec zu mir, als eine schwangere Parkhauswächterin mit Iris’ Auto vorgefahren kam. Ich riss mich vom Anblick der tonnenförmigen Gestalt los – die Frau war fast so breit wie hoch, verschwitzt, die Haut seltsam bleich, ob sie schon mal etwas von Schwangerschaftsdiabetes gehört hatte? – und sah meinen Sohn an, der ein derart breites Grinsen im Gesicht trug, als habe er gerade bei einem Radioquiz einen Preis gewonnen. Laura, die nach Marlboro roch, stand neben ihm, beide Hände in den Gesäßtaschen.
    »Was sagst du?«, fragte ich, während Iris ihre Autoschlüssel in Empfang nahm und der Parkhauswächterin einen Fünfer gab.
    »Wir bleiben noch hier«, sagte Laura. »Bloß für ein paar Stunden.« Sie lächelte und streckte ihren Rücken ein ganz klein wenig, wodurch ihr Shirt am Bauch nach oben rutschte. Ich dachte: Was bist du doch für eine durchtriebene, schreckliche Frau, und ich bereute es über alle Maßen, dass ich ihr in dem Art-déco-Raum kurz vertraut hatte.
    »Wo wollt ihr hin?«
    »Irgendwohin, keine Ahnung. Wir wollen uns noch andere Ausstellungen ansehen, oder, Alec?« Sie fuhr mit ihrer verkeimten Hand über das unbedeckte

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