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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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Shmuley?«
    Er seufzte wieder, was ich als Ja auffasste. Elaine hängte ihren Schal an den Haken neben der Tür und ging nach oben, um zu baden. Ich war bei unserem Sohn der Chefermittler.
    »Was habt ihr gemacht? Die Hausaufgaben in Trigonometrie? Oder vielleicht über Politik diskutiert? Über Kunstsponsoring?«
    Alec stand auf und schnaubte wutentbrannt. »Himmel Herrgott!« Er verließ die Küche, stapfte die Treppe hinauf in sein Zimmer. Wie war das möglich? Noch vor einem Jahr hatte derselbe Junge sich mit der Sorgfalt und Behutsamkeit einer Gemeindeschwester um seine kranke Mutter gekümmert.Er hatte die ganze Nacht Hasch geraucht (mit seinem frischen Atem machte er mir nichts vor, es schlug mir aus seinen Sachen entgegen), und mir krampfte sich der Magen zusammen, bevor mir wieder einfiel, was der Therapeut gesagt hatte: Es würde ihn nicht umbringen.
    »Alec, komm zurück.«
    »Was willst du?«
    »Colleges ansehen«, sagte ich. »Du hast dich immer noch nicht entschieden.« Es war inzwischen August vor seinem letzten Jahr, und wir hatten die erforderlichen Fahrten ins hügelige Ithaka, ins tiefgelegene Poughkeepsie und in die kalte Ecke zwischen Bowdoin und Bates noch nicht gemacht – im Unterschied zu Joe und Neal, die schon vor Monaten nach Cambridge, New Haven und Hanover gefahren waren. Ich hatte insgeheim gehofft, ich könnte Elaine ausreden mitzufahren und mit Alec allein mit dem Audi aufbrechen, Musik, die wir beide gern hörten, einpacken, ein paar Straßenkarten, Tipps für besondere Jazzklubs im Norden oder für Brauereien in Vermont oder Theater in New Hampshire besorgen. Wir konnten sogar bis nach Springfield fahren, zur Basketball-Hall of Fame, falls Alec sich für Colleges im Umkreis von Northampton erwärmte. (In meiner Phantasie war Alec jetzt natürlich sehr aufgeschlossen für den Plan.) Die Leistungen des Jungen waren nicht besser als Durchschnitt, aber ich war mir sicher, dass es eine Handvoll angesehener Colleges mit einem guten Angebot an Malkursen gab, die unseren Sohn mit Freuden aufnehmen würden. Wir hatten schließlich nicht vor, uns um finanzielle Zuschüsse zu bewerben.
    Aber Alec blockte bei meinen Plänen für Besichtigungstouren immer ab. Die kleinen Kreise in roter Tinte, mit denen ich auf meiner neugekauften Straßenkarte New England die Colleges markiert hatte, hätten ihm nicht gleichgültiger sein können. Webseiten von Universitäten wollte er sich auchnicht ansehen. Elaine sah die Sache entspannter als ich. »Er kommt schon noch auf den Trichter«, sagte sie immer. Ich kannte aber die Termine für die bevorzugte Zulassung und wusste, dass die meisten seiner Klassenkameraden die Bewerbungsaufsätze schon geschrieben hatten.
    »Ich kümmer mich schon noch drum«, sagte Alec.
    »Was ist mit dem Rutgers?«
    »Was soll damit sein?«
    »Das Bewerbungsformular ist ein Kinderspiel«, sagte ich. »Du könntest es ausfüllen, dann hast du etwas in der Hinterhand.«
    »Gut.«
    »Ist das alles?«, sagte ich. »Willst du an die Rutgers?« Die Rutgers war die State University und reichte an das, was man sich unter höherer Bildung vorstellte, ziemlich nahe heran. Sie wäre eine kostspielige Investition, die ich aber zu tätigen gewillt war: Seit dem Tag, an dem Alec in den Kindergarten ging, zahlte ich für seine Ausbildung zweitausend Dollar pro Steuerquartal auf ein Konto ein – damit er eine gute Schule besuchen konnte, die im Grünen lag und damit ich den Schulsticker an unsere Autos kleben und meinen Morgenkaffee aus einem Becher mit dem Logo der Schule trinken konnte. Es war mein Recht, das stand mir zu, wo ich all die Jahre für die Kosten der Round-Hill-Ganztagsschule aufgekommen war, die vielen Collegeberatungsabende abgesessen und mitangesehen hatte, wie meine Kollegen in ihren Stanford-Shorts und Columbia-T-Shirts Runde um Runde auf der Aschenbahn des JCC rannten.
    »Alec, ich will dich nicht nerven …«
    »Ach nein?«
    »Aber wenn du das jetzt nicht ernstnimmst, wirst du es später vielleicht bereuen.«
    »Warum kann ich mir nicht selber überlegen, was ich später bereue?«
    »Wie wär’s mit Massachusetts?«, fragte ich. »Wir könnten uns Colleges in Boston ansehen, auf dem Heimweg vielleicht einen Abstecher durch die Berkshires machen?«
    »Mir egal.«
    »Ist das ein Ja?«
    »Mann!«
    »Alec? Ist das ein Ja?«
    »Klar, prima«, sagte er in einem Ton, der mir mitteilte, dass er mir einen großen Gefallen tat. »Ich weiß aber noch nicht, wann ich Zeit hab, ich hab

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