Die Freundin meines Sohnes
einiges am Laufen, aber nicht, dass dich das interessiert.«
»Nächstes Wochenende? Warte, verdammt, ich hab nächstes Wochenende Bereitschaft. Das Wochenende danach. Was meinst du? Ich buche Hotels.«
Alec zog eine Augenbraue hoch. »Ist das dein Ernst? Du willst das an zwei Wochenenden schaffen?«
»Na klar«, sagte ich.
»Verstehe.«
»Was gibt’s denn da zu verstehen?«
»Dad«, sagte er. »Ich hab ziemlich zu tun. Du respektierst offenbar nicht, dass ich ein eigenes Leben habe.«
»Ich reservier uns Zimmer«, sagte ich, und Alec verdrehte die Augen und ging nach oben, was ich als Einverständnis wertete.
Zum Schluss hatte ich sieben Schulen herausgesucht, die wir im Verlauf von drei Tagen besuchten, und wider Erwarten fand Alec manche, nachdem wir an Ort und Stelle gewesen waren, wohl ganz annehmbar. Die teuersten Colleges gefielen ihm natürlich am besten, besonders Hampshire mit seiner laxen Einstellung zu Pflichtveranstaltungen, außerdem fanden die Kunstateliers Alecs Billigung. Der Student, der uns herumführte, war ihm ebenfalls sympathisch, in seiner Augenbraue prunkte dasselbe grässliche Piercing wie bei Alec,und er schwadronierte über seine Forschung zur vergleichenden Astrophysik. Keiner von uns beiden hatte einen Schimmer, was vergleichende Astrophysik war, aber der Junge sprach mit solcher Autorität und von oben herab, dass wir uns Fragen dazu verkniffen.
Trotz seiner eindeutigen Präferenzen machte Alec sich aber nicht die Mühe, die relativ simple Bewerbung in Hampshire am Computer auszufüllen. Das wusste ich, weil ich in seinem Computer nachsah; über mein schlechtes Gewissen half mir hinweg, dass ich mir einredete, Eltern sollten solche Dinge überwachen. Als ich Alec fragte, wie er mit seinem Aufsatz vorankam, herrschte er mich an und sagte, ich solle mal fünf Sekunden lang nicht wie ein Geier über ihm schweben. Da waren wir noch Monate von der Ecstasy-Razzia und dem Vorfall mit den Opalbroschen entfernt, und ich wollte auf die Wünsche meines Sohnes Rücksicht nehmen. Er wollte bloß in Ruhe gelassen werden, und ich ließ ihn in Ruhe: tagelang.
Aber dann bekam Neal Stern seine Zusage fürs College, und ich wusste genau, dass die Hampshire-Bewerbung samt allen anderen weiter unerledigt in Alecs Computer schlummerte und hätte beinahe einen Anfall gekriegt.
»Kommt doch heute Nachmittag mal rüber«, hatte Iris gesagt. Sie machte ihre samstägliche Joggingrunde durchs Viertel und war auf einen Kaffee hereingekommen. »Sieht so aus, als hätte es der Junge ans MIT geschafft. Joe hat eine Torte gekauft.«
»Iris, das ist ja phantastisch!«, sagte Elaine und rührte sich Haselnuss-Aromapulver in ihre Tasse. »Du bist sicher stolz.«
»Nicht halb so stolz wie Neal selber.« Sie lächelte. Natürlich war sie stolz. Wer wäre das nicht? Ich an ihrer Stelle würde mir die erste Rechnung vom MIT einrahmen und andie Wand hängen. Ich würde mir den Text des Zulassungsbescheids in Bronze prägen lassen.
»Ich kann es kaum erwarten, ihm zu gratulieren. Das MIT«, sagte Elaine, »das will was heißen.« Dennoch hatte meine Frau aufreizend wenig Verärgerung über die Lässigkeit ihres eigenen Sohns in Sachen College erkennen lassen. Elaines wegen konnte er sich ruhig im Herbst an der Bergen State einschreiben, wenn er wollte, und weiter zu Hause wohnen bleiben, sie konnte dann ein paarmal die Woche mit ihm zur Arbeit fahren und hatte ein bisschen Gesellschaft. Wenn ich anklingen ließ, dass Bergen State nicht gerade das war, was ich mir für unseren Sohn vorstellte, artete das in hässlichen Zänkereien über Elitedenken und den Arbeitsplatz meiner Frau aus, und so grummelte ich bloß in mich hinein und flehte Alec insgeheim an, doch bitte, bitte den scheiß Bewerbungsaufsatz zu schreiben. Iris ging wieder, und ich zog mich mit meinem Laptop in mein Arbeitszimmer zurück.
»Pete, was machst du gerade?«
»Nichts, ich les bloß was. Lass mich in Ruhe.«
»Willst du zu Joe und Iris rübergehen?«
»Ich brauch ein bisschen Zeit, Elaine. Ich muss ein paar Sachen fertigmachen.«
»Woran arbeitest du denn?« Was hatte sie für ein Problem?
Teil C: Beschreibung des Menschen, den ich am meisten bewundere.
Es dauerte drei Stunden, und ich musste mich ein paarmal selbst ermahnen, aber schließlich hatte ich wohl einigermaßen vernünftig in der ersten Person geschildert, warum mein eigener Vater, Alecs Großvater Hersh, ein wunderbarer und bewunderungswürdiger Mensch war, der großen
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