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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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Einfluss auf Alec ausgeübt und ein Gefühl für die Bedeutung von harter Arbeit, Pflichten gegenüber der Familie und Engagement fürdie Gemeinde, in der er lebte, in ihm eingepflanzt hatte. Ein paarmal beim telefonischen Auftragsdienst der Round-Hill-Ganztagsschule aufs Band aufgesprochen, und Alec hatte seine Empfehlungsschreiben in der Tasche. Jetzt brauchten wir bloß noch eine Zeugniskopie, ein paar knappe Antworten auf Fragen zu Auszeichnungen und sportlichen Aktivitäten und ein paar Zeilen dazu, was Alec als Hauptfächer wählen wollte und warum. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, das auszufüllen, aber es war einfacher, mich in mein Arbeitszimmer zurückzuziehen und Alecs Bewerbung zu basteln, als hinzugehen und ihn anzutreiben. Und so lange hatte das letztlich nicht gedauert. Nachmittags um vier feierte ich in der Küche der Sterns Neals Zulassung am MIT und beteiligte mich daran, eine Schokoladentorte zu vertilgen. Iris hatte den großen Kakaotopf auf dem Herd stehen. »Neal«, sagte ich und schüttelte dem triumphierenden Knaben die Hand. »Das hast du gut gemacht.«
    »Ja, hab ich«, sagte er, Schokolade auf den Lippen, MIT auf dem Sweatshirt. »Doch.« Ich fing Joes Blicks auf, aber er sah weg, trat zum Schrank und nahm noch ein paar Becher heraus. Ich setzte mich in die Frühstücksecke zu Pauline, die vierzehn war, Pickel hatte und eine riesige Zahnspange im Mund und trotzdem unendlich netter aussah als ihr älterer Bruder. Sie gab mir eine Plastikgabel für meine Torte.
    »Mein Dad ist so traurig, weil Laura nicht da ist«, sagte sie seufzend.
    »Wie bitte?«
    »Deswegen zieht er so ein Gesicht«, sagte sie. »Laura ist ja sein Liebling. Er ist geknickt, weil sie nicht da ist und mitfeiern kann.« Sie schnitt ein ordentliches Stück Torte ab. Das rote Haar fiel ihr strähnig über den Rücken. »Der Liebling«, sagte sie noch einmal.
    »Was meinst du damit?«
    »Wie in Herr der Ringe .« Ich hob die Schultern zum Zeichen dafür, dass ich keine Ahnung hatte, wovon sie sprach; sie hob sie ebenfalls. »Sein Liebling halt«, sagte sie. »Egal, was wir anderen tun, an Laura reichen wir nie heran.«
    »Kann das denn sein, Pauline?«
    »Glauben Sie, was Sie wollen«, sagte sie. »Es stimmt aber trotzdem.« Wir sahen einander einen Moment an, mir schoss durch den Kopf, wie unfair es war, dass Joe unter all diesen wunderbaren Kindern ausgerechnet die Kriminelle bevorzugte, und Pauline hatte, da war ich fast sicher, denselben Gedanken. »Ich nehm mir noch Torte«, sagte sie. »Sie auch?«
    »Klar. Danke.« Ich sah wieder zu Joe hinüber, dessen – doch, stimmte schon – nachdenklicher, etwas trauriger Blick auf seinem Sohn mit dem Schokoladengrinsen ruhte.
     
    Jedenfalls wurde Alec drei Monate später am Hampshire College angenommen. Zur Feier des Tages kam ich, ich konnte nicht anders, mit einer noch größeren Schokoladentorte nach Hause. Nach der Nacht im Gefängnis und den Broschen und so weiter waren wir so begeistert von der guten Nachricht, dass niemand Alec allzu genau nach seiner Bewerbung fragte. Er selber schien auch kein Aufhebens davon machen zu wollen, sondern nahm artig unsere Glückwünsche entgegen, so als habe ihm dieses Glück einfach zugestanden.
    Und dann, nach nur drei Semestern am … mehr ist darüber wirklich nicht zu sagen, fand ich eines Abends – Alec wohnte da schon wieder anderthalb Jahre bei uns, malte Hirsche und grämte sich wegen Laura Stern – beim Heimkommen Broschüren der New School, der New York University und der School of Visual Arts auf dem Küchentisch.
    »Elaine? Hast du die angefordert?«
    »Bitte?« Sie rührte Suppe um. »Die hab ich noch gar nicht gesehen. Die wird sich Alec besorgt haben.«
    Über den Satz, den mein Herz vor Optimismus machte, ging ich hinweg, aß meine Suppe und mein Huhn und verlor kein weiteres Wort über die Broschüren. Der Junge war nirgends aufzutreiben – die Lampen im Atelier waren aus, sein Civic war nicht da –, und bis er mir das mit der Post nicht bestätigt hatte, konnte ich eh nicht hoffen. Seit ich Augenzeuge der Küsse geworden war, die er mit Laura getauscht hatte, wusste ich immer weniger, was ich zu Alec sagen oder wie ich mit ihm sprechen sollte, und unsere Beziehung war in Gefahr, wieder an dem schrecklichen Tiefpunkt seines letzten Highschooljahrs anzukommen, dem einzigen anderen Mal in seinem Leben, als wir ganze Wochen lang nicht ein Wort wechselten. Diesmal ging ich meinem Sohn jedoch nicht aus Wut aus dem

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