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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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zurücklegen. Dadurch sind sie an ihre Männer gebunden und für alle Zeit auf andere angewiesen. Vielleicht liegt der eigentliche Sinn des Rituals ja auch in der Unterwerfung der Frauen. Ich weiß es nicht.“ Er seufzte. „Es gibt viele Sitten hier, die uns fremd erscheinen. So wie es die Chinesen sicherlich befremdet, dass wir Bärte tragen. Sie haben entweder überhaupt keinen oder nur sehr wenig Bartwuchs. Es wird ihnen auch seltsam erscheinen, dass wir uns, um Ohrringe zu tragen, die Ohren zerstechen. Und dann unser Körpergeruch, den nehmen die Chinesen wohl als besonders unangenehm wahr! Sie selbst haben kaum welchen und schwitzen auch wenig. Ich habe gehört, wie sich ein Co-Hong darüber verwunderthat, dass wir stets ,stinken wie ein Tiger nach langer Dürre‘. Und sicher finden die Chinesen noch vieles andere an uns merkwürdig. Andere Länder, andere Sitten!“
    Die Männer wurden abgelenkt, als Bewegung im Hafen aufkam und ein Rucken durch die Menge der Wartenden ging. Die Träger kamen und mit ihnen der Tee, Seide und Porzellan – alles in Kisten verpackt.
    „Es geht los“, rief Cirk und wies mit dem Finger auf die Arbeiter.
    Das Verladen der gekauften Waren war gut organisiert. Wie die Ameisen schafften die Träger die Waren direkt von den Lagerhäusern auf die Frachtschiffe. Vom Tee abgesehen, waren Seide und Porzellan die wichtigsten Exportgüter, die die Kulis auf ihren Schultern zu den Schiffen trugen.
    Obwohl zerbrechlich, waren Töpferwaren und Porzellan wasserunempfindlich, und so wurden diese Waren zuunterst im Schiffsbauch verstaut. Über dem Porzellan lagerte dann der billige Tee. Deutlich oberhalb der Bilge wurde der wertvollere Tee untergebracht, und über diesem wiederum die gewinnbringenden Seidenstoffe.
    „Wenn die Arbeiter die Schiffe weiterhin in dieser Geschwindigkeit beladen, dann kann die Reise bald beginnen“, stellte Cirk fest und machte sich zum Gehen bereit. Er streckte dem Kapitän der Maisje seine Hand entgegen. „Bis zum nächsten Ankerplatz. Wir sehen uns dann dort.“
    „Gutes Gelingen bis dahin.“ Kapitän Jacobs ergriff seine Rechte. „Und unsere Vereinbarung gilt! Sie werden einen Tag eher in Emden eintreffen als ich – das kriegen wir schon hin. Ich wünschte nur, wir wären bereits in Heimatnähe.“
    „Ja, ich kann es auch kaum noch erwarten, aber mit vereinten Kräften werden wir es schon schaffen“, ermutigte ihn Cirk.
    Darauf gestattete der Kapitän es sich für einen Augenblick, seine strenge Haltung aufzugeben, und zog den Jüngeren kurz an sich. Die Männer waren sich im Laufe der letzten Monate sehr nahegekommen.
    „Ach, Cirk, eine Frage noch.“ Kapitän Jacobs’ Ruf ließ Cirk, der schon auf sein Schiff zusteuerte, innehalten. „Wartet eigentlich in Emden ein Mädchen auf Sie?“ Neugier blitzte in den Augen des Älteren.
    Cirk wurde unvermittelt ernst. Der Kapitän bemerkte es und bereute seine Frage. Privates hatten die beiden bislang aus ihren Gesprächen ausgeklammert. Dann jedoch zuckte Cirk die Schultern und warf seinem Gegenüber einen belustigten Blick zu.
    „Ob ein Mädchen auf mich wartet? Ich hoffe es sehr!“
    Mit diesen Worten wandte er sich um und eilte mit raschen Schritten auf sein Schiff zu.
    Mit unterschiedlichen Hoffnungen und Erwartungen, aber einem gemeinsamen Plan traten die beiden Männer die lange Heimreise an. Keiner von ihnen konnte ahnen, dass das Schicksal ihr Vorhaben durchkreuzen und die Reise für einen von ihnen tragisch enden würde.
    Wie heißt es in China: „Schmiede niemals Pläne, denn wer kann wissen, wie die Lage der Dinge morgen sein wird!“
    * Anmerkung der Autorin: Hoppo = hoher kaiserlicher Beamter, der verantwortlich für den Handel mit den Europäern war. Mandarin = hoher Beamter und Würdeträger im ehemaligen chinesischen Kaiserreich

11. Heimkehr
    Borkum, Mai 1815
    Auszug aus einer Aufzählung von Heiratsgut, welches ein Hausmann aus Wrisse seiner Tochter zur Aussteuer im Jahr 1810 mitgegeben hat:
    … VIII:
    – ein runder Theetisch
    – ein Spiegel mit goldenem Rand
    – sechs Stühle
    – vier Stuhlküssens
    – ein englischzinnerner Koffjekocher
    – sechs Paar Dresdener Theezeug nebst Spulnapf
    – einen Theetopf und eine Zuckeruntertasse
    – sechs englischzinnerne Teller
    – sechs Schüssel von Steingut
    – sechs zinnerne Koppkes
    – zwey zinnerne Leuchter
    – eine Teebüchse lackiert
Am Strand
    Nebel hing über der Insel und drängte die wahrnehmbare Welt weit zurück. In einen

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